Verhandlung über Entschädigung
Von Michael Breuer
Ganz so billig wird das Land Hessen bei dem Streit um den Wert des römischen Pferdekopfes nicht davonkommen. Das ließ am Freitag, 2. 12. 2016, der Vorsitzende Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Limburg, Norbert Knapp, deutlich erkennen. Der 2009 in Waldgirmes in einem elf Meter tiefen Brunnen gefundene Rest einer lebensgroßen bronzenen Reiterstatue sei nun mal keine x-beliebige Sammeltasse, die man in irgendeinem Porzellanladen kaufen könnte, meinte der Jurist.
Vergleich sieht 500000 Euro vor
Auf die 48 000 Euro, die das Land Hessen dem Grundstücksbesitzer auf dessen Acker der Pferdekopf gefunden wurde, zuletzt als Entschädigung angeboten hatte, werden die Landesbehörden noch ordentlich was drauflegen müssen. Dieser Betrag der vom Regierungspräsidium Gießen, das für das Entschädigungsverfahren zuständig ist, ermittelt wurde, erscheint angesichts der bei Gericht „gehandelten“ Zahlen äußerst mickrig. Das Gericht hielt eine halbe Million für eher angemessen und forderte die Parteien auf Grundlage von 500 000 bis 530 000 Euro auf, einen Vergleich herbeizuführen.
Bei diesem Betrag müsste allerdings auch der Landwirt erhebliche Abstriche machen. Denn der möchte 1,8 Millionen Euro für die Hälfte des Pferdekopfes. Diese Hälfte gehört ihm nach der Gesetzeslage von 2009. Nach dem Eingang des Angebotes von 48000 Euro klagte er gegen das Land Hessen. Nach der Verhandlung vor dem Landgericht kann er allerdings optimistisch sein, dass er nicht allzu billig abgespeist wird. Dementsprechend hatte der Anwalt des klagenden Bauern, Bertold Schmidt-Thomé, das bisherige Angebot des Landes vor den zahlreichen Journalisten und Kamerateams im Landgericht auch als „unanständig“ bezeichnet. Der Landwirt verfolgte die Verhandlung als Zuschauer und äußerte sich nicht.
Es geht um den Verkehrswert des Kopfes
Dass Gericht seinerseits stellte fest, dass es „unzutreffend“ sei, lediglich einen wissenschaftlichen Wert des antiken Fundstückes zu Grunde zu legen. So werde es jedoch in den Gutachten gehalten, die das Land in Auftrag gegeben hatte. Die Gesetzeslage sehe eine solche Einschränkung nicht vor, so dass es tatsächlich um den Verkehrswert des Kopfes gehe, führte der Richter aus. Da das Stück als nationales Kulturgut kaum ins Ausland verkauft werde könne, käme jedoch nur der nationale Handelswert in Betracht, nicht der internationale, sagte der Richter.
Vor sieben Jahren hatte das hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst das antike Fundstück noch als archäologische Sensation gefeiert. Der damalige Landesarchäologe Egon Schallmayer hatte schließlich in 2011 verlauten lassen, dass der Wert des Bronzekopfes auf drei Millionen Euro geschätzt würde. Von daher wirken die 1,8 Millionen Euro, die der Landwirt für die Hälfte des Pferdekopfes gerne hätte, nicht gerade aus der Luft gegriffen. Ein von jenem in Auftrag gegebenes Gutachten des Baselers Antikenhändlers Cahn taxiert den Wert des Pferdekopfes auf 3,6 Millionen Euro. Diese Summe erscheint dem Gericht aber wiederum zu hoch, es geht davon aus, dass der Pferdekopf für 1,8 Millionen Euro verkauft werden könnte, wobei dann rund 900 000 Euro bei dem Grundstücksbesitzer ankämen.
Wortkarge Landesvertreter
Es waren auf der Seite des Landes auch schon mal 420 000 Euro als Entschädigung im Gespräch gewesen, wurden aber nach dem neuesten Gutachten dann beim Regierungspräsidium Gießen auf die besagten 48000 reduziert. Das Landgericht machte diese ursprünglich angebotenen 420 000 Euro zur Grundlage seines Vergleichsvorschlags.
Die Vertreter des Landes waren bei und nach der Gerichtsverhandlung äußerst wortkarg. Sie kommentierten die Ausführungen des Gerichts nicht.
Bis Anfang Februar haben die Kontrahenten Gelegenheit, sich zu einigen. Käme es dazu, dann würde der 14 Kilo schwere, vergoldete Bronzekopf wahrscheinlich endlich in einem Museum der Öffentlichkeit präsentiert. Kommt es nicht dazu, wird das Gericht vermutlich ein neues Wertgutachten in Auftrag geben. Der Anwalt des Klägers, der auch Kunsthistoriker ist, zeigte sich offen für Gespräche. Den vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich werde man sehr ernsthaft prüfen. „Ich kann mir aber vorstellen, dass ein neues Gutachten den Wert Pferdekopfes auf deutlich über eine Million Euro taxiert“, ergänzte Schmidt-Thomé.
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