Werbepost

Nur noch auf Wunsch

von Ursula Wöll

Wer in Amsterdam keine Werbung will, klebt nichts auf seinen Briefkasten. Wer Werbung will, klebt einen Sticker „Werbung, ja bitte“ darauf. Dieses ‚Opt-in‘-System soll auch bei uns gelten, das wollen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Verein ‚Letzte Werbung e.V.‘ Sie sammelten an die 97.000 Unterschriften unter einen offenen Brief, den sie am 11. Dezember 2020 der Bundesjustizministerin übergeben haben. Beraten wurden sie dabei von Stefan Gäth, Professor für Abfall- und Ressourcenmanagement an der Uni Giessen.

Werbepost belastet die Umwelt

Auch ich habe die Petition unterschrieben, weil ich es satt habe, jede Woche in meinem Briefkasten haufenweise Prospekte zu finden, die alle Schnitzel anpreisen, und zwar alle gleich billig, da von gequälten Schweinen. Hier mein mein Brief an Justizministerin Christine Lamprecht:

„Aktuell darf in Deutschland Werbung in alle Briefkästen eingeworfen werden, die nicht mit einem ‚Werbung – Nein danke!‘-Aufkleber gekennzeichnet sind. 1,06 Millionen Tonnen (!) nicht adressierter Werbung landen dadurch pro Jahr in Deutschlands Briefkästen. Das sind über 28. Milliarden Werbebroschüren pro Jahr. Riesige Abfallberge, vermüllte Hausflure, eine immense Ressourcenverschwendung und Klimabelastung sind die Folge.

Allein für die Papierproduktion der nicht adressierten Werbebroschüren werden 42 Millarden Liter Wasser, 4,3 Milliarden Kilowattstunden Energie und 1,6 Millionen Tonnen Holz von über 1,1 Millionen Bäumen verbraucht.

Dabei wollen die Bürgerinnen und Bürger diese billigen Werbeprospekte mehrheitlich nicht einmal: eine Umfrage der Deutschen Umwelthilfe belegt, dass weniger als ein Drittel der Befragten diese noch für zeitgemäß halten. Abfallexperte Prof. Gäth der Universität Gießen geht davon aus, dass 85 bis 90 Prozent der Werbung im Briefkasten überhaupt nicht gelesen wird.

Gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe fordere ich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht deshalb auf: Führen Sie ein bundesweites Opt-in-System für unadressierte Werbepost ein! Werbung darf nur noch in Briefkästen geworfen werden, wo es ausdrücklich erwünscht ist. Das heißt: ‚Werbung – Ja bitte‘ statt ‚Werbung – Nein danke‘-Aufkleber.

Die niederländische Hauptstadt Amsterdam hat seit 2018 ein solches Opt-in-System eingeführt. Laut Stadtverwaltung konnten bereits 6.000 Tonnen Papier pro Jahr und zwischen 650 und 750 Fahrten der kommunalen Müllabfuhr eingespart werden. Würde ein solches Opt-in-Verfahren in ganz Deutschland umgesetzt, könnten jährlich rund 66.000 Müllabfuhren mit einem Fassungsvermögen von je 12 Tonnen vermieden werden. Das entspräche einer Einsparung von mehr als 20 Milliarden Werbebroschüren.

Werbepost führt zur Zerstörung von Wäldern: Über 80 Prozent des deutschen Bedarfs an Papier und Zellstoff wird aus dem Ausland gedeckt. Dafür werden fast überall auf der Welt Wälder gerodet – häufig mittels Kahlschlag. Die Folge ist der Verlust von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen. Allein für die jährliche Herstellung der nicht adressierten Werbeprospekte werden mehr als 1 Million Bäume gefällt.

Unnötige Werbebroschüren verschwenden Ressourcen: denn die Papierproduktion ist sehr energie- und wasserintensiv. Zudem wird eine große Menge an Chemikalien eingesetzt, wie beispielsweise Natronlauge, Sulfite oder Sulfate. Und das alles für ein paar Prospekte, die einzig für die einmalige Informationsvermittlung zwischen Handel und Verbraucher- und Verbraucherinnen existieren und danach häufig direkt im Müll landen: Im besten Fall in der Papiertonne, im schlechtesten Fall im Restabfall und der Verbrennung.

Die weiten Transportwege der Werbebroschüren heizen den Klimawandel zusätzlich an. Nach dem Import von Holz nach Deutschland führt der Weg des daraus hergestellten Papiers zu den Druckereien, von dort zu den Unternehmen und/oder Verteilstellen bis hin zu den Auslageorten und Briefkästen. Nicht zu vergessen die Entsorgung des Altpapiers und dessen Transport zu Recycling- oder Verbrennungsanlagen.

Diese klimaschädliche, unnötige und zumeist ungewollte Werbepost muss endlich ein Ende haben!“

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