Windpark Winterstein

Jetzt geht es um die Rendite

Von Klaus Nissen

Ende 2027 soll der erste Windstrom von 18 Rotoren auf dem Winterstein ins Netz fließen. Das berichteten die Abgesandten des Bau-Bewerbers Abo Wind am Dienstagabend dem Planungs- und dem Hauptausschuss in Rosbach. Vor allem um Geld ging es bei ersten von vielen öffentlichen Sitzungen zum Thema. Die Fundamentalopposition gegen Windmasten auf dem Taunuskamm scheint vom Tisch zu sein. Das Titelfoto zeigt den Blick vom Winterstein in die Wetterau.

Windpark Winterstein bekommt 18 Anlagen

Vorbei ist die Zeit, da aufgebrachte Bürger und Politiker gegen „Windkraftmonster“ demonstrierten. Die auf dem 500 Meter hohen Winterstein geplanten Generatoren werden bis zur Rotorspitze 250 Meter aufragen. Kommentarlos nahmen dies die 16 Mitglieder des Rosbacher Haupt- und Finanzausschusses und des Bau- und Planungsausschusses am 13. Juni 2023 in der Reichwein-Halle zur Kenntnis. Nur der FDP-Stadtverordnete Hans-Otto Jacobi fragte skeptisch, wie viele Tonnen Beton und Stahl denn pro Anlage in den Wald geschafft würden. Doch auch er verzichtete darauf, gegen die Masten zu wettern.

Vor dem millionenschweren Vertragsabschluss geht es um Zehntelprozente und viele Details. Bürgermeister Steffen Maar (rechts) und der Abo Wind-Planungsleiter Florian Datz (links) achten genau darauf, wie der jeweils andere argumentiert. Fotos: Nissen

Mehr als 90 Minuten lang lauschten und befragten die Politiker Tea Parlov und Florian Datz – die beiden Abgesandten des Wiesbadener Windkraftbauers Abo Wind. Sie und ihre Mitbeserber von der Ovag und der Alterric werden noch öfter in der Region erscheinen: Am 4. und 6. Juli geht die Debatte in den Rosbacher Ausschüssen weiter. Am 20. Juni befassen sich die Wehrheimer Politiker in der Oberhainer Saalburghalle mit dem Windpark. Der Friedberger Magistrat empfängt kommende Woche Abgesandte der Ovag, teilt Bürgermeister Dirk Antkowiak mit. Der Hauptausschuss soll die Angebote von Abo Wind, Ovag und Alterric am 5. Juli bewerten. Das Stadtparlament entscheidet laut Antkowiak wahrscheinlich am 13. Juli, wer im Stadtwald auf dem Winterstein Masten bauen darf.

Fragen nach der Rendite und den Risiken

In Ober-Mörlen stimmen sich die Politiker mit den Vertretern Friedbergs, Rosbachs und Wehrheims ab, berichtet Bürgermeisterin Kristina Paulenz. Ihr Parlament werde keinen Pachtvertrag abschließen, da einige Masten zwar in Ober-Mörlener Gemarkung, aber auf dem Eigentum des Landesbetriebs Hessenforst entstehen.

Vor allem die Rendite und das finanzielle Risiko des Windparks interessierte am Dienstag die Rosbacher Ausschuss-Mitglieder. Wolfgang Lingenau wollte wissen, warum Abo Wind der Stadt doppelt so viel Pacht verspreche wie die Ovag. „Es ist ein Prestigeprojekt für uns an der Autobahn und vor unserer Haustür“, antwortete Florian Datz. Die Größe der Anlage könne vielleicht auch die Produktion von Wasserstoff sinnvoll machen.

Auf dem 480 Meter hohen Saukopf in Rosbacher Gemarkung wird die südlichste der 18 Windkraftanlagen des Wintersteins entstehen. Fsoto: Nissen

Wer wird Eigentümer der Anlagen? fragte ein Ausschuss-Mitglied. Die Abo-Wind will die Masten laut Florian Datz an die vergangenen Montag gegründete Zentralgenossenschaft mehrerer hessischer Energiegenossenschaften verkaufen. Ihr gehöre auch die Mittelhessische Energiegenossenschaft (MiEG) an, in der viele Wetterauer Bürger und Kommunen Mitglied sind. Die würde dann Geld für den Windpark-Bau einsammeln. Falls nicht genug Kapital zusammen kommt, könne die Abo Wind-Anteilseignerin Mainova einzelne Windmasten übernehmen. Oder andere Investoren. Abo Wind selber wirbt unter dem Logo „Nah & Grün“ festverzinsliche Nachrang-Darlehen ein. Da könne man 500 bis 10 000 Euro anlegen.

Systemkosten für einen Windmast: 13 Millionen Euro

Für den Bau des Windparks wird viel Geld gebraucht. Die Gesamtkosten taxierte Florian Dax auf 150 bis 180 Millionen Euro – 13 Millionen Euro pro Windmast. Die Höhe des Gewinns hängt vom Strompreis ab. Im Jahr 2026 können die Windpark-Erbauer an der Ausschreibung einer für 20 Jahre fixen Einspeisevergütung beteiligen. Aktuell werde 7,35 Cent je Kilowattwunde Windstrom gezahlt. Die Abo Wind rechnet für die Zukunft mit etwa 6,8 Cent.

Stürme und Dürren haben die meisten Bäume auf der Kuppe vernichtet. Ihre vertrockneten Reste sind Zunder, der nur auf einen Funken wartet. Auf der Brache blüht nun der Fingerhut. Foto: Nissen

Wie denn das Zinsrisiko in Zeiten der Inflation unter Kontrolle gehalten werden kann, wollte der Abgeordnete Christan Lamping wissen. „Ich sehe da keine grundlegenden Probleme“, antwortete der Mann von Abo Wind. Die Rendite-Erwartung der Windkraftbranche liege bei sechs bis 6,5 Prozent.

Bis zu sieben Megawatt Strom sollen jeder der 18 geplanten Rotoren auf dem Winterstein liefern. Das sind bis zu 20 Millionen Kilowattstunden pro Anlage und Jahr, heißt es im Angebot der Abo Wind. Im bundeseigenen Waldstück am Winterstein soll der Anbieter Alterric vier Anlagen bauen. Der Landesbetrieb Hessenforst beauftragte die Firma Abo Wind aus Wiesbaden mit dem Bau von fünf Masten. Die restlichen neun Anlagen wachsen vor allem im Friedberger Waldbesitz. Wo die Anlagen genau stehen werden, muss noch durch Gutachten und eine einjährige Windmessung geprüft werden.

Jahrespacht für einen Mast: Mehr als 400 000 Euro

Die Masten werden zwischen dem Kapersburg-Kastell und dem Steinkopf mit jeweils mindestens 1500 Metern Abstand gebaut. Die Stadt Rosbach verpachtet in ihrer Waldbrache am 480 Meter hohen Saukopf für 30 Jahre gut einen Hektar für den Bau einer Anlage. Abo-Wind bietet dafür jährlich 34 Prozent der Einspeisevergütung, mindestens 460 000 Euro. Dazu gibt es 0,2 Cent für jede ins Netz eingespeiste Kilowattstunde. Das könnte der Stadt Rosbach 108 000 Euro pro Jahr einbringen, rechnet Abo Wind vor. Hinzu kommt Geld aus der Gewerbesteuer.

Wer den Zuschlag für den Bau bekommt, ist noch nicht entschieden – der Magistrat empfiehlt einen Vertrag mit der Abo Wind. Bürger und Genossenschaften, die später Anteile an den Windmasten kaufen, erhalten die restlichen Gewinne. Abo Wind will die Anlagen gegen Honorar bis zum Ende der Betriebsdauer pflegen und beaufsichtigen.

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