Zum Beispiel Grävenwiesbach
Das Bündnis Windkraft Winterstein hat sich den Windpark Siegfriedeiche in Grävenwiesbach angeschaut. Der ist nach Ansicht der Windkraftfreunde ein gutes Beispiel für Windräder in Waldgebieten.Der finanzielle Nutzen für die Gemeinde war entscheidende für den Bau des Windparks, sagte Grävenwiesbachs Bürgermeister Roland Seel (CDU) bei der Besichtigung am 7. November 2021, berichtet das Bündnis Windpark Winterstein. Die Gemeinde profitiere durch Pachteinnahmen und Gewerbesteuer. Der Windpark wurde im Mai2020 in Betrieb genommen. Die Bevölkerung war von Beginn an eingebunden und konnte sich über einen „Windsparbrief“ finanziell beteiligen. Die Sparbriefe in Höhe von insgesamt 500.000 Euro waren innerhalb eines Tages vergriffen. Künftig sei denkbar, dass die Grävenwiesbacher auch Strom von den Anlagen günstiger beziehen könnten. Man werde die Welt zwar allein durch diesen Windpark nicht retten, leiste aber verantwortungsvoll einen eigenen Beitrag zur Bekämpfung der Klimaerhitzung. Alle sechs Windräder stehen auf dem Gebiet der Gemeinde Grävenwiesbach, drei auf Gemeindegebiet, drei auf Gebiet von Hessenforst. Der Bau von zwei weiteren höheren und damit leistungsstärkeren Windenergieanlagen werde erwogen. Die würden neben der Kohlendioxideinsparung auch deutlich höhere Einnahmen bringen. Seel ist zuversichtlich, dass sie realisiert werden. Er betonte mehrfach, dass er selbst sich bei der Entstehung des Windparks stets als Moderator gesehen habe, der lediglich begründete Vorschläge unterbreitete, über die aber das Gemeindeparlament entscheiden musste. „Dank seines Engagements und der offenbar gelungenen Kommunikation mit Befürwortern und auch Gegnern der Windkraft hat Grävenwiesbach heute einen deutlichen Vorsprung gegenüber anderen Kommunen“, würdigt das Bündnis Windpark Winterstein das Engagement des Grävenwiesbacher Bürgermeisters.
Schritte zum Windpark Winterstein
Wie das Bündnis Windpark Winterstein zu einem Bebauungsplan für die Windräder auf dem Wintersteinnäher kommen will, erläuterte Diethardt Stamm vom Energiebildungsverein. So sollen die bisher intern ermittelten 22 Windkraftanlagenstandorte noch in diesem Jahr mit Experten des potenziellen Investors ABO Wind besprochen werden. Dabei gehe es auch um eine evtluelle Vernetzung mit weiteren Wetterauer WKA-Vorranggebieten, großen Agri-PV-Anlagen und die Nutzung von Wasserstoff als Speichermedium. Stamm sagte: „Sonne und Wind ergänzen sich und deren gelegentlicher Überschussstrom ist dann über Wasserstoff sowohl eine Reserve zur Stromerzeugung als auch eine Nutzungsmöglichkeit für LKW und Busse in der Wetterau“. Ähnliches wird dann im Januar für eine weitere Meinungsbildung mit den Fachleuten von Energie Baden-Württemberg (EnBW) als weiterem möglichem Investor abgeklärt.
Stamm verwies auch auf eine neue Umfragestudie zur Akzeptanz der Windenergie an Land. Nach dieser halten 80 Prozent der Bevölkerung Windkraft für wichtig und 91 Prozent möchten „frühzeitig und angemessen“ über die Planungen informiert werden. 79 Prozent wollen eine Beteiligung der Kommunen und mindestens teilweise eine Umsetzung als Bürgerenergieprojekt. „Wir betrachten diese Studie für unser Bündnis genauso wie für die beteiligten Kommunen als Aufgabe für die nächsten Realisierungsphasen auf dem Winterstein“ sagte Stamm.
Windräder brauchen wenig Platz
Hans-Dieter Wagner von Querstellen-Friedberg erläuterte den Flächenbedarf von Windrädern im Wald. Er betrage dauerhaft etwa 0,5 ha (5000 Quadratmeter), der Betonsockel umfasse etwa 300 Quadratmeter, Kranstellfläche und Wege werden nur geschottert aber nicht versiegelt. Veränderungen des Wasserhaushaltes im Wald träten hierdurch nicht ein. Windkraft beanspruche im Verhältnis zu anderen Formen der Energiegewinnung, zum Beispiel im Vergleich zur Braunkohle, sehr viel weniger Fläche. Für die genutzten Waldflächen, auch wenn es Windwurfflächen sind, würde aufgeforstet.
Werner Neumann vom Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) betonte, dass für den Ausbau der Windenergie im Wald in Hessen maximal 0,1 Prozent der Waldfläche benötigt würde. Alle vorhandenen Waldwege würden hingegen 5 bis zehn Prozent des Waldes einnehmen. Zum Schutz von Vögeln und Fledermäusen sei ein mehrstufiges Verfahren erfolgt. Zunächst würden Vorranggebiete von 2 Prozent der Landesfläche, wie am Winterstein, festgelegt, wo viel Wind weht und Schwerpunkträume geschützter Arten ausgenommen worden seien. Dann erfolge die Genehmigungsplanung, bei der im Gebiet alle relevanten Arten genau untersucht würden. Falls erhebliche Beeinträchtigungen zu erwarten seien, würden – wie in Grävenwiesbach – zeitlich begrenzte Abschaltungen erfolgen. Da dies meist im Sommer erfolge, wäre der Verlust von Energie gering. Schließlich würden die Betreiber Maßnahmen zur Förderung gefährdeter Arten durchführen, die auch unter vielen anderen Einwirkungen leiden würden. So profitiere auch der Naturschutz in der Region von der Windenergie. Durch den Ersatz von Kohlestrom würde ein zentraler Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Dies diene auch dem globalen Naturschutz, da sich Pflanzen und Tiere nicht an den rasanten Klimawandel anpassen könnten.
Das Bündnis Windpark Winterstein will durch Exkursionen zu Windenergieanlagen in Waldgebieten die Diskussion um den Windpark Winterstein versachlichen. „Wir wollen die Möglichkeit bieten, die Windenergiegewinnung in Waldgebieten möglichst hautnah zu erleben und fachkundige Informationen dazu anbieten. Damit wollen wir zu einer Versachlichung der Diskussion um die Windkraft beitragen“, sagte Hans-Dieter Wagner. Zum Bündnis Windpark Winterstein haben sich 29 Organisationen zusammengeschlossen.
Die Reihe der Windpark-Begehungen soll im Frühjahr 2022 fortgesetzt werden. Eine Fahrradtour zu den drei Windrädern zwischen Ober-Wöllstadt und Bruchenbrücken ist geplant.