Solarpark

Solarmodule auf dem Acker

Von Klaus Nissen

Rund 18 000 Solarmodule will ein Projektentwickler am Aussiedlerhof eines Landwirts in Karben bauen. Es wäre die erste Anlage auf einem fruchtbaren Acker.

Erster Protest gegen Solarpark

Viele tausend Solarstrom-Paneele liegen schon auf Wetterauer Hausdächern. Noch viel mehr Energie und Geld würden Solarparks bringen – ganze Felder von Modulen, die direkt auf dem Boden montiert werden. In der Wetterau gibt es bislang nur in Wölfersheim und Büdingen so eine Anlage.

Auf diesem Areal am Wald südöstlich von Burg-Gräfenrode im Herzen des Wetterauhreises zeichnete der Projektentwickler in Blau das Solarfeld ein. Die grüne Linie zeigt den vorgeschlagenen Verlauf der 1,2 Meter unter den Boden zu legenden Stromtrasse. Alles könne man aber noch verändern, sagte der Projektentwickler. Repro: Nissen

Nun plant die in Altenstadt und Ranstadt sitzende MMR-Projekt-GmbH. den Bau eines Photovoltaik-Kraftwerkes. Sie will es auf gut elf Hektar, also 110 000 Quadratmetern neben einem Aussiedlerhof am Kaicher Weg südöstlich des Karbener Stadtteils Burg-Gräfenrode bauen. Vom Landwirt, dessen Dächer schon Solarpaneele tragen, hat sich Firmenchef Robin Lehmberg eine Pachtoption für die Felder am Hof geben lassen.

Fast 19 000 in langen Reihen aufgestellte Module würden bei Sonnenschein gut zwölf Megawatt Strom produzieren. Pro Jahr könnten sie gut 14 Millionen Kilowattstunden ins Netz speisen, erzählte der MMR-Projektentwickler Maximilian Kaule. Sein Publikum bestand Anfang September 2024 aus dem vierköpfigen Ortsbeirat und zwei Dutzend Anwohnern.

Die Stadt bekommt 0,2 Cent je Kilowattstunde


Laut Kaule hätten alle Karbener nur Vorteile vom Solarpark. Die Stadt bekäme 0,2 Cent für jede Kilowattstunde – übers Jahr bis zu 28 000 Euro. Außerdem würde ihr ein neuer Gewerbesteuerzahler zuwachsen. Der Landwirt würde seinen Acker für gutes Geld an den Projektentwickler verpachten. Alle Karbener mit Ersparnissen lud Kaule ein, über eine Beteiligung am Solarpark nachzudenken. Vielleicht wäre ja auch die OVAG mit an Bord.

Schnell ging es in technische Details: Die Module könnte man senkrecht montieren. Mehr Ertrag böten aber gen Süden geneigte Modulreihen auf dem Flurstück „In den 30 Morgen“ zwischen dem Aussiedlerhof und dem Stadtwald „Hochholz“. Das Gelände fällt leicht nach Norden ab, ist von Roggau aus gut sichtbar.

Der Blick geht vom möglichen Solarfeld über Burg-Gräfenrode und Wöllstadt auf die drei dort stehenden Windkkraftanlagen und den Taunus. Das Teleobjektiv lässt dabei die Entfernungen kleiner wirken, als sie real sind. Foto: Nissen

Auch den Abtransport des Solarstroms haben Kaule und das Team der MMR-Projekt GmbH im Blick. Man bräuchte ein fünf Kilometer langes Erdkabel, das in der Powerpoint-Projektion durch den Ostteil Burg-Gräfenrodes und den Süden Nieder-Wöllstadts verläuft. Ziel ist die Umspannstation am Bahnhof des Nachbardorfs. Dort wäre laut Projektion auch Platz für Batteriespeicher oder eine Wasserstoff-Produktion. Der Kabelverlauf durch den Ort sei „nicht in Stein gemeißelt“, versicherte Kaule, als Karbens Bürgermermeister Guido Rahn protestierte. Man könne ja auch draußen herum graben.

„Lebensmittel wichtiger als Energie“

Schon während des Vortrags in der Gaststätte „Zum Meterche“ meldeten sich Bürger zu Wort. Ähnlich hektisch wie Kaule äußerten sie Bedenken. Er wolle auf die schöne Landschaft gucken und nicht auf rechteckige Solarzellen, protestierte ein Roggauer. Wertvolles Ackerland würde südöstlich von Burg-Gräfenrode geopfert, mahnte ein Landwirt. „Mir sind Lebensmittel wichtiger als die Energieerzeugung!“ Kaule konterte: Zwischen den Modulen könnten Ziegen und Schafe grasen. Das sei ja auch Landwirtschaft.

Doch man hörte auch anderes. Auf Solarfeldern sei mit einer höheren Pflanzenvielfalt und mehr Hamstern und Feldlerchen zu rechnen, meinte ein junger Mann. Ein Senior: Auch für den Haus- und Straßenbau werde stets Ackerland geopfert. „Photovoltaik ist eine Möglichkeit, hier Energie zu erzeugen. Irgendwas kostet es immer, dass der Kühlschrank läuft.“

Alternative neben städtischer Biogasanlage

Am Ende zog der Bürgermeister ein Fazit. Die Solarpark-Idee treffe auf Kritik – aber nicht auf komplette Ablehnung. Um die Jahreswende könne man weiter darüber reden. Auf jeden Fall wäre ein Bebauungsplan notwendig. Das Solarfeld könnte ja auch hinter dem Wald gebaut werden, überlegte Rahn laut. An der Straße von Groß-Karben nach Heldenbergen besitze die Stadt 20 Hektar eigenes Land. Nebenan liegt die teils städtische Biogasanlage mit eigenem Strom-Einspeisepunkt. Und die Stadt habe mit der Karben Energie GmbH eine eigene Firma, die sich mit Solarmodulen auskennt.
Wo Solarfelder möglich sind

Die grünen Kuppeln gehören zur Biogas-Anlage an der Straße von Groß-Karben nach Heldenbergen. Daneben könnte die Stadt Karben vielleicht auf eigenem Land ein Solarfeld errichten, überlegte Bürgermeister Guido Rahn beim Treffen in Burg-Gräfenrode. Foto: Nissen

Bislang hat die Wetterau nur in Wölfersheim ein großes Areal, auf dem Solarmodule stehen. Eine Firma aus Norddeutschland und die Gemeinde installierten auf dem Gelände des früheren Braunkohlekraftwerks rund 22 000 Module. Sie speisen pro Jahr rund 4,9 Millionen Kilowattstunden grünen Stroms in das noch aus Braunkohle-Zeiten bestehende Umspannwerk. In Büdingen gibt es ein weiteres, kleineres Freiflächen-Solarfeld.

Solarparks inzwischen auch ohne Zuschüsse rentabel

Weitere Solarparks dürfen auch auf guten Ackerböden entstehen. Ein Hindernis ist dabei lediglich die Einstufung der Flächen als „Vorranggebiet für Landwirtschaft“ im regionalen Flächennutzungsplan. Sie könnte mit einem Zieländerungsverfahren abgeschafft werden. Vor Ort noch nicht ausgetestet ist, ob Investoren die Solarparks noch als „Landwirtschaft“ gelten lassen können, wenn sie Hühner, Gänse, Schafen oder Ziegen zwischen den Modulreihen grasen lassen. Eine Agri-Photovoltaikanlage wäre deutlich teurer, weil die Module 1,60 Meter über dem Boden liegen müssten, damit darunter Pflanzen angebaut werden können.

Auf einer eingezäunten, videoüberwachten Wiese betreibt eine Firma aus Norddeutschland gemeinsam mit der Gemeinde Wölfersheim den bislang größten Solarpark der Wetterau. Installiert sind gut 22 000 Module. Foto: Nissen

Große Freiflächenanlagen sind laut der Hessischen Landesenergieagentur inzwischen auch ohne staatliche Förderung rentabel. Wenn es Zuschüsse geben soll, stellt der Staat Bedingungen. Den Bau duldet er nur dann auf „landwirtschaftlich benachteiligtem Gebiet“, das auf einer Karte der Agentur vor allem im Taunus und weiter östlich ab Ranstadt eingezeichnet ist. Auch an einem 200 Meter breiten Streifen entlang Autobahnen und Bahnstrecken dürfen Solarparks gebaut werden, außerdem auf schon versiegelten Flächen, auf ehemaligen Deponien oder Gewerbe-Grundstücken.

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