Über Influencer

So wurde Romy Wölfl berühmt

Von Klaus Nissen

Die Influencerin Romy Wölfl schaffte es, über das Internet zur bekanntesten und beliebtesten Karbenerin zu werden.  Abseits traditioneller Medien machen Influencer Werbung für Waren und Dienstleistungen . Und sammeln dabei eine riesige Gefolgschaft ein.

Über Influencer

Wir treffen Romy Wölfl im Café Künkel, wo erstens ein recht leckerer Kaffee serviert wird und zweitens eine braun gepolsterte Sitzbank gut mit der knallroten Wand kontrastiert. Die bekannteste Karbenerin ist in einer eng geschnittenen, leuchtend blauen Jacke erschienen. Darunter trägt sie eine schwarze Bluse. Das Ensemble passt prima zu den grünlichen Augen des 31-jährigen Social Media-Stars. Romy Wölfl wird hier nicht erkannt, weil gerade ältere Menschen im Café sitzen. Jüngere dagegen sprechen die schlanke Frau mit den langen blonden Haaren nicht nur in Karben auf der Straße an. Sie haben sie schon oft gesehen, auf Youtube, Instagram oder Facebook.

Romy Wölfl im Café Künkel. Foto: Nissen

In diesen Internet-Medien versammelt Romy Wölfl mehr Fans und Freunde als jeder andere Karbener. Auf Youtube lassen sich 57 102 Menschen benachrichtigen, sobald sie ein neues Video einstellt. 2500 Menschen schauen es dann auch tatsächlich an. Auf dem Junge-Leute-Portal Instagram zählen 35 600 Menschen zu ihren Abonnenten. Wenn Romy da wieder ein Foto von sich einstellt, drücken mindestens 400 „Follower“ ihr Entzücken aus.

Jedes Foto ist in zwei- bis dreistündiger Arbeit sorgfältig komponiert, erzählt Romy Wölfl. Das jüngste Bild zeigt sie mit einem Kaffee an einem Tisch im Freien. Sie trägt dabei Pulli, Schal und eine karierte Hose, die laut Romy „ein bisschen stretchig“ ist und sich prima mit einem Business-Outfit kombinieren lässt. „Bombe“, kommentiert Follower Martin80, und viele andere setzen anerkennende Emojis hinzu. Oder erzählen, wo sie selber den aktuellen Frühlingsanfang erleben. Eine Instagram-Freundin meldet sich gar aus Neuseeland. Und Romy hat fleißig auf viele dieser Reaktionen geantwortet. Es ist nämlich Fleißarbeit, berühmt zu bleiben, bekennt sie im Café Künkel. Genauer gesagt: „Es ist ein Vollzeitjob.“ Und wer nicht wenigstens alle drei Tage ein neues Foto auf Instagram stellt, wird vergessen. „Man rutscht schnell auf der Liste nach hinten.“

Affiliate-Marketing ist wirksam

Romy Wölfl muss aber bekannt bleiben, damit sie Geld verdient. Sie ist Influencerin. Stilbildnerin und Meinungsführerin in Sachen Bekleidung, Schmuck, Makeup und Lebensstil. Sie ist Meisterin im Empfehlungs-Marketing, für das es den Fachbegriff Affiliate und eine ganze Wissenschaft gibt.

Dieser Beruf habe sich für sie vor Jahren aus ihrer Lust am Präsentieren ergeben, sagt die junge Frau. „Ich kann Leute auf der Straße ansprechen. Ich habe keine Berührungsängste.“ Schon die Abschluss-Gala in der Schule habe sie auf der Bühne moderiert. Bald bekam sie wegen ihres guten Aussehens auch Aufträge als Model. Eins ihrer beruflichen Standbeine sind nun Moderationen und Videos von Messen und Firmen-Events. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Mann Mario, der auch mal in einem Netz-Video zu sehen ist. „Als Paar kommt man immer gut an“, weiß die Karbenerin. Kein Wunder, dass sie im Netz gerade den elften Beziehungs-Geburtstag feierte und auch das Restaurant fotografierte, in das Mario sie zu diesem Anlass führte.

Das Prinzip des Affiliate-Marketing ist simpel: Ein netter, ansehnlicher und kontaktfreudiger Mensch wie Romy Wölfl mit sehr großem „Freundes“-Kreis zeigt auf den diversen Social-Media-Plattformen nette Klamotten, Schmuckstücke, Autos, Kosmetikartikel. Sie erklärt, warum sie diese Sachen gut findet und nennt dabei auch die Marke des Verkäufers. Das kann mal die Drogeriekette DM sein, der Textilkonzern H&M, die Creme-Marke Nivea, aber auch ein Reiseveranstalter wie Thomas Cook. Diese Firmen bezahlen für die positiv stimmenden Videos und Fotos. „Man ist für sie ein günstiger Werbepartner“, bekennt Romy Wölfl. Eine Umsatzbeteiligung winkt den Influencern, wenn sie mit ihren Online-Empfehlungen Gutschein-Codes veröffentlichen, bei deren Nennung die Käuferin den Artikel billiger bekommt.

Empfehlungen müssen glaubwürdig sein

Aber niemals würde Romy Wölfl Sachen empfehlen, die sie nicht mag. Der Web-Auftritt muss echt sein, sagt sie. „Die Zuschauerinnen wollen, dass ich die beste Freundin oder Nachbarin für sie bin.“ Deshalb beantwortet sie auch manche Reaktion im Netz. Und dreht  ihre Videos daheim. Allerdings steht Romy dabei so nahe an der Kamera, dass man nicht immer das ganze Kleidungsstück sieht, das sie hoch hält. Geschweige denn eine Totale des Wohnzimmers. Denn ihre Privatsphäre will die 31-Jährige wahren. Bei einer „Room-Tour“ durch die Wohnung würde sie kompletten Einblick höchstens in ihren Schuhschrank gewähren, erfährt der Reporter im Café Künkel. Sie sei zwar Influencerin, aber nicht so wie die Kardashians, die auch ihre Schwangerschaft oder ihre Kinder ins Business einbringen. Romy Wölfl teilt mit ihren zigtausend Abonnenten lieber ein gutes Rezept fürs leckere Abendessen. Oder eine Impression vom ersten Frühlingsspaziergang.

Ihre Berühmtheit nutzt die junge Frau auch für ihre zweite Karriere als Autorin. Sie verfasst unter dem Pseudonym Romina Wolf Liebesromane. Das erste Buch heißt „Im Schatten der Seevilla“, das zweite „Im Schatten der ewigen Sehnsucht“. Die Geschichte einer Frau, die sich nicht zwischen ihrem Partner und ihrer Jugendliebe entscheiden kann – eingepackt in einen rosa- und türkisfarbenen Einband nach dem Geschmack ihres weiblichen Lese-Publikums. Sie wolle weiter Bücher schreiben, kündigt Romy Wölfl an. Nicht, um davon zu leben. Das Honorar gehe an die Kinderkrebshilfe. In ihrer Familie gab es gerade einen Todesfall durch Krebs – und der hat Romy Wölfl sehr getroffen. Man sollte sie nicht für oberflächlich halten, nur weil sie gut aussieht, schicke Sachen mag und Liebesromane schreibt.

 

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