Auenliebe und Frääsch
Wie war das noch mal mit den „Beuringer Frääsch“? Warum hat Büdingen diese glubschäugigen Wappentiere? Die Frösche im Stadtgraben störten anno 1522 den Schlaf der neuen ysenburgischen Gräfin Elisabeth von Wied. Graf Anton verdonnerte seine Untertanen, noch in der Hochzeitsnacht alle Frösche einzusammeln und im Seemenbach zu ertränken. So erzählt es Rita Herche im neuen Lesebuch des Autorenclubs Wetterau. Wer es aufschlägt, bleibt unweigerlich drin hängen. Denn die Beiträge der elf Autorinnen und Autoren sind kurzweilig und vielseitig. Man lernt eine Menge über den eigenen Wohnort – und kann sich prima amüsieren.
Wetterau-Lesebuch
Das 280 Seien starke Taschenbuch ist nach Wetterauer Orten sortiert; viele liegen im Ostteil des Kreises. Es enthält eine Mischung aus kurzen Erklärstücken, historischen Abrissen und „Doku-Fiction“ – Kurzromanen auf der Basis lokalhistorischer Ereignisse. Petra Zeichner zum Beispiel erklärt mit einer Liebesgeschichte, wie vor 30 Jahren die Horloff-Aue zum Naturschutzgebiet wurde: die junge Bauersfrau Helga trifft damals auf den Berliner Hippie Wolfgang, der mit seinem VW-Bus im Ried auftaucht und Vögel beobachtet. Und der Krimi-Autor Michael Elsaß lässt seinen Serien-Kommissar Karl Heinz Wetz aus Echzell („Tod im Basalt“) auf dem Dachboden einen alten Koffer finden. Darin entdeckt er das in Sütterlin geschriebene Tagebuch eines jungen Mannes aus Wernings. Dessen Eintragungen erzählen die reale Geschichte der Menschen, die 1842 komplett ihr Heimatdorf Wernings bei Gedern verließen und über New Orleans in die USA auswanderten.
Wer eher lyrisch drauf ist, entdeckt im Buch „Unterwegs in der Wetterau“ das wohl schönste Gedicht über Ortenberg. Es ist eine Hymne auf den Kalten Markt: „…wann die Weiwer beim Erwache schnäll eam Owe Feuer mache, un die Menner inner fluche, ihrn ahle woame Wamst sich suche, un ess Wärrer iwwerzwerch, dann ess Mährt enn Otteberch!“
Rita Greve beschreibt auch einen Rundgang durch die Stadt, das Innere des Instrumentenmuseums von Lissberg und die Begegnung mit einem Geist in Selters. Wilhelm Edel wiederum hat die Nonnen in Engelthal besucht und berichtet über die Geschichte ihres Klosters. Wie auch über den Aufenthalt Martin Luthers vor gut 500 Jahren in der Reichsstadt Friedberg. Dabei wäre der ehemalige Bergsteiger, Gaucho und Gastronom Wilhelm Edel (Jahrgang 1926) aus Bad Nauheim selbst gut für so manche Geschichte über sein eigenes Leben.
Das von Christa Kleinschmidt illustrierte und in Friedberg gedruckte Buch ist eine Gemeinschaftsproduktion des 1999 von Petra Ihm-Fahle gegründeten Autorenclubs Wetterau. Der hat schon 2016 eine literarische Spurensuche über Bad Nauheim herausgegeben. Für das neue Buch holten sich die sechs Clubmitglieder die Verlegerin Susann Barczikowski an Bord – und fünf weitere Autorinnen und Autoren mit guten Namen. Darunter die Krimi-Schriftsteller Jule Heck und Daniel Holbe. Mehrere Sponsoren aus der Region sorgten für das Startkapital der Buchproduktion. Und Landrat Joachim Arnold lieferte bei der Präsentation im Bad Nauheimer Restaurant „Ducky’s“ den gesellschaftlich-historischen Rahmen: „Die Wetterau soll eine Marke werden“, postulierte der Chef der Kreisverwaltung. Dazu gehörten das Lebensmittel- und Restaurantlabel „Wetterauer Landgenuss“ genauso wie die diversen Regionalkrimis aus der Wetterau, der Jugendliteraturpreis der Ovag und das Wetterau-Lesebuch des Autorenclubs. Nur mit geistiger Nahrung könne man ein regionalhistorisches Bewusstsein entwickeln. Ziel sei, „dass man stolz ist auf den Ort, an dem man lebt.“
Das Buch „Unterwegs in der Wetterau – eine literarische Spurensuche“ ist ab sofort in den Buchhandlungen der Wetterau erhältlich. Es hat 280 Seiten und kostet 14,80 Euro.