Wasserverbrauch

Die Hitliste der Wassersparer

Von Klaus Nissen

Die größte Stadt und die kleinste Gemeinde der Wetterau haben eins gemeinsam: Ihre Bevölkerung verbraucht viel mehr Wasser als die anderen Menschen im Kreis. Das Regierungspräsidium Darmstadt gab eine Statistik über den Wasserverbrauch und die Leitungsverluste der 25 Wetterauer Kommunen heraus.

130 Liter Wasserverbrauch am Tag sind zuviel

Die Menschen in Ranstadt wissen wohl nicht, dass sie leuchtende Vorbilder sind: Niemand verbraucht weniger Trinkwasser als die 5000 Frauen, Männer und Kinder der Landgemeinde. Gerade mal 102 Liter pro Tag und Kopf zapften sie im Jahr 2019 aus ihren Hähnen. Im Wetterauer Durchschnitt flossen dagegen 119 Liter, berichtet das Darmstädter Regierungspräsidium. In ganz Südhessen verbrauchten die Bürgerinnen und Bürger 2019 im Schnitt sogar 127 Liter Trinkwasser am Tag – zwei Liter weniger als 2018. Die großen Städte waren noch durstiger – dort flossen im Schnitt 137 Liter pro Kopf und Tag, so der RP-Sprecher Christoph Süß.

Den durstigen Rasen sollte man auch im Hochsommer nicht mit Trinkwasser besprengen – dafür ist das Nass zu kostbar. Foto: Nissen

In der Hitliste der Wetterauer Wassersparer folgt auf Ranstadt die Gemeinde Rockenberg mit 105 Litern, dicht gefolgt von Altenstadt, Münzenberg, Wölfersheim und Ober-Mörlen mit jeweils 106 Litern pro Einwohner und Tag. In diesen Kommunen versickert auch wenig Trinkwasser aus undichten Rohren in den Boden. In der Regel sind es nicht ganz zehn Prozent des gesamten Trinkwassers im Netz. In Altenstadt gehen beispielsweise 60 Liter pro Rohr-Kilometer und Stunde ins Erdreich verloren.

Recht weit vorn auf der Hitliste stehen aus der östlichen Wetterau auch Glauburg und Hirzenhain mit einem Wasserverbrauch von 109 und 110 Litern pro Einwohner und Tag. In Glauburg ist freilich das Rohrnetz doppelt so löchrig wie etwa in Altenstadt. 130 Liter pro Rohrkilometer und Stunde fließen in Glauburg rund um die Uhr in den Untergrund.

Jeder Bad Vilbeler verbraucht im Schnitt 131 Liter

Sehr gut im Wassersparen sind auch die Menschen in Florstadt mit einem Verbrauch von 112 Litern pro Kopf und Tag, Ortenberg (113 Liter), Büdingen und Gedern (114), Nidda (117), Limeshain (119). Höher als in allen anderen Wetterauer Kommunen ist der Pro-Kopf-Verbrauch in Kefenrod. Dort rauschen täglich 178 Liter für jeden der 2753 Einwohner durch das Rohr. Obwohl Kefenrod die kleinste Gemeinde im Kreis ist, verbrauchte sie anno 2019 mit 230 000 Kubikmetern deutlich mehr Wasser als die größeren Kommunen Glauburg und Hirzenhain.

Auch die größte Wetterau-Kommune Bad Vilbel steht in der Wasserbilanz schlecht da. Jeder der 34000 Einwohner zapfte pro Tag im Schnitt 131 Liter Trinkwasser. Dort ist auch das Leitungsnetz fast so löchrig wie in Kefenrod. In Bad Vilbel versickerten 180 Liter pro Rohrkilometer, in Kefenrod sogar 190 Liter.

Nicht hübsch, aber wassersparend: Diese Tonne nimmt in einem Wetterauer Garten das von der Terrasse abfließende Regenwasser auf. Früher reichten die 150 Liter, um bei Trockenheit die Küchenkräuter zu wässern. Seit der Dürre von 2018 bunkert der Gartenbesitzer zusätzlich das vom Dach abfließende Wasser in zwei Kubikmeter-Containern. Foto: Nissen

Alle Wetterauer zusammen verbrauchten im Vor-Corona-Jahr die gewaltige Menge von 17,45 Millionen Kubikmetern Trinkwasser. Jeder Kubikmeter entspricht tausend Litern. Davon holten die Städte und Gemeinden laut RP-Statistik aus eigenen Quellen knapp 5,3 Millionen Kubikmeter. Während die Stadt Büdingen sich ganz aus eigenen Quellen versorgte, decken vor allem die Stadt Nidda und die Kommunen der mittleren und westlichen Wetterau ihren Wasserbedarf zum größten Teil aus den OVAG-Leitungen. Der weitaus größte Teil des Trinkwassers wird von Privatleuten verbraucht. Das Gewerbe bezog zum Beispiel in Büdingen „nur“ 151 000 von 1,07 Millionen Kubikmetern Wasser.

Insgesamt geht der Wasserverbrauch pro Kopf seit der Jahrtausendwende langsam zurück. Im aktuellen Corona-Jahr stieg er ab März freilich wieder an. Christoph Süß vom Regierungspräsidium: „Die ‚Lockdowns‘ und Kontaktbeschränkungen haben erheblichen Einfluss vor allem auf die Pendlerströme und das Freizeitverhalten, so dass vor allem in den Wohngebieten im Umland der großen Städte zeitweise ungewöhnlich hohe Verbrauchszahlen gemessen wurden.“

In der Corona-Zeit wird mehr Wasser gezapft

Der regionale Wasserversorger OVAG lieferte im abgelaufenen Jahr 2020 etwa 1,5 Prozent mehr Wasser in die Haushalte als 2019, sagt Vorstandschef Joachim Arnold. Sogar um zwei Prozent stieg der Wasserabsatz im zweiten Quartal 2020, als viele Arbeitnehmer daheim ihre Homeoffices einrichteten und nicht mehr in Frankfurt die Kaffeemaschinen und Toiletten nutzten.

Der Mehrverbrauch mache ihn nicht froh, verdeutlicht Arnold. Denn die Förderkapazität aus den 21 eigenen Brunnen sei begrenzt. Auf einen zusätzlichen Wasserverbrauch „ist das System in dieser Situation gar nicht ausgelegt“, so der OVAG-Chef. 2019 habe man 32 Millionen Kubikmeter Trinkwasser aus dem Boden entnommen (davon rund 14 Millionen Kubikmeter in Inheiden) und zusammen mit weiteren 3,8 Millionen Kubikmetern aus Mittelhessen in den südhessischen Raum geliefert.

In Zukunft kann nur weniger aus dem Boden geholt werden

Diese großen Mengen werde man im Jahr 2021 nicht mehr erreichen. Denn in den letzten fünf Jahren habe es nur eins mit überdurchschnittlichen Niederschlägen gegeben. Auch die letzten relativ feuchten Wochen füllen die Grundwasserpegel in Vogelsberg und Wetterau nicht wesentlich auf, sagt Joachim Arnold. „Es reicht nicht aus. Es wird Zeit, dass wir ein verschärftes Bewusstsein für den Wert unseres Wassers bekommen.“

Über einen höheren Preis kann man die Nachfrage nicht drosseln, meint der OVAG-Vorstand. Es sei rechtlich nicht möglich, weit mehr als etwa 1,70 Euro für tausend Liter Trinkwasser zu kassieren. Zumal auch zehn Cent zusätzlich nicht unbedingt zum Wassersparen anreizen würden.

Neue Wasserampel zeigt die Verfügbarkeit an

Arnold setzt mehr auf die Wasserampel, die auf www.ovag.de ab jetzt für drei Monate im Voraus die Wasser-Verfügbarkeit signalisiert. Bis in den März hinein steht sie auf Gelb. Schon bei Grün müssten die kommunalen Kunden ihre Wasser-Abnahme beschränken, sagt Arnold. In den Verträgen gebe es dafür diverse Abmachungen. Nötig sei, dass auch Städte und Gemeinden die Menschen dazu bewegen, die Gärten nicht mit Leitungswasser zu beregnen. Man brauche mehr Zisternen und Tonnen, die das Wasser vom Dach für durstige Pflanzen und die Toilettenspülung vor Ort nutzen.

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