Andere Quellen, mehr Methan
Am Mittwoch nach Ostern 2020 legte ein Techniker der Oberhessengas den Hebel um. Seitdem strömt Erdgas mit höherem Brennwert zu den Kunden nach Wölfersheim, Nidda, Schotten, Hirzenhain, Gedern, Atzenhain, Lich, Hungen, Laubach und Grünberg. Dazu müssen Techniker zweimal in jedes Haus. Das gibt manchmal richtigen Ärger.Neues Erdgas für Oberhessen
In Limeshain und Ober-Mörlen ist die Umstellung schon passiert. Die dortigen Kunden beliefert die Oberhessengas mit H-Gas, das deutlich mehr Energie hat. Das Gas fließt in Pipelines aus Russland und Norwegen in die Wetterau, sagt der Oberhessengas-Geschäftsführer Markus Summ. Es enthält etwa 15 Prozent-Anteile mehr Methan als das bislang genutzte Erdgas aus deutschen und niederländischen Bohrlöchern. Deren Ausbeute geht seit Jahren zurück. Nun bekommen die Herde und Gasheizungen einen Brennstoff, dessen Energiegehalt von 8,2 auf elf Kilowattstunden je Kubikmeter steigt. Seit dem 15. April 2020 beliefert die Oberhessengas auch ihre weiteren Kunden in der östlichen Wetterau, in Schotten, Mücke und im Kreis Gießen mit der neuen Energie.
Seit November 2019 sind deshalb Techniker im Auftrag des gemeinsamen Gasversorgers der Ovag und der Mainova unterwegs. Sie mussten laut Markus Summ bei allen 7500 Kunden feststellen, welchen Typ und welches Alter die Gasheizungen und -herde haben. Die müssten auf die neue Gasqualität eingestellt werden, sagt Summ. Manche durch ein Software-Update, andere durch den Austausch von Düsen. Bei ganz alten Gasheizungen raten die Experten auch zum Austausch. Der Versorger gibt dann unter bestimmten Umständen einen Hundert-Euro-Zuschuss. Die Umstellung der Geräte erfolgt bei einem zweiten Hausbesuch. Die ganze Prozedur ist für die Kunden kostenfrei, so Markus Summ. Rund 2000 Geräte habe man inzwischen angepasst.
Das geht nicht immer friedlich ab. Gelegentlich weigern sich laut Markus Summ Kunden, den Techniker ins Haus zu lassen. Dort müsse man sich den Zugang ins Haus leider mit richterlicher Anordnung erzwingen. Möglich wird das durch Paragraph 19 des Energiewirtschaftsgesetzes. Darin heißt es sinngemäß: Der Anschlussnehmer muss dem Netzbetreiber den Zugang zum Endgerät ermöglichen – die im Grundgesetz verankerte Unverletzlichkeit der Wohnung wird dadurch eingeschränkt.
Ein Kunde will keinen Monteur im leeren Haus
In der Wetterau spielt sich gerade so ein Konflikt ab. Er eskaliert zwischen der Oberhessen-Gas und einem Rentner aus dem östlichen Kreisgebiet. Der hätte am 1. April nach eigenem Bekunden die Erdgas-Leute durchaus zur Heizungsumstellung in seinen Keller gelassen. Doch er ist nicht daheim, sondern in Asien. Weil sein Rückflug für den 22. April gebucht war, nannte die Oberhessengas den 24. April als Ausweich-Termin zur Heizungsumstellung. Doch wenige Tagen zuvor ließ die Airline den Rückflug wegen der Corona-Epidemie ausfallen.
Bis zur zeitlich ungewissen Rückkehr des Mannes kann die Oberhessengas nach Auskunft ihres Geschäftsführers Markus Summ nicht warten. Bei einem Gespräch vor Ort habe man der Mieterin die Dringlichkeit klar gemacht, schrieb der Versorger dem fernab festsitzenden Rentner. Er möge bitte den Schlüssel zu seinem Keller zur Verfügung stellen. Am 3. April verstärkte eine Berliner Anwaltskanzlei im Auftrag der Oberhessengas den Druck. Sie schrieb dem Rentner: Der Gasversorger könne sich nicht darauf verlassen, dass die Heizung abgeschaltet sei. Zu groß sei das Risiko, dass bei einer fehlerhaften Verbrennung zu viel giftiges Kohlenmonoxid die beiden Mietparteien gefährde. Wenn er den Monteur am 16. April nicht ins Haus lasse, müsse man sich mit richterlicher Anordnung Zugang zur Gasleitung verschaffen und sie sperren.
Das bringt den in Asien festsitzenden Wetterauer auf die Palme. Er habe die Heizung vor seiner Abreise ausgestellt, mailte er dem Versorger zurück. Sie würde nur dann anspringen, wenn draußen Frost herrscht. Er habe keinen Schlüssel für sein Wohnhaus parat. „Sie können auch niemandem vorschreiben, Schlüssel irgendwo zu hinterlegen. Das ist alleine meine Angelegenheit und Entscheidung.“
Der empörte Rentner bombardiert nun die Ogas mit Mails
Der empörte Rentner begann, das Management des Gasversorgers und die Anwaltskanzlei mit zahlreichen Beschwerde-Mails einzudecken. Die Botschaft: „Ich gebe der Oberhessengas Netz GmbH eine eidesstattliche Versicherung, und die Oberhessengas Netz GmbH will nichts zur Kenntnis nehmen. Das ist Diktatur. Also: Eine abgeschaltete Gas-Anlage kann unkalkulierbaren Schaden anrichten. Richtig ? Hier kommt absolute Respektlosigkeit gegenüber dem Kunden zum Ausdruck. Man hält den Kunden für einen nicht vertrauenswürdigen Vollidioten. Meinen Sie, dass es in meinem Interesse liegt, dass mein Haus in die Luft fliegt, Gas austritt, ein Brand entsteht oder andere zu Schaden kommen? Alles nicht zu fassen!“ Falls jemand sein Grundstück beträte, sei das Hausfriedensbruch. Per Mail schickte der Erdgas-Kunde eine förmliche Beschwerde gegen die Oberhessengas an deren Aufsichtsratsvorsitzenden Oswin Veith.
Der Gasversorger ist gesetzlich zur Kontrolle der Heizung verpflichtet, beharrt der Oberhessengas-Geschäftsführer Markus Summ. Der Kunde wisse das seit gut zwei Jahren. „Wir haben ihn freundlich um Zugang gebeten. Wir wollen ihm ja nichts Böses.“ Kurz nach Ostern 2020 verschaffte sich die Oberhessengas mit richterlicher Rückendeckung Zugang zum Haus des Wetterauers und sperrte die Gasleitung ab. Die Kosten für diese Zwangsvollstreckung will man dem Wetterauer in Rechnung stellen.
Die Oberhessengas Netz GmbH (61169 Friedberg/Hessen) hat am 17.04.2020 wg. der Gasumstellung per einstweiliger Verfügung eine zwangsweise Wohnungsöffnung veranlasst zwecks Ausbau des Gaszählers und Sperrung der Gasleitung meines Hauses in Deutschland; das Heizungsgerät wurde bei dieser Gelegenheit nicht angepasst. Gerichtsbeschluss vom 07.04.2020 am 16.04.2020 mitgeteilt per Einwurf in den Briefkasten in Oberhessen. Am 17.04.2020 in der Frühe vollstreckt. Der Beschluss wurde mir nach vollbrachter Tat per E-Mail am 17.04.2020 nachmittags nach Thailand übermittelt. Hier handelt es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des Bürgers, insbesondere, wenn diese Maßnahme (zwangsweise Wohnungsöffnung) – wie im vorliegenden Fall – ohne vorherige Kenntnis und in Abwesenheit des Betroffenen erfolgt. Ich sitze derzeit in Thailand fest (nur bis Ende April voraussichtlich) und kann meinen Mitwirkungspflichten praktisch und faktisch auch beim besten Willen nicht nachkommen. Vor einer zwangsweisen Öffnung der Wohnung muss mir Gelegenheit gegeben werden, meinen Verpflichtungen freiwillig nachzukommen. Ich habe nie Zweifel daran gelassen, dass ich hier freiwillig mitwirken will (aber leider jetzt momentan gehindert bin / höhere Gewalt / vorübergehende Unmöglichkeit). Ein Schlüssel zur Wohnung war in Gedern nicht hinterlegt. Meine Anlage ist/war abgeschaltet (bei Frostschutzüberwachung). Dies wurde
eidesstattlich versichert. Das war für die Oberhessengas Netz GmbH kein Grund, nicht von dieser Zwangsmaßnahme abzulassen. Der Einwurf, meine abgestellte Anlage könnte wegen eines Defektes oder einer Fehlfunktion anspringen, ist an den Haaren herbeigezogen. Sie läuft seit über 20 Jahren tadellos. Bei einer Fehlfunktion oder Defekt geht die Anlage -aus Sicherheitsgründen- auf Störung (aus) (lt. Hersteller VIESSMANN). Daneben wird die Funktionstüchtigkeit der Gasheizung regelmäßig auch durch Kaminkehrer überprüft. Es geht hier um die angebliche Gefahr für Leib & Leben Dritter (Mieter im Hause), wenn eine unangepasste Anlage mit H-Gas betrieben werden würde. Meine Anlage ist/war quasi ausgeschaltet und kann auch nicht von alleine anspringen. Kein Betrieb – kein Betrieb mit H-Gas – keine Gefahr von CO-Ausstoß (Kohlenmonoxid-Vergiftung). Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung ist die sogenannte Dringlichkeit, d.h. es muss wirklich eilig sein. Hier war/ist keine konkrete Gefahr abzuwehren. Die Maßnahmen waren/sind zudem in diesem Falle „grob unverhältnismäßig“. Es geht hier ja auch nur um eine Verzögerung von wenigen Tagen (wie gesagt: Anfang Mai etwa können wir schon wieder vor Ort sein). Das alles ist hier reine Schikane und Willkür.