Hans at Last
James Last ist am 9. Juni 2015 im Alter von 86 Jahren in Florida gestorben. Landbote-Autor Jörg-Peter Schmidt erinnert an den Musiker, der weit mehr als den Partysound geschaffen hat und dessen Vorname ursprünglich Hans gewesen war.
Renner auf den Partys der Eltern
Die Platten des Tanzorchesters von James Last, der nach schwerer Krankheit am 9. Juni 2015 im Alter von 86 Jahren in Florida gestorben ist, waren in den sechziger und siebziger Jahren der Renner auf den Partys, die meine Eltern besucht haben. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in unserer Clique von Jugendlichen jemand für die Musik geschwärmt hat, die das Ensemble des 1929 in Bremen geborenen Komponisten und Arrangeurs gespielt hat. Möglich, dass wir in der Tanzschule Bäulke in der Gießener Wolfstraße zu diesen Orchester-Rhythmen die Foxtrott-Schritte gelernt haben. Richtig Spaß hatten wir eher, wenn wir die „Beatles“, „Stones“, „Kinks“ oder die “Bee Gees“ hörten.
Viele Jahre später, bereits als Erwachsener, habe ich meine Meinung über James Last geändert, als ich irgendwo gelesen habe, dass von seiner Bigband die Musik zum Film „Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung“ (1967 nach dem Roman von Eric Malpass gedreht) stammt: Dies sind wunderschöne Melodien, die an den Klang des Orchesters von Martin Böttcher erinnern, ohne dessen Musik die Karl-May-Spielfilme wie „Winnetou“ nie den sensationellen Erfolg gehabt hätten (leider ist Pierre Brice in diesen Tagen ebenfalls gestorben).
Martin Böttcher und James Last haben in der Tat zusammen gejazzt, erfahre ich, als in „Deutschlandradio Kultur“ der Nachruf des Redakteurs Uwe Golz auf den weltberühmten Künstler gesendet wird: Unter seinem Ursprungsnamen Hans Last stieg er in den fünfziger Jahren als Bassist im Tanz- und Unterhaltungsorchester des Nordwestdeutschen Rundfunks ein, wo auch der Gitarrist Böttcher seinen festen Platz gefunden hatte. Hans Last, der damals als Bassist mehrmals ausgezeichnet wurde, mischte jetzt beispielsweise zusammen mit Größen wie Fatty Georg, Max Greger, Paul Kuhn und – man höre und staune – Ernst Mosch in den Clubs oder Festivals die Jazzszene auf.
Und dann gibt es noch eine heute kaum mehr bekannte Seite von James Last, der die „Traumschiff“–Melodie komponiert hat: Er war 1968 für die musikalische Leitung bei einer Aufnahme des Brecht/Weill-Klassikers „Dreigroschenoper“ zuständig. Zum Ensemble gehörten unter anderem die Schauspielerin Karin Baal, der Kabarettist Helmut Qualtinger und der Liedermacher Franz Josef Degenhardt. Auch erinnere ich mich, dass James Last, der mit der Hamburger Hip-Hop-Gruppe „Fettes Brot“ 1999 den Titel „Ruf mich an“ aufgenommen hat, unter anderem mit Xavier Naidoo und dem Jazzmusiker Til Brönner musikalisch zusammengearbeitet hat.
Da kann man nur das Fazit ziehen: Ein Künstler ist gestorben, der von vielen Kritikern zu Unrecht abschätzend in die Schublade „leichte Happy-Musik“ gesteckt wurde. Wie vielseitig das Orchester war, davon konnte man sich besonders bei den Tournee-Auftritten, die auch in die Region Mittelhessen (beispielsweise nach Wetzlar führten), überzeugen.