Marburger Nachtmarathon

Enormer Ansturm

Von Helmut Serowy

Marburg an der Lahn – der Begriff steht für das hoch über dem Lahntal thronende Landgrafenfschloss, die erste – 1527 durch Philipp den Großmütigen gegründete – evangelische Universität, die romantisch wirkende Altstadt mit ihren spätmittelalterlichen Fachwerkhäusern in der verwinkelten Ober- und Unterstadt, die Heilige Elisabeth und die Elisabeth-Grabeskirche. Marburg an der Lahn – das steht auch für den Langstrecken- und Ultra-Langstreckenlauf.

1900 Teilnehmer

Zahlreiche hessische Meisterschaften wurden im Georg-Gassmann-Stadion und im Rahmen des Marburger Stadtlaufes über 10 Kilometer ausgetragen. Der Fokus der rührigen Organisatoren des Ultra-Sport-Club Marburg liegt bei den Traditions-Veranstaltungen „Lahntallauf“ und „Nachtmarathon“ bei den längeren Distanzen. Innerhalb des Marburger „Lahntallaufes“ bieten sie Anfang März auf vermessenen Strecken 10, 30 und 50 Kilometer sowie Halbmarathon und Marathon an. Zweimal wurden hier bereits die Deutschen 50-Kilometer-Meisterschaften ausgerichtet. Im Juli starten dann Halbmarathon- und Marathon-Läufer sowie Marathon-Staffeln gemeinsam auf dem historischen Marktplatz unterhalb des Landgrafenschlosses zum „Nachtmarathon“.

Überwältigt waren die Veranstalter über den enormen Ansturm zum 24. Marburger Nachtlauf. Nach zweijähriger Corona-Pause starteten die Rennen im letzten Jahr bereits mit beachtlichen 1400 Meldungen. In diesem Jahr zeigten schon knapp 1900 Läuferinnen und Läufer Interesse an einem Start über Marathon und Halbmarathon – damit rückt die Teilnehmerzahl aus Vor-Corona-Zeiten mit rund 2000 Startern wieder in Reichweite.

Da der Start des Marburger Nachtlaufes rund 750 Meter vom Organisations-Zentrum im Uni-Stadion entfernt liegt, rückt die bunte Läuferschar bereits recht frühzeitig an und übernimmt den weitläufigen Marktplatz mit seinen Nebengassen. Ruhepol und beliebter Läufer-Treff ist der mächtige Brunnen in der Mitte des Platzes.

Das gemeinsam gestartete Rennen führt die Läufer vom Marktplatz durch die engen Altstadt-Gässchen. Diese säumen zudem zahlreiche Biergärten, so dass anfangs das Tempo deutliche gedrosselt wird. Nach einer Schleife durch die Altstadt führt der Kurs auf der breiten Universitätsstraße durch Marburg, vorbei an der Alten Universität über den Rudolphsplatz in die freie Natur zum nördlich gelegenen Wehrda. Auf dem Lahnradweg geht’s dann wieder flussabwärts zum Universitätsstadion.

Nach rund 11 Kilometern überqueren die Langstreckler hier – von einer begeisterten Zuschauer-Schar angefeuert – über den Hirsefeldsteg die Lahn. Sie nehmen die südlich von Marburg liegende Runde durch das Lahntal über Gisselberg und Cappel in Angriff. Die Halbmarathon-Starter dürfen anschließend zum Finish ins Stadion abbiegen. Marathon- und Staffelläufer müssen diese Runde allerdings noch zwei weitere Male durchlaufen.

Marathon

Den Marburger Nachtmarathon liebt die Sonne. Sie schaut sich das Treiben in den Altstadt-Gassen und in den Lahnwiesen immer wieder gerne an und geizt nicht mit ihren Strahlen. Nach einem verregneten Vormittag hielt sie auch bei der 24. Auflage nachmittags wieder Ausschau und heizte den anreisenden Läuferinnen und Läufer mit ihren Fans kräftig ein. Zum Start um 19 Uhr zog sie sich allerdings dezent zurück und bescherte der Karawane herrliche Laufbedingungen.

Die Starter bedankten sich und zeigten, welches Potential diese recht flache, amtlich vermessene Strecke entlang der Lahn hat.

Marc Feussner (ASC Breidenbach) freut sich über Bestzeit und Marathon-Sieg in Marburg. (Fotos: Helmut Serowy)

Optimal eingeteilt hatte sich das Rennen Marc Feussner vom ASC Breidenbach. Der M40-Hessenmeister über 10.000 Meter hatte sich eine Zeit um die 2:43 Stunden zum Ziel gesetzt und ließ sich auch nicht von dem anfangs vorauseilenden Markus Mey (Milers Colonia 2020) beirren, der mit seiner Hamburg-Zeit von 2:34:20 Stunden angereist war. Es rollte bei Marc Feussner, und er ließ es auch auf der zweiten Streckenhälfte weiterrollen. Letztlich jubelte er beim Zieleinlauf im inzwischen von den Scheinwerfern ausgeleuchteten, schmucken Uni-Stadion über die neue Bestzeit von vorher nicht erwarteten 2:38:29 Stunden Brutto. Nebenbei dominierte er zusätzlich die Wertung der M40.

Aber auch auf den weiteren Plätzen freuten sich die vom Moderatoren-Duo Markus Bourcarde und Sven Schnitker von den „Running-Voices“ begrüßten Marathon-Läufer über flotte Zeiten. Der immer wieder für starke Leistungen bekannte Markus Schraub von der LG Wettenberg – aktuell unter anderem 10.000-Meter- und Halbmarathon-Hessenmeister der M50 – erkämpfte sich Silber und M50-Erfolg in ausgezeichneten 2:42:10 Stunden vor dem ebenfalls bereits der M50 angehörende Markus Mey (2:44:11 Stunden).

Stark präsentiert sich auch die Marathon-Siegerin Katharina Mühlhoff (LAG Saarbrücken)

Eine beachtliche Zeit erkämpfte sich nach ruhigem Beginn bei den Frauen auch Katharina Mühlhoff von der LAG Saarbrücken. Sie siegte überlegen mit 3:09:13 Stunden und lag damit auch in der W35 in Front. Clara Schütte aus Heidelberg verbesserte sich gegenüber dem letzten Jahr um einen Platz auf den Silber-Rang und von 3:23:38 Stunden ganz erheblich auf nun 3:15:53 Stunden. Damit verteidigte sie ihren Titel in der Frauen-Hauptklasse erfolgreich. Eng fiel die Entscheidung um die Bronzemedaille aus. In der Brutto-Wertung hatte Charlotte Haurand aus Otterberg mit 3:25:54 Stunden die Nase vor Laurine Freitag von der LGV Marathon Gießen (3:26:28 Stunden). Mit ihrer Netto-Zeit von 3:24:57 Stunden lag allerdings Laurine Freitag vor Charlotte Haurand (3:25:33 Stunden). Starke Sechste und W55-Siegerin wurde die amtierende Deutsche 100-Kilometer-Meisterin der W55 – Sigrid Hoffmann von der LG Westerwald – in 3:37:03 Stunden (Netto 3:35:49 Stunden).

Halbmarathon
Einen Start-Ziel-Sieg feierte beim Halbmarathon Micha Thomas (LG Eder)

Nichts anbrennen ließ beim Halbmarathon mit seinen 955 Finishern der Sieger von 2018 – Micha Thomas von der LG Eder. Vom Start weg drückte der Dritte der hessischen 10.000-Meter-Meisterschaften auf die Tempo-Düse und holte sich mit 1:12:12 Stunden überlegen den Sieger-Pokal und den ersten Platz in der M35. Niklas Raffin vom TSV Krofdorf-Gleiberg sicherte sich als Gesamt-Zweiter nach 1:13:55 Stunden den Sieg in der Männer-Hauptklasse. Christoph Bräm vom ASC Breidenbach (1:17:01 Stunden) behauptete vom Start weg den Bronze-Rang und den zweiten Platz in der Hauptklasse.

Beim Frauen-Rennen setzte sich nach einer lockeren Startphase Franziska Espeter von der LG Wittgenstein an die Spitze. Zur Halbzeit klebte noch Anne Trommershäuser vom TV Wetzlar an ihren Fersen. Von dieser löste sich Franziska Espeter aber auf der zweiten Streckenhälfte noch deutlich. Jubelnd ließ sich die W30-Starterin nach 1:26:35 Stunden im Stadion feiern. Die Silbermedaille und den Hauptklassen-Erfolg holte sich ebenso klar Anne Trommershäuser in 1:28:22 Stunden. Bronze und W35-Sieg erlief sich Jana Baum (Pets Nation) in 1:32:42 Stunden vor der Hauptklassen-Zweiten Sophie Bitterlich aus Marburg (1:32:55 Stunden). Als Gesamt-Neunte glänzte die Deutsche Halbmarathon-Meisterin der W65 – Monika Donges vom Team Naunheim – mit hochklassigen 1:40:56 Stunden.


Franziska Espeter (LG Wittgenstein) jubelt über ihren Erfolg über die 21,1-Kilometer-Strecke.

Die schnellste Halbmarathon-Mannschaft bot beim 24. Marburger Nachtmarathon der TSV Krofdorf-Gleiberg auf. Niklas Raffin, Florian Beuermann und Jörg Käß siegten nach 4:10:07 Stunden. Das siegreiche Frauen-Trio des Team Naunheim führte W65-Siegerin Monika Donges vor Bettina Zenelji und Yella Alban (5:26:55 Stunden) an.

Marathon-Staffeln

Belebendes Element des Marburger Nachtmarathon sind immer wieder die Marathon-Staffeln, zu denen zwei bis vier Läuferinnen oder Läufer eingesetzt werden können. Einige starke Teams stürmen mit viel Ehrgeiz vorneweg und heizen den Marathon-Läufern ein. Für die meisten Quartetts und ihre engagierten Fans steht allerdings bei diesem Event der Spaß an der Freude im Blickpunkt, der sich beim gemeinsamen Zieleinlauf unter Flutlicht im Stadion nochmals voll entlädt. 164 Marathon-Staffeln sorgten mit ihrem Anhang einmal mehr für Riesenstimmung an der Strecke und im Stadion, das in dieser Sommernacht unterhalb des strahlenden Landgrafenschlosses wieder zur Läufer-Party einlud.

Das Quartett der LGV Marathon Gießen – im Vorjahr noch Dritte – stürmte mit Daniel Hoffmann, Sebastian Mauthe, Andreas Ogrizek und Max Otto diesmal weit voraus. Hinter Marathon-Sieger Marc Feussner (2:38:29 Stunden) erkämpften sie sich im Marathon-Gesamteinlauf mit 2:39:23 Stunden den zweiten Rang.

Titelbild: Lang zieht sich nach dem Start auf dem Marktplatz die Läuferkarawane durch die Marburger Altstadt-Gassen.

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