Quellen und Bäche versiegen
Die Gewässer und das Grundwasser des Vogelsbergs leiden enorm unter dem Klimawandel, berichtet die Schutzgemeinschaft Vogelsberg (SGV). Sie stützt sich auf Beobachtungen ihrer Mitglieder in der Zeit von 2018 bis 2021. „Alle Eingriffe, die den Grundwasserhaushalt noch mehr belasten, müssen unterbleiben“, folgert die SGV aus ihren Untersuchungen. Das betreffe insbesondere den großen Grundwasserexport nach Rhein-Main, denn der sei durch das Erhöhen der dortigen Eigenversorgung vermeidbar.Die SGV hatte im Trockenjahr 2018 angesichts versiegender Quellen und Bäche ihrer Mitglieder zu Beobachtungen aufgerufen. Seither „sind über 80 Zusendungen eingegangen, in denen mit Datum, Ortsangabe und Fotos die desaströsen Auswirkungen des Wassermangels belegt werden. Zu diesem Beobachtungseifer haben sicherlich die katastrophal trockenen Jahre 2018, 2019 und 2020 beigetragen, aber auch das gewachsene Bewusstsein für die zunehmenden Wasser-probleme“, berichtet die Schutzgemeinschaft.
Fatale Folgen für den Wasserhaushalt
Auch 2021 seien Zusendungen eingetroffen. „Und das ist gut so, denn mit ihnen kann die SGV nachweisen, dass trotz des ersten ‚richtigen‘ Winters seit 20 Jahren und den regenreichen Perioden 2021 die Grundwasserdefizite der Heiß- und Trockenphasen 2018 bis 2020 noch lange nicht ausgeglichen sind. Ganz im Gegenteil bestätigen sie die jahrelangen Mahnungen der SGV, dass sich der Klimawandel mit immer ausgeprägteren Wetterextremen beschleunigt. Mit fatalen Folgen für den Vogelsberger Wasserhaushalt: Auch intensive Klimaschutzmaßnahmen werden diese Entwicklung nicht mehr rückgängig machen, sondern nur noch abmildern können“, erklärt die SGV.
„Zusammenfassend ergibt sich aus den bisherigen Auswertungen, dass in den letzten drei Jahren aufgrund von Grundwassermangel besonders viele und außerordentlich lange Quell- und Brunnenausfälle sowie Trockenfallstrecken in Gewässern zu beobachten waren, und dass die Grundwasserneubildung in vielen Bereichen fast komplett ausgefallen ist. Ob Nidder samt Hillersbach und Seemenbach, ob Nidda und Eichelbach oder obere Horloff samt ihren Nebenbächen: 2018 waren sie allesamt über einen längeren Zeitraum streckenweise bis in den November hinein trocken, und da sich dieses Austrocknen 2019 und 2020 wiederholte, wurde das Bachleben stark geschädigt. Gleiches gilt für Teiche: so haben zum Beispiel die Berichte aus Usenborn gezeigt, dass selbst 2020 in Amphibienteichen nur noch kümmerliche Pfützen zu finden waren“, berichtet die SGV.
Totale Austrocknung der Böden
Besonders kritisch seien Meldungen aus der Land- und Forstwirtschaft, die eine totale Austrocknung der Böden bis in größere Tiefen melden. Denn damit habe der Untergrund sein Bodenleben und seine wassergängigen Strukturen verloren. In der Folge seien 2021 trotz Schnee im Winter und ergiebigem Regen viele Böden immer noch bis maximal 80 Zentimeter unter der Oberfläche durchfeuchtet. Eine Grundwasserneubildung sei dort kaum zu erwarten. Dagegen stauten die tieferen, immer noch trockenen Schichten den Regen mit der Folge schneller Abflüsse und von Hochwasser zurück. „Hier hat der Klimawandel einen regelrechten Teufelskreis in Gang gesetzt“, stellt die SGV fest.
Die Gewässerbeobachtungen belegen laut Schutzgemeinschaft, dass sich der Rückgang der Grundwasserneubildung in allen Bereichen des Vogelsberges und in allen Höhenlagen bemerkbar macht. Im langen, heißen und windreichen Sommer 2018 seien erstmals, seit es Aufzeichnungen gibt, sogar artesische Quellaustritte an den Rändern des Basaltmassivs (zum Beispiel in Salz) ausgetrocknet. „Es ist zu erwarten, dass die Verbreitung von solchem Wassermangel künftig eher Regel als Ausnahme sein wird“, warnt die SGV.
Zwar seien Starkregen mit Hochwasser oder trockene, sehr warme Sommer im Vogelsberg nicht neu. Doch sie seien in der Vergangenheit eher in größeren Abständen aufgetreten, die in den Folgejahren kompensiert wurden. Im Vogelsberg sei meist darauf Verlass gewesen, dass das Grundwasser im Winterhalbjahr immer wieder aufgefüllt wurde und dass durch die Wasserhaltekapazität des Untergrundes auch extreme Hochwasserwellen abgemildert wurden. „Auch die Gewässer sowie die Nass- und Feuchtgebiete, die für den Vogelsberg die Lebensadern eines reichhaltigen Naturraums sind, wurden bei Trockenheit von den reichhaltigen Grundwasservorkommen am Leben erhalten. Doch die Grundwasserneubildung wird im Klimawandel durch immer stärkere, kurzzeitigere Oberflächenabflüsse samt Bodenerosion, durch die fehlende Schneeschmelze, verkürzte Winter und Heißzeiten zusehends schwächer. Fatalerweise lässt sich das im Kluftgestein des Vogelsberges durch Pegelmessungen kaum darstellen. Denn hier gibt es kein flächendeckendes Pegelsystem – ein solches würde aufgrund der weitgehend unbekannten, unterirdischen ‚Kanäle‘, Stockwerke und Fließrichtungen auch wenig Sinn machen. Zum anderen dauert es unter Umständen länger als 50 Jahre, bis sich Niederschlagsdefizite im Pegelnetz der großen Wasserwerke bemerkbar machen“, stellt die Schutzgemeinschaft fest.
Enormes Quellensterben
Verlässlichere weil, ortsnahe Indikatoren für die jeweilige Grundwasserneubildung seien Quellen und Bäche. Ihre Schüttungen würden direkte Aussagen darüber erlauben, wie ergiebig das jeweils speisende Grundwasserstockwerk gefüllt ist. Sie könnten auch anzeigen, ob aus den darunter liegenden Stockwerken Grundwasser nach oben drückt und aufsteigt – oder, durch Grundwasserentnahmen aus Brunnen gestört, eben nicht. Doch aufgrund des großen Aufwandes seien im Vogelsberg Gewässerbeobachtungen durch Grundwassermodelle ersetzt worden. Es lägen bislang nur wenige, wissenschaftlich belastbaren Erhebungen zur Anzahl der Quellen und Quellhorizonte sowie zur Wasserführung von Bächen, Stillgewässern und Feuchtgebieten vor. Und die bescheinigten dem Vogelsberg schon seit Jahrzehnten ein enormes Quellensterben. Das nimmt laut SGB weiter zu. Da seit etwa 20 Jahren die Nassjahre ausblieben, führe die immer schnellere Abfolge von Trockenjahren noch öfter und länger als früher zu Quell- und Bachausausfällen
Genau hier setzt die SGV-Aktion ‚Gewässer- und Quellenbeobachtungen‘ durch viele engagierte Freiwillige an. „Gerade fortlaufende Beobachtungen der gleichen Stelle ergeben seit 2018 aussagekräftige Zeitreihen von Wasserständen. Dort, wo sich die Beobachtungen verschiedener Personen überschneiden, sind diese wissenschaftlich besonders belastbar“, erklärt die Schutzgemeinschaft. Um diese Zuverlässigkeit zu erhöhen, hat sie die Beobachtungen in Tabellenform nach Gewässersystemen ausgewertet: die der Horloff, der Nidda, der Nidder, sowie des südöstlichen, westlichen und nördlichen Vogelsberges. Um die Ergebnisse öffentlich zugänglich zu machen, richtet die SGV auf ihrer Internetseite gegenwärtig eine eigene Rubrik für die Gewässerbeobachtungen ein.
Titelbild: Das Foto zeigt den Seemenbach am 5. September 2020 und stammt von Thomas Benz.
Alle Rohre raus, Dachflächenwasser hat nichts im Kanal zu suchen! Wir brauchen jeden Tropfen im Erdreich zur Grundwasseranreicherung!30 bis 40 Jahre haben wir unser Niederschlagswasser in die Flüsse geleitet! So ein Blödsinn! Da gehört das doch nicht hin, es ist für immer fort! Auch aus den Kläranlagen ist das Wasser für immer fort! Gereinigtes Abwasser muss in Schilfflächen nachgeklärt werden und in Tausenden (1000 ) Versickerungs-Mulden dem Grundwasser und der Atmospfere zugeführ werden!!! Nicht in Bach- oder Fluss!!! Da gehört es nicht hin.!!!!!!!!!!! in die Meere!!!!!!!!!!