Teilhabeberatung

Erste Erfahrungen in der Wetterau

Von Elfriede Maresch

Die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) ist ein bundesweites Beratungsangebot für alle Menschen mit Behinderungen und für von Behinderung Bedrohte. Gefördert wird diese Leistung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Im Zuge einer bundesweiten Ausschreibung 2017 erhielt auch der Betreuungsverein im Diakonischen Werk Wetterau (DWW) den Zuschlag. Nun stellten im Friedberger Haus der Diakonie in der EUTB tätige Fachkräfte die Maßnahme vor, boten erste Erfahrungsberichte und Gelegenheit zum Austausch. Mehr als 40 Fachkräfte aus Behinderteneinrichtungen, aber auch Ehrenamtliche aus Selbsthilfegruppen oder als gesetzliche Betreuer Tätige waren gekommen.

Antwort auf einen Notstand

Die stellvertretende Vorsitzende des Betreuungsvereins Anny Rahn-Walaschewski. (Fotos: Maresch)

„Wohnen, Arbeit, Mobilität, Hilfsmittel und Assistenz, Rehabilitation, Selbsthilfegruppen – Teilhabe hat viele Facetten, muss auf vielen Ebenen umgesetzt werden. Dabei hilft die EUTB. Nutzen Sie die Vielfalt für sich!“ betonte die Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch in ihrem Grußwort. Durch die Veranstaltung führte die stellvertretende Vorsitzende des Betreuungsvereins Anny Rahn-Walaschewski. „Jeder Mensch wird zur Teilhabe geboren, nicht zum Erleiden einer Randexistenz“ betonte sie und nannte das Bundesteilhabegesetz „die Antwort auf einen Notstand“, auf die zögerliche, noch lang nicht konsequent genug umgesetzte UN-Behindertenrechtskonvention. Sie freute sich über die Interessierten aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern und schilderte die EUTB als „Hilfe, bei der guter Rat nicht teuer ist“. Anny Rahn-Walaschewski verwandte Bilder wie Kompass und Lotse, aber: „Der Ratsuchende ist der Kapitän!“ Die in der EUTB tätigen Kräfte werden von einer Fachstelle beraten und weitergebildet, die wissenschaftliche Begleitung des Projektes erfolgt durch die Wilhelm v. Humboldt-Universität Berlin.

Jutta Merkel, Koordinatorin der EUTB Wetterau, berichtete aus der Arbeit des Teams, in dem drei Haupt- und zwei Ehrenamtliche tätig sind. Jutta Merkel ist Diplom-Sozialarbeiterin mit 20 Jahren Beratungserfahrung und bietet unter anderem seit einigen Jahren beim DWW für Menschen mit Behinderungen die Beratung zum persönlichen Budget an. Sie wies auf ein wichtiges Element der EUTB-Arbeit hin, die Beratung von Betroffenen durch andere, ebenfalls von Behinderung Betroffene, das sogenannte Peer Counseling.

Studieren der Seekarte

Das leistet zum einen Axel Heiderhoff, der selbst Zeiten psychischer Krisen erlebt hat und im Schulpräventionsprojekt „Verrückt – na und?“ seine Erfahrungen weitergibt, um Verständnis zu wecken und zugleich über Krisenbewältigung zu informieren. Auch Hubertus Ellerhusen leistet Peer Counseling. Der blinde Verwaltungsjurist war lange Zeit ehrenamtlich in der Schuldnerberatung des DWW tätig. „Ich kann viele frühere Erfahrungen einbringen, bin aber auch am Studieren der Seekarte“ meinte er, das Bild von Anny Rahn-Walaschewski aufgreifend. Ein Kurzfilm, mit Gebärdensprache unterlegt, gab weitere Detailinformationen zur EUTB, verwies auch auf das Aufsuchen im häuslichen Bereich bei nicht mobilen Ratsuchenden.

Das Wetterauer EUTB-Team: (von links) Axel Heiderhoff, Hubertus Ellerhusen, Anny Rahn-Walaschewski, Jutta Merkel.

Vielfalt drückte sich in den Erfahrungsberichten des EUTB-Teams aus. Ein gesetzlicher Betreuer suchte für eine geistig behinderte Mutter mit Kleinkind eine bessere Wohnumgebung als das spannungsreiche Feld in ihrem Elternhaus. Eine Seniorin mit Behinderung wünschte sich begleitete Reisemöglichkeiten und konnte auf einige Projekte aufmerksam gemacht werden. Etliche Anfragen kamen zum Schwerbehindertenausweis, zu dem Schutzstatus, den er ausdrückt, weitere zu beruflichen Trainingsmaßnahmen. Die Ehefrau eines 42-jährigen erblindeten Mannes mit rapide fortschreitender Multipler Sklerose kann ihn nicht mehr zu Hause pflegen, suchte aber ein Pflegeheim, das nicht auf Menschen im Seniorenalter zugeschnitten ist. Die EUTB-Fachkräfte konnten sie an zwei Einrichtungen „Junge Pflege“ in Hanau und in Gießen verweisen.

EUTB wird in Nidda und in Friedberg in barrierefreien DWW-Räumen angeboten, es können aber auch Termine in Butzbach, Büdingen und Karben angeboten werden. Terminabsprache unter Telefon 06043/9640-270.

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