Nidda 3.0

Von der Quelle bis zur Mündung

Von Elfriede Maresch

Punktgenau zu den ersten Sonnentagen hat Frank Uwe Pfuhl den Wander-Radfahr-Naturentdeckungsführer „Nidda 3.0“ herausgegeben. Die 90 Kilometer Flusslänge von der Quelle bis zur Mündung sind samt den Ortschaften am Ufer, den historischen Sehenswürdigkeiten und Gesprächen mit sachkundigen Bürgern detailliert beschrieben.

Urwälder und 23 Fischarten

Frank Uwe Pfuhl, Leiter eines Fachbüros für ökologische Planung und Regionalentwicklung, hat den Lauf der Nidda mit ebenso viel Sachverstand wie Liebe zur Natur beschrieben.

Pfiffiges Detail: Ergänzende Audiobeiträge des Buches können über den QR-Code auf dem Smartphone abgehört werden – auch oben auf dem Hoherodskopf, am Florstädter Stern oder an der Wörthspitze bei der Mündung in den Main. Ebenso kann man über den angegeben Internetpfad die Beiträge zu Hause am Computer anhören oder auf einen MP3-Player laden. Zu allen Beiträgen sind die geografischen Koordinaten angegeben. Ebenso finden sich Hinweise auf begleitende oder in der Nähe liegende Rad-, Nah- und Fernwanderwege, auf Karten des Gebietes im wandererfreundlichen Maßstab.
Schon beim Durchblättern zeigen die Bilder die Vielfalt der Kleinlandschaften entlang der Nidda: Basaltfelsen, Hochmoor, Forellenteiche am Hoherodskopf, nicht zu vergessen das Naturschutzinformationszentrum. „Urwälder“ folgen, entwurzelte, umgeknickte, von Zunderschwämmen bewachsene Bäume mitten zwischen jungem Aufwuchs in Naturwaldreservat „Niddahänge östlich Rudingshain“. Unterhalb Schotten liegt die Niddatalsperre, ein Bauwerk zum Hochwasserschutz, inzwischen Heimat von 23 Fischarten, von Wat- und Wasservögeln.

Lebensvoller „Urwald“: das Naturwaldreservat „Niddahänge östlich Rudingshain“ wurde komplett aus der forstlichen Bewirtschaftung genommen.

Vulkantuffgestein wie auf den Osterinseln

Über Fischarten und Wasserqualität in der Nidda gibt es viel in einem Gastbeitrag des Bad Vilbeler Gewässerökologen Gottfried Lehr zu erfahren. Vulkantuffgestein wie sonst nur auf den Osterinseln in Nidda-Michelnau, Heilquellen und ein alter Park in Bad Salzhausen, Acker-Gelbstern, Quendel-Kreuzblume und andere botanische Raritäten im Naturschutzgebiet „Am Faulenberg“ bei Dauernheim, Froschgequak und seltene Vögel, Rot-, Braun-, Schwarz- und Blaukehlchen im Naturschutzgebiet „Im üblen Ried“ bei Wallernhausen – Pfuhl macht neugierig. Er beschreibt ausführlich die zum Teil renaturierten Niddaauen, die Arten, die hier

In Abendlicht getaucht: die Niederwiesen bei Ilbenstadt, Lebensraum für wassergebundene Tier- und Pflanzenarten. (Fotos: Pfuhl)

wieder Lebensraum gefunden haben: Kiebitze, Weißstörche, Bekassinen und mehr. Verwunschen: die Mündung des Mühlbachs in die Nidda bei Staden mit den blühenden gelben Wasserrosen im Frühsommer, die alten Bäume im Park des Löw´schen Schlosses, die mit Fachwerk überbaute Brücke. Die Freizeitroute Florstädter Stern ist ebenso wenig vergessen wie das ehemalige Zisterzienserkloster Wickstadt und die einsam im Wald stehende Wallfahrtskirche Maria Sternbach. In Assenheim, wo die Wetter einmündet, konnte die Nidda mit flach auslaufenden Ufern renaturiert werden, ebenso in Richtung Ilbenstadt hin gibt es wieder Überflutungszonen, Querriegel, kleine Bögen im Flussbett. Imposant liegt auf einem Geländeanstieg die romanische Klosterkirche Ilbenstadt.

Musterbeispiel der Renaturierung

Landschaftspfleger mit Wuschelfell: Extensivrinderarten beweiden die Niederwiesen zwischen Ilbenstadt und Nieder-Wöllstadt in friedlicher Nachbarschaft mit Fröschen, Watvögeln und Störchen. Mit etwas Glück entdeckt man von der Aussichtsplattform am Naturschutzgebiet Ludwigsquelle kurz vor Okarben die seltene Helm-Azurjungfer, eine wärmeliebende Libelle. Familienfreundlich: Rapps Naturerlebnisgarten in Karben mit Weidenlabyrinth,

Die Seufzerbrücke, Hingucker in Staden.

Barfußpfad, Fühlkästen. Ein Musterbeispiel der Renaturierung ist das Niddaknie bei Rendel mit Inselchen, Kiesbänken, tief hängenden Weidenbäumen. Wasser hat selbst die Architektur Bad Vilbels geprägt: die Kopie des römischen Mosaiks mit Tritonen, Nymphen, Flusspferden; die mittelalterliche Wasserburg, jetzt Festspielstätte; die Bibliotheksbrücke und den Kurpark. Pfuhl informiert über das Flussmanagementprojekt NiddaMan, schildert die letzten Nidda-Kilometer mit dem Berkersheimer Bogen, der Schwanheimer Düne, Heimat wärmeliebender Amphibien- und Insektenarten.

Auf der Schwanheimer Düne fühlen sich wärmeliebende Insekten und Amphibien wohl.

Die Nidda, ein Flussidyll? Nicht umsonst hat Pfuhl den Buchtitel „Nidda 3.0“ gewählt. Die „erste Nidda“ war der dynamische Fluss vor der Begradigung mit einer Vielzahl von artenreichen Biotopen im Wasser, an den Ufern. In den 50-er und 60-er Jahren wurde die Nidda in ein schnurgerades, steingefasstes Bett gezwängt, aus 120 Flusskilometern wurden 90, seltene Tier- und Pflanzenarten verschwanden. Es kostet Mühe, Sachverstand, Einsatz öffentlicher Mittel wie auch die Hilfe Ehrenamtlicher, aus „Nidda 2.0“ wieder „Nidda 3.0“ zu machen, ein zunehmend renaturiertes, dynamisches Gewässer, was immerhin auf 20 Flusskilometern gelungen ist. Mehrfach zeigt Pfuhl detailliert die Rückverwandlung vom Kanal zum Lebensraum, nennt die Nidda einen „schwer kranken Patienten mit guten Heilungsaussichten.“
Pfuhl, in Assenheim aufgewachsen, kennt noch aus Erzählungen und Kindheitserlebnissen Teile von „Nidda 1.0“, die Verluste durch „Nidda 2.0“ und setzt sich aktiv für die Ausdehnung von „Nidda 3.0“ ein, übrigens auch aus Gründen des Hochwasserschutzes. Er ist Naturschutzaktivist, Vorsitzender der NABU-Umweltwerkstatt Assenheim. Hauptberuflich betreibt er „LandKonzept“, ein Fachbüro für ökologische Planung und Regionalentwicklung. Er ist Verfasser mehrerer Bildbände und Wanderführer zu Vogelsberg und Wetterau.

Das Buch „Nidda 3.0 –Entdeckungsreise von der Quelle bis zur Mündung“ mit 255 Farbfotos, 288 Seiten und 34 Audiodateien ist im Morlant-Verlag erschienen. Es kostet 16,90 Euro und hat die ISBN-Nummer978-3-947012-00-8.

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