CDU-Vorstand wollte einen anderen
Anfang Januar 2020 bezieht der bisherige CDU-Bundestagsabgeordnete Oswin Veith ein geräumiges Chefbüro in der Ovag-Zentrale an der Ludwigstraße in Friedberg. Der Aufsichtsrat des kommunalen Strom-, Gas und Wasserkonzerns wählte den 58-Jährigen am am 25. September 2019 zum Nachfolger des langjährigen Vorstands Rainer Schwarz. Pikant dabei: Oswin Veith ist selbst Mitglied des Aufsichtsrates. Er konnte sich also selber mitwählen. Seine Parteifreunde im CDU-Kreisvorstand hätten offenbar lieber einen anderen Christdemokraten an der Ovag-Spitze gesehen. Und die Wetterau hat bald nur noch einen Bundestagsabgeordneten, der dort auch wohnt. Und die Grünen werten die Personalie als Hinterzimmer-Politik und „Musterbeispiel schwarzroten Filzes“.
Oswin Veith wird Ovag-Chef
„Ich verspüre noch einmal Freude an einer neuen Herausforderung für die Region“, sagte Oswin Veith nach der Wahl. Er sei von Arbeitnehmern, Mitgliedern des Aufsichtsrates und CDU-Verbandsvorstandsmitgliedern zur Kandidatur aufgefordert worden. Als Volljurist habe er Erfahrungen auch im Wirtschafts-, Handels- und Aktienrecht. Und als früherer Bürgermeister von Butzbach, Wetterauer Vizelandrat und Bundestagsabgeordneter sei er gut vernetzt. So könne er seinen Beitrag zur Fortsetzung der Ovag-Erfolgsgeschichte leisten.
Die Neuwahl wurde notwendig, weil Ovag-Chef Rainer Schwarz (CDU) zum Jahresende seinen Posten abgibt. Der 68-jährige war im Jahr 2000 als Nachfolger des früheren Vogelsberg-Landrats Jochen Zwecker (SPD) an die Spitze des kommunalen Versorgungsunternehmen gekommen. Schwarz sollte eigentlich schon 2018 die Ovag verlassen, verlängerte seinen Vertrag aber mit der Begründung, er müsse noch die komplexe Eingliederung der Ovag Energie AG in die Muttergesellschaft organisieren. Rainer Schwarz will künftig wieder als Steuerberater arbeiten und seine zweite Amtszeit als Präsident der Industrie- und Handelskammer Gießen-Friedberg absolvieren.
Heftige Kritik an Veiths Einzug bei der Ovag üben die Grünen in den drei Eigentümer-Landkreisesn Wetterau, Vogelsberg und Gießen. „Es muss Schluss sein mit Führungspositionen für ehemalige Kommunalpolitiker“, schreibt Michael Rückl, der im Verbands-Parlament der Ovag sitzt. „Angesichts von Klimawandel und schwieriger werdenden Bedingungen auf dem Energiemarkt braucht es vielmehr Fachleute an der Spitze des Unternehmens.“ Rückl verweist auf die laufende Klage der Grünen gegen die Besetzung der Aufsichtsräte im Ovag-Konzern. Sie hoffen, dass eine Entscheidung dazu auch die Wahl des Vorstands ungültig machen wird.
SPD und CDU bauen ihre Machtpositionen im Versorgungsunternehmen nach Ansicht der Grünen übermäßig aus. Die Vorstandsposten dienten der Versorgung ehemaliger Kommunalpolitiker an deren Karriereende. So folgte Ex-SPD-Landrat Joachim Arnold dem Ex-SPD-Landrat Rolf Gnadl, der seinerseits einem Ex-SPD-Landrat folgte, dessen Vorgänger ebenfalls ein Ex-SPD-Landrat war. Und dem Ex-CDU-Kreisbeigeordneten Rainer Schwarz folge nun der Ex-CDU-Kreisbeigeordnete Oswin Veith.
Die Ovag sei sei das Musterbeispiel des schwarzroten Filzes, so der Grüne Michael Rückl. Unter Zugrundelegung einer falschen Sitzverteilungsberechnung habe man 2015 die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) zugunsten von SPD und CDU von 44 auf 52 Sitze erhöht. Von den acht zusätzlichen Sitzen gingen sieben an CDU und SPD. Die Besetzung der Aufsichtsräte der Ovag spiegele nicht das Kräfteverhältnis der Wahlen und des Parlamentes wider. Die Grünen klagen dagegen. Die
ZOV-Verbandsversammlung sei über die Besetzung des Vortandspostens nicht einmal informiert worden.
Der neue Vorstand Oswin Veith wird den Konzern neben dem seit Januar 2018 amtierenden Joachim Arnold führen. Der Sozialdemokrat Arnold wird aber als Ovag Vorstandschef die Zügel in der Hand halten. Zwischen 2008 und 2013 saßen Veith und Arnold schon in ähnlicher Konstellation an der Spitze des Wetteraukreises – Arnold als Landrat, Veith als Erster Kreisbeigeordneter. Veith wechselte dann als direkt gewählter Abgeordneter nach Berlin. An der Ovag-Spitze stehen beide nun wahrscheinlich finanziell besser da als in früheren Ämtern. Das Gehalt des neuen Ovag-Vorstandes wird nach einer Aussage von Joachim Arnold aus dem Jahr 2017 niedriger sein als das Salär von Rainer Schwarz. Es dürfte trotzdem die eines Bundestagsabgeordneten übertreffen. Die Höhe der Vorstandsbezüge fehlt in den Jahresberichten der Ovag-Gruppe. Oswin Veith ist nicht wie zuletzt Joachim Arnold für fünf, sondern nur für drei Jahre an die Ovag-Spitze berufen worden. So sollen die Amtszeiten beider Vorstände gleichzeitig Ende 2023 auslaufen.
Gewählt wurde Veith durch den 18-köpfigen Aufsichtsrat der Ovag. Die rund 600 Arbeitnehmer stellen neun Aufsichtsratsmitglieder. Das Vorschlagsrecht für den neuen Spitzenposten hatten in diesem Fall die Vertreter der drei Eigentümer-Landkreise. Die Arbeitnehmer folgen in der Regel diesem Vorschlag. Während der dreimonatigen Ausschreibung des Spitzenpostens sollen sich 15 Bewerber gemeldet haben. Weil die SPD mit Joachim Arnold schon an der Spitze vertreten ist, hatten diesmal CDU-nahe Bewerber bessere Chanen. Der Wetterauer Kreisvorstand guckte sich Anfang September einen jüngeren Favoriten aus: den 40-jährigen Karbener CDU-Vorsitzenden Mario Beck. Er arbeitet an Frankfurt als Geschäftsführer der Firmenkunden-Vertriebsgesellschaft beim südhessischen Energieversorger Süwag. Hat also Erfahrungen mit dem Energie-Geschäft. Die CDU-Kreisvorsitzende Lucia Puttrich dazu: „Mario Beck hat den geschäftsführenden Kreisvorstand über sein Interesse und seine Bewerbung frühzeitig informiert. Aufgrund seiner umfangreichen energiewirtschaftlichen und kommunalpolitischen Erfahrung wurde seine Bewerbung begrüßt.“
Doch bei der Wahl machte Oswin Veith das Rennen. Er ließ nach Aussage eines Insiders die eigene Partei lange im Unklaren darüber, dass er seine Karriere gerne als Ovag-Vorstand fortsetzen will. Das Unternehmen und dessen Akteure kennt er bestens: Der ehemalige Butzbacher Bürgermeister sitzt seit langem im Aufsichtsrat. Dort war er auch Vorsitzender des Personalausschusses, der die Anforderungen für Spitzenposten bei der Ovag formuliert und Bewerbungen beurteilt. Die Ausschreibung für die Schwarz-Nachfolge lief seit Juni. Doch erst am 4. September soll Veith den Aufsichtsrat und die eigene Partei informiert haben, dass er selbst Ovag-Chef werden wollte. Bei dieser Sitzung legte er den Vorsitz des Personalausschusses nieder und übergab das Amt dem früheren Lindener Bürgermeister Ulrich Lenz (CDU). Bei der Wahl in der Ovag-Zentrale konnte sich Veith dann selber mitwählen. Ob er das tat oder sich enthielt, bleibt ungewiss. Das Abstimmungsergebnis ist nichtöffentlich. Die Arbeitnehmer-Vertreter wählten offenbar lieber Veith als den eigentlichen CDU-Favoriten Mario Beck. Letzterer hat bisher nicht in Ovag-Kreisen verkehrt. Und weil er in einer Tochterfirma des Energie-Riesen RWE arbeitet, könnte er dem großkalibrigen Konzern-Denken a la RWE und Eon verhaftet sein, argwöhnt mancher aus der Belegschaft. Und das ist bei der Ovag unerwünscht.
Das Bundestagsmandat bekommt kein Wetterauer
Der baldige Abschied Veiths aus der Bundespolitik hinterlässt eine Lücke. Wenn er sein Mandat im kommenden Februar niederlegt, rückt kein Wetterauer in den Bundestag nach. Der nächste Abgeordnete kommt von der CDU-Landesliste. In diesem Fall dürfte es der 69-jährige Bernd Siebert aus dem nordhessischen Gudensberg sein. Oder der 46-jährige Thomas Viesehon aus dem ebenfalls nordhessischen Waldeck. Die Wetterau vertreten dann noch die im Main-Kinzig-Kreis lebenden Bundestagsabgeordneten Bettina Müller (SPD) und Peter Tauber (CDU). Im Kreis selbst wohnt nur der 2019 als Nachrücker nach Berlin beorderte Bad Nauheimer Rechtsanwalt Peter Heidt von der FDP.
Oswin Veith hatte im Herbst 2017 das Bundestags-Direktmandat mit mehr als 36 Prozent der Wählerstimmen bekommen. Auf Nachfrage sagte er damals, er werde die ganze Amtsperiode bis 2021 im Bundestag bleiben. Er fände es befremdlich, wenn es Leute gebe, „die sich offenbar aus der staatlichen Verantwortung stehlen wollen.“
Volles Verständnis, dass die stets gierigen Grünen futterneidisch sind. Sie haben aber nicht verstanden, wie stark die Kraft der Arbeitnehmer bei dieser Wahl war, die den größten Block stellten.
Wäre ja auch ein Wunder,wenn der als Rabulist bestens bekannte Kurzzeit- MdB Minkel nicht gegen die Grünen giften würde.
Typischer CDU Lobbyismus.
Sie verstehen nach wie vor nicht
Warum die Wähler abwandern.
Es hat nichts mit Futterneid der
Grünen zu tun sondern es sind
Zornige Bürger die genug haben
Von Klüngel und SB-Mentalitaet.
Die beiden großen Parteien SPD und CDU sind sich im Falle der OVAG einig. Sie halten den Vorstand der OVAG frei von Fachkompetenz und Sachverstand.
Es handelt sich hier um Missbrauch einer Vertrauensstellung in einer Funktion in Verwaltung und Politik (Kreistag) – und das ist eindeutig Korruption in einem mittelschweren Fall. Das geht seit Jahrzehnten so und wird wohl immer so weitergehen.
Wie gut ist denn die OVAG unter der Leitung ehemaliger Politiker? Das sieht nicht gut aus.
Der Umsatz stagniert bis unbedeutende Erhöhung von 448 Mio € in 2015 auf 464 Mio. € in 2018 und das Betriebsergebnis wird Jahr für Jahr schlechter. Von 2015 bis 2018 ein Rückgang um 38%, von 49 Mio. € auf 30 Mio. €. Das liegt an der mangelnden Fachkompetenz und Zukunftsorientierung der ehemaligen Politiker. Das Geschäft läuft wahrscheinlich unter dem Management der zweiten Ebene von selbst. Die Ex-Politiker gestalten das Geschäft nicht aktiv. Mit dem neuen Vorstand Veith wird es noch
träger werden.
Die OVAG als öffentliches Unternehmen veröffentlicht die Höhe der Aufwendungen und die Bezüge für ihre Vorstände und den Aufsichtsrat nicht. Das wird geheim gehalten. Die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder – mehr als 70 Personen – der OVAG-Unternehmen ist sehr hoch. Das ganze Gebilde erscheint wie ein Geflecht aus Vetternwirtschaft und Korruption. Den beteiligten Kreisen entgehen Einnahmen.
Nehmt den Politikern das Kommando.