Unfallrisiko

Aktionstag für Sicherheit an der Arbeit

Wie wichtig und überhaupt nicht selbstverständlich ein Arbeitsplatz ist, macht die Corona-Gefahr in diesen Tagen besonders deutlich. Aber nicht nur in Corona-Zeiten ist Arbeit auch mit Sicherheit verbunden; es gibt leider viele vermeidbare Unfälle. Das Regierungspräsidium Gießen (RP) darauf hin, dass der 28. April seit dem Jahr 1984 der internationale Aktionstag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz ist.

Helmpflicht oft vernachlässigt

Wie die Pressestelle des RP erläutert,  möchte die internationale Arbeitsorganisation (ILO) sichere, gesunde und menschenwürdige Arbeit fördern. „Weltweit sind Menschen Risiken durch ihre Arbeit ausgesetzt. Als zuständige Behörde wollen wir auf dieses – gerade heute – wichtige Thema hinweisen“, so Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich.

Die ILO schätzt, dass jeden Tag etwa 6.000 Menschen durch arbeitsbedingte Unfälle oder Krankheiten sterben. „Dieser Welttag ist Ausgangspunkt für eine globale Kampagne zur Förderung sicherer, gesunder und menschenwürdiger Arbeitsplätze. Vor allem in Schwellenländern ist Arbeitsschutz oft gar kein Thema“, erklärt die zuständige RP-Expertin Dr. Hilde Weigand und kritisiert: „Helmpflicht? Nie gehört! Schutzkleidung beim Umgang mit Chemikalien? Nein, danke.“

Mit Blick auf die Region führt Hilde Weigand aus, dass es im Jahr 2019 innerhalb des Aufsichtsbezirks rund 2.700 meldepflichtige Arbeitsunfälle bei 438.956 Beschäftigten gegeben habe. „Meldepflichtig ist ein Arbeitsunfall, wenn die versicherte Person durch einen Unfall getötet oder so verletzt wird, dass sie mehr als drei Tage arbeitsunfähig ist.“ 244 Unfälle waren so schwerwiegend, dass eine Vor-Ort-Untersuchung durch die Arbeitsschutz-Experten des RP Gießen erforderlich wurde. Im Jahr 2018 waren es 175. Bei vier Unfällen verunglückten die Arbeitnehmer tödlich.

 „Bei allen diesen Unfällen spielte die Umgehung von Sicherheitsvorschriften eine Rolle“, erläutert sie weiter. Drei dieser Unfälle waren dem Bereich Logistik und Verkehr zuzuordnen, einer ereignete sich bei Waldarbeiten. „Das deckt sich mit den Erkenntnissen der Vorjahre zur Verteilung des Unfallrisikos auf unterschiedliche Berufsgruppen“, sagt sie. 

Eine Ursache: Der Termindruck

Während in der Vergangenheit häufig die Baubranche Schwerpunkt auch des tödlichen Unfallgeschehens war, ist es diesmal der Bereich Verkehr und Logistik. Ursächlich für das Unfallgeschehen ist häufig, dass bei vermeintlich kurzfristigen und ungefährlichen Arbeiten aufgrund von Termindruck auf die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften verzichtet wird. „Neben den tragischen Auswirkungen auf die Familien der Unfallopfer  haben die Unfallereignisse, bei denen das Verhalten von Kollegen für das Unfallgeschehen Auslöser sind, auch häufig traumatische Folgen für diese und beeinträchtigen ihre Arbeitsfähigkeit“, gibt Dr. Weigand zu bedenken. 

Unabhängig des vermeintlichen Fehlverhaltens von Beschäftigten, die zum Unfallereignis beitragen, ist immer der Unternehmer für die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen verantwortlich. Er muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellen, Mitarbeiter in Hinblick auf die Unfallgefahren und sicherheitsgerechtes Verhalten unterweisen und dieses auch durch entsprechende Kontrollen überwachen. Die Arbeitnehmer sind jedoch, nach erfolgter Unterweisung, zur Einhaltung der vom Arbeitgeber festgelegten Maßnahmen verpflichtet.“ 

Als Mittelbehörde ist das RP Gießen für die Überwachung der staatlichen Arbeitsschutzvorschriften für alle fünf mittelhessischen Landkreise zuständig“, verdeutlicht der Regierungspräsident den Auftrag und unterstreicht: „Unsere Bediensteten sind auch beratend tätig und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von arbeitsbedingten Erkrankungen und Arbeitsunfällen.“

Hohes Risiko in der Baubranche

Das Regierungspräsidium beleuchtet nach einige Hintergründe: EU-weit gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Unfall-Inzidenzraten der Mitgliedsstaaten – insbesondere bei den tödlichen Arbeitsunfällen. Durchschnittlich wurden 1,8 tödliche Arbeitsunfälle pro 100.000 Beschäftigte EU-weit registriert. In Großbritannien, Schweden und den Niederlanden lag sie unter einem Wert 1. In Portugal, Bulgarien und Litauen waren es mehr als 3,5 pro 100.000 Beschäftigte. Die höchste Rate mit 5,56 war in Rumänien zu finden. Deutschland liegt mit einer Rate von 1,4 im unteren Mittelfeld. Rund 90 Prozent der tödlichen Arbeitsunfälle werden durch fünf Unfalltypen verursacht: Unfälle mit Fahrzeugen, Störungsbeseitigung, Wartung, Reparatur und Reinigung von Maschinen und Anlagen, Absturz von Leitern und hochgelegenen Arbeitsplätzen.

Insgesamt 949.309 Arbeitsunfälle wurden im Jahr 2018 bundesweit registriert. Damit hält sich die Zahl in den letzten fünf Jahren auf einem stabilen Niveau. Sie liegt bei etwa 25 Unfällen je 1.000 vollbeschäftigter Personen im produzierenden Gewerbe beziehungsweise der Dienstleistungsbranche. Es gibt jedoch große Unterschied in Hinblick auf einzelne Berufsgruppen. Das höchste Risiko tragen Beschäftigte in Bauberufen wie Maurer, Zimmerleute oder Steinmetze. Die Unfallrate lag hier bei 63 pro 1.000 Vollarbeitern. Ebenfalls hohes Gefährdungspotential weisen die Land- und Forstwirtschaft mit einem Wert von 60 sowie der Bereich Verkehr und Logistik mit 46 auf. 

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