Kliniken

Neues beim Gesundheitszentrum Wetterau

Von Klaus Nissen

Der Wetteraukreis übernimmt die Mehrheit beim kommunalen Klinikkonzern. Die bisher zur Hälfte beteiligte Stadt Bad Nauheim reduziert ihren Anteil auf 15 Prozent. Das soll auch dabei helfen, eine 83 Millionen Euro schwere Investition zu stemmen.

Kliniken bekommen Kapitalspritze

Mehr als drei Jahre verhandelten Politiker und Betriebswirte über die Zukunft der acht Kliniken und genauso vielen Service-Gesellschaften des Gesundheitszentrums Wetterau (GZW). Am 3. Februar 2021 machte der Kreistag das Fass zu. Einstimmig beschloss er in der Echzeller Horlofftalhalle eine Kapitalerhöhung und die Übernahme der meisten Gesellschaftsanteile. Das sei eine Entscheidung von historischer Bedeutung, sagte Landrat Jan Weckler (CDU).

Das Hochwaldkrankenhaus in Bad Nauheim ist Kern des Gesundheitszentrums Wetterau. Dazu gehören auch das 140 Betten zählende Krankenhaus in Schotten, die Gederner Schlossbergklinik und die psychiatrische Tagesklinik in Bad Salzhausen. Foto: Nissen

Seit 2005 besitzen der Kreis und die Stadt Bad Nauheim jeweils 50 Prozent des Gesundheitskonzerns. Dessen 1200 Angestellte behandeln jährlich rund 75 000 Patienten. Das GZW verfügt über 840 Klinikbetten in Bad Nauheim, Friedberg, Schotten und Gedern. Zum Konzern gehören auch psychiatirische Kliniken in Friedberg, Bad Salzhausen und Bad Vilbel und die Mehrheit an der Gourmet Werkstatt – einer Großküche in Bad Nauheim.

Stadt und Kreis sollten je 15 Millionen Euro geben

Ende 2017 überraschte der damalige Landrat Joachim Arnold (SPD) alle Kommunalpolitiker mit der Nachricht, dass der Kreis die Kliniken immer wieder mit bis zu elf Millionen Euro finanziell flüssig halte. Das müsse sich ändern. Arnold schlug damals vor, dass der Kreis und Bad Nauheim das Stammkapital der Kliniken mit jeweils 15 Millionen Euro aufstocken. Das Geld werde gebraucht, um den auf 60 Millionen Euro bezifferten Ausbau der Hochwaldkliniken zu stemmen. Wenn die Bad Nauheimer das Geld nicht aufbringen könnten, müssten sie ihren Anteil halt verkaufen. Es folge eine Welle der Empörung. Man begann zu feilschen. Arnold bot den Bad Nauheimern nur 1,75 Millionen Euro für die Übernahme der kurstädtischen Klinik-Anteile. Dabei war der Wert des Konzerns im Beteiligungsbericht 29, 3 Millionen Euro Anlagevermögen und 10,6 Millionen Eigenkapital taxiert.

Den gordischen Knoten löste schließlich ein Vorschlag des Bad Nauheimer Bürgermeister Klaus Kreß. Nach intensiven Verhandlungen wird Bad Nauheim seinen Anteil nun von 50 auf 15,91 Prozent verringern. Damit wächst der Anteil der „Kliniken des Wetteraukreises Friedberg-Schotten gGmbH“ (KdW) am GZW auf 84,09 Prozent. Die KdW gehören überweigend dem Kreis. Die Minderheitsanteile der Vitos GmbH (ehemals Landeswohlfahrtsverband) und der Stadt Gedern an den KdW schrumpfen durch die Transaktion von 1,18 auf 0,45 und von 12,15 auf 4,65 Prozent. Denn Vitos und die Gederner beteiligen sich finanziell nicht an der jetzt beschlossenen Übernahme.

Zusätzlich gibt es eine Neun-Millionen-Bürgschaft

Der Preis für die Klinikmehrheit ist achtstellig: Der Wetteraukreis zahlt 4,41 Millionen Euro ins Stammkapital des GZW ein und gibt weitere 10,59 Millionen als Gesellschafterdarlehen hinzu. Außerdem bürgt der Kreis für 9,25 Millionen Euro, falls die Kliniken kurzfristig viel Geld brauchen.

Der GZW-Geschäftsführer Dirk Fellermann dreht derweil ein großes Rad: Er muss den regulären Klinikbetrieb auf die Behandlung der Covid-Kranken abstimmen. Das führt auch zu Einnahmeverlusten. Aktuell werden in Bad Nauheim zum Beispiel keine Vorsorge-Magenspiegelungen vorgenommen, um Covid-Infektionen des Klinikpersonals zu vermeiden.

Auf Dauer werden weitere Partner gebraucht

Im Kreistag lobte Landrat Weckler Dirk Fellermann am Mittwoch für sein Engagement. Der Konzernchef sei sehr erfolgreich darin, Zuschüsse zum Klinikausbau einzuwerben. Und mit der Kapitalerhöhung stelle man sicher, dass das „hochmoderne“ GZW in kommunaler Hand bleibt. Man müsse nun aber weitere Partner suchen, denn „kommunale Kliniken werden auf Dauer nur überleben, wenn sie größer sind.“ Schon unter Wecklers Vorgänger Joachim Arnold gab es Verhandlungen mit den Bad Homburger Taunuskliniken und den Lahn-Dill-Kliniken des Kreises Gießen. Bislang ohne Ergebnis.

So soll der neue Eingangsbereich des Hochwaldkrankenhauses in ‚Bad Nauheim aussehen. Grafik: GZW

Die Links- und Piratenfraktion beantragte am Mittwoch vergeblich Änderungen am neuen Gesellschaftsvertrag für das GZW. Ihre Sprecherin Gabi Faulhaber verlangte ein vertragliches Verbot, jemals gewerbliche Anteilseigner oder Abteilungen im GZW anzusiedeln. Der Aufsichtsrat dürfe außerdem nicht von 30 auf zwölf Mitglieder schrumpfen, weil sonst der Einfluss der Kommunalpolitiker auf die Geschicke des GZW zu gering werde. Der Landrat bekomme zu viel Einfluss, die Kommunen zu wenig. Faulhaber: „Es gibt seit Jahren keine Geburtsstation in Büdingen mehr, und auch in Schotten wurde sie geschlossen.“ Doch der Kreistag zeigte keine Neigung mehr, das komplexe Vertragswerk noch einmal zu öffnen.

Neue Operationssäle und Patientenzimmer

Das ehemalige Bad Nauheimer Stadtkrankenhaus am Chaumont-Platz ist der Kern des bald kreiseigenen Gesundheitszentrums Wetterau. Es wird noch bis 2024 massiv erneuert. Die Baukosten wachsen laut Landrat Weckler von zunächst geschätzten 60 auf 83 Millionen Euro. Der Operationstrakt wird auf fünf Säle mit einer neuen Zentralsterilisation erweitert. Danach folgt ein fünfgeschossiger Neubau mit Funktions- und Patientenzimmern. Er bekommt zwei Innenhöfe und umlaufende Korridore. Der Pflegebereich des Hochwaldkrankenhauses verdoppelt sich auf 10 500 Quadratmeter. Die Bettenzahl wächst von 248 auf 400, die Intensivstation von zwölf auf 30 Plätze.

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