Prof. Sascha Feuchert gewürdigt
Dr. Sascha Feuchert, Professor für Neuere deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Holocaust- und Lagerliteratur und ihre Didaktik am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen und Leiter der Arbeitsstelle Holocaustliteratur an der Justus-Liebig-Universität Gießen, erhält von der Stadt Gießen die Hedwig-Burgheim-Medaille. Damit wird sein unermüdliches Engagement gegen das Vergessen furchtbarer deutscher Geschichte gewürdigt.Zusammenarbeit mit Schulen
Die Vergabe der hohen Auszeichnung hat der Gießener Magistrat beschlossen, wie die Pressestelle der Stadt Gießen mitteilt.Die Medaille wird von der Stadt Gießen alle zwei Jahre im Gedenken an die bis heute fortwirkende Tätigkeit der jüdischen Pädagogin Hedwig Burgheim für hervorragende Verdienste um Verständigung und Verständnis zwischen den Menschen verliehen.
Professor Feuchert, der am 29. Oktober 1971 in Gießen geboren wurde, ist als Leiter der international und national renommierten Arbeitsstelle Holocaustliteratur an der Justus-Liebig-Universität Gießen für die Konzeption und die Durchführung von Forschungsvorhaben verantwortlich. Zudem koordiniert er die Zusammenarbeit mit Schulen und außerschulischen Bildungsträgern. Als Leiter der Arbeitsstelle Holocaustliteratur setzt er sich vornehmlich mit Texten der Holocaust- und Lagerliteratur wissenschaftlich und didaktisch auseinander.
Dabei bilden Texte von Überlebenden des Holocaust einen Schwerpunkt. Zentrales Anliegen der Arbeitsstelle ist es, dafür zu sorgen, dass diese Texte der Nachwelt erhalten bleiben und in Wissenschaft, Schule und Öffentlichkeit rezipiert und diskutiert werden. Zugleich werden Wege gesucht, wie die Erinnerung an den Holocaust durch einen aktiven Umgang mit der Literatur auch dann noch gesichert werden kann, wenn die Generation der Zeitzeugen nicht mehr da sein wird.
Exkursionen zu Gedenkstätten
Zu den Projekten und Tätigkeitsbereichen der Arbeitsstelle gehören neben literaturwissenschaftlichen Editions- und Forschungsprojekten – die sich auch anderen Texten zum Nationalsozialismus widmen – das zielgruppenorientierte Angebot von Lehrveranstaltungen, Workshops und Exkursionen zu Gedenkstätten. Ein wichtiges Ziel der Arbeitsstelle ist die Ausbildung künftiger Multiplikatoren*innen durch den intensiven Dialog mit Schulen sowie die gezielte Beteiligung von Lehramtsstudierenden an Seminaren und Forschungsprojekten. Mit dieser Ausbildung künftiger Lehrer*innen trägt Professor Feuchert in hohem Maße dazu bei, dass das Thema Holocaust auch künftig, wenn es keine Zeitzeugen mehr geben wird, durch die Vermittlung von Texten im Unterricht präsent bleibt.
Professor Feuchert begleitet seit den 90er Jahren Studienfahrten von Schüler*innen und Studierenden nach Auschwitz und gestaltet Gedenkstätten-Seminare mit. Ziel ist es, den jungen Menschen zu verdeutlichen, welche unheilvollen Folgen ein Menschenbild haben kann, das auf der Ungleichwertigkeit von Menschen fußt. Seit 1996 arbeitet Professor Feuchert intensiv mit der Universität Lodz zusammen und koordiniert die erfolgreiche Zusammenarbeit der Arbeitsstelle Holocaustliteratur mit der Ernst-Ludwig Chambré-Stiftung zu Lich bei der pädagogischen Arbeit mit Schulen und Gedenkstätten.
Berichte von Holocaust-Überlebenden
In der von der Arbeitsstelle Holocaustliteratur mit herausgegebenen achtbändigen Reihe „Studien und Dokumente zur Holocaust- und Lagerliteratur“ erzählen Holocaust-Überlebende zum ersten Mal auf Deutsch von ihrem Schicksal. Dem persönlichen Engagement von Professor Feuchert ist es zu verdanken, dass zahlreiche Überlebende des Holocaust zu Seminaren an der Justus-Liebig-Universität Gießen, zu Besuchen in Schulen und zu öffentlichen Veranstaltungen nach Gießen gekommen sind, um mit Zeitzeugenberichten und im Gespräch die Erinnerung an die nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen wach zu halten.
Als Vorsitzender des Literarischen Zentrums Gießen leistet Professor Feuchert einen zentralen Beitrag dazu, dass in Gießen auch verfolgte Autoren wie Can Dündar von ihren Erlebnissen berichten konnten. Als Vizepräsident und Writers-in-Prison-Beauftragter des PEN-Zentrums Deutschland von 2012 bis 2018 setzte er sich besonders für inhaftierte und politisch verfolgte Autor*innen ein. Mit diesem umfangreichen Wirken hat er sich in besonderem Maße um die Verständigung und das Verständnis zwischen den Menschen im Sinne Hedwig Burgheims engagiert.
OB Grabe-Bolz würdigt Feuchert
Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz: „Mit Professor Sascha Feuchert haben wir uns für einen herausragenden Träger der Hedwig-Burgheim-Medaille entschieden. Seine wertvolle Arbeit und sein Engagement für das Gedenken und die Erinnerung an den Holocaust sind überragend und umfassend: als Wissenschaftler, als Autor und Publizist, als Hochschullehrer, dem die Vermittlungsarbeit und Ausbildung von Studierenden am Herzen liegt, sowie als gesellschaftlich Engagierter. Ich bin glücklich darüber, dass wir ihn in die Reihe der würdevollen Medaillenträger aufnehmen können“. Professor Feuchert wurde 2006 mit der Medaille „Für Verdienste um Gesellschaft und Wissenschaft“ der Universität Lodz und 2009 mit dem Wolfgang-Mittermaier-Preis für hervorragende Leistungen in der akademischen Lehre an der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgezeichnet.
Die Verleihung der Urkunde und Medaille nimmt Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz am Freitag, 28. August 2020, 18 Uhr, im Netanya-Saal des Alten Schlosses oder in der Kongresshalle Gießen vor. Durch aktuelle Regelungen zum Schutz vor dem Corona-Virus kann sich sowohl der Ort als auch das Datum der Verleihung ändern. Oberbürgermeisterin Grabe-Bolz bittet auf entsprechende Veröffentlichungen in der Presse und auf der Homepage der Universitätsstadt Gießen zu achten.
Nachfolgend die Liste der bisherigen Preisträgerinnen und -preisträger der Hedwig-Burgheim-Medaille (Quelle: Wikipedia):
- 1981: Adam Scheurer, Pädagoge
- 1982: Abraham Bar Menachem (Alfred Gutsmuth), Jurist und Politiker
- 1983: Charlotte Petersen, Journalistin
- 1984: Martin Stöhr, Theologe
- 1985: Barbara Just-Dahlmann, Juristin
- 1986: Else Alma Olga Auguste Wilhelmine Wagner, Sekretärin
- 1987: Erich Dauzenroth, Erziehungswissenschaftler
- 1988: Eckhard von Nordheim, Theologe
- 1989: Albert Osswald, Politiker
- 1990: Dieter Trautwein, Theologe
- 1991: Monika Richarz, Historikerin
- 1992: Henry G. Brandt, Rabbiner
- 1993: Helmut Berding, Historiker
- 1994: Helmut Grün, Theologe
- 1995: Thea Altaras, Architektin
- 1996: Keine Vergabe wegen Änderungen der Vergaberichtlinien
- 1997: Günther Bernd Ginzel, Publizist
- 1999: Ignatz Bubis, Politiker und Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (verstarb kurz vor der Preisverleihung)
- 2002: Dietrich Ringleb, Mediziner
- 2004: Erwin Knauß, Historiker
- 2006: Micha Brumlik, Erziehungswissenschaftler
- 2008: Josef Stern, Bibliothekar
- 2010: Dieter Steil
- 2012: Anna Mettbach
- 2014: Manfred Mutz, Oberbürgermeister, posthum