Klaus Stuttmann

Emil Grimm-Preis 2024

Von Detlef Sundermann

Der renommierte Karikaturist Klaus Stuttmann hat den mit 5000 Euro dotierten Ludwig Emil Grimm-Preis der Stadt Hanau verliehen bekommen. Seit mehr als 20 Jahren kommentiert Stuttmann politische und gesellschaftliche Ereignisse mit spitzem Zeichenstift über die Jahre für 30 Tageszeitungen und seit 2003 täglich für den „Tagesspiegel“. Seine visuellen Kommentare zum aktuellen Weltgesehen sind aus der deutschen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken“, heißt es in der Begründung der Jury.

Feiner Strich und pointierte Worte

Stuttmann studiere routiniert das Tagesgeschehen, „wählt einen oder gar mehrere Schwerpunkte und setzt letztlich seine Idee in feinen Strichen und pointierten Worten um“, lobt die Jury weiter. Zur Preisverleihung gehört auch eine Ausstellung, die in Kooperation der Museen Hanau und des Caricatura Museums Frankfurt entstand. Stefanie Rohde vom Caricatura Museum kuratierte die Schau mit rund Hundert Karikaturen, in denen augenscheinlich kein relevantes Thema der jüngeren Vergangenheit ausgelassen wird.

Reproduktion aus der Ausstellung. (Alle: Detlef Sundermann)

Eine Kamera hat er sich vor einiger Zeit zugelegt, „für Straßenfotografie“, wie Klaus Stuttmann das Modewort „Streetphotography“ umgeht. Stuttmann will nicht die eher altersgerechteren, ruhigeren Genres Landschaften oder Architektur ablichten. Er ist neugierig, offenbar jemand, der stets auf dem Laufenden seien will, was um ihm herum geschieht und es aufgreifen, analysieren und es verarbeiten.

Dank an Politiker und Diktatoren

Welch’ bessere Beweise gäbe es hierzu, als seine Karikaturen. Für den Berliner Tagesspiegel produziert er sogar täglich eine, an sechs Tagen in der Woche, ohne Ermüdungserscheinung und stets à jour in der Tagespolitik. Mittlerweile soll Stuttmanns Gesamtwerk auf insgesamt mehr als 15 000 Zeichnungen gewachsen sein. Die Welt mache es ihm auch leicht, kann man aus seiner Dankesrede zur Preisverleihung heraushören. So bezog er in sein Lob auch alle bundesdeutsche Politiker ein, ob der Vielzahl nannte Stuttmann nur die bedeutesten namentlich Merkel, Kohl und Scholz. Aber ebenso alle kleinen und großen Diktatoren in nah und fern, dankte er. „Ohne sie würde ich hier nicht sitzen“, sagte der als bescheiden verschriene Künstler mit journalistischer Ader.

Reproduktion aus der Ausstellung

Stuttmanns Werke zeigen die Protagonisten in der klassisch überzeichneten Physiognomie, aber ohne klamaukhaft zu wirken. Der Kraft seiner Bilder fügt er zumeist einen knappen Text an, als Unterzeile oder Sprechblase. Seine Karikaturen sind keine zaghaften Kommentare, kaum Stoff zum herzhaften Lachen, eher gelegentlich zum Schmunzeln, auch nicht selten bewirken sie ein schweres Schlucken. Stuttmann reflektiert kritisch, versucht so auf seine Weise Klarheit in die Ereignisse und Debatten zu bringen, für die nicht selten aus allen erdenklichen Ecken der Republik Experten hervorgezogen werden – nicht zuletzt von den Medien. Seine Zeichnungen sind ironisch, böse bis zynisch, aber führen den Betrachter immer ohne gedankliche Umweg flott zum Kern des Stuttmannschen Kommentars. Das war bei seinen Werken schon immer so gewesen und ist in den heutigen Zeiten, in denen zu Texten die Lesezeit angegeben, quasi als Trigger-Warnung für eine möglicherweise drohende Zeitverschwendung, eine besonders willkommene Eigenschaft.

Hemmungsloser Blick auf die Gesellschaft

Einbeispiel: Ukrainische Soldaten stehen im Schützengraben und im massiven Gegenfeuer der Russen, so eine Karikatur. „Und was schickt uns der Westen? Neue Waffen? Neue Munition?“, fragt der Uniformierte seinen Kameraden, der nur antwortet: „Neue Versprechen!“.

Reproduktion aus der Ausstellung.

Mit seinem Blick auf die Gesellschaft kennt Stuttmann kaum Befindlichkeiten. Die Karikatur zu Olympia Paris etwa wäre nichts für die Augen sensibler Übergewichtiger. „Die Olympischen Spiele waren fantastisch! Nur ein bisschen wenig Medaillen für uns“, sagt der Fettwanst mit einer Bierdose in der Hand vor dem TV zu seiner Chips knabbernde, nicht minder gewichtigen Liebsten. „Sind einfach zu faul und zu behäbig, die jungen Leute von heute!“, antwortet die. Und wären die Worte schon nicht genug drastisch, so verstärkt er sie sehr oft mit einem Ausrufezeichen, manchmal gern auch mit zweien, wenn das eine ihm nicht reicht.

Reproduktion aus der Ausstellung.

Klaus Stuttmann ist Jahrgang 1949. In Frankfurt kam er zur Welt, aufgewachsen ist er bei Stuttgart. Heute lebt und arbeitet er in Berlin. Er gehört nicht zu denen, die ihr Metier etwa an einer Hochschule gelernt hat. Studiert hat er Kunstgeschichte in Tübingen und Berlin, aber im Alter von zehn Jahren soll er sein zeichnerisches Talent unter anderem an der heimischen Tapeten herausgearbeitet haben. Von 1976 an arbeitete Klaus Stuttmann als freischaffender Karikaturist. Sein Erfolg lässt sich an seinen Auszeichungen abzählen, so gewann er etwa fünf Mal den ersten und vier Mal den zweiten Preis bei der „Rückblende“, eine Auszeichnung des Bundesverbands Deutscher Verleger, 1. und 2. Platz beim Deutschen Preis für Politische Karikatur oder 2016 den Deutschen Karikaturenpreis, bei dem er Jahre zuvor dem Publikumspreis einheimste. Und beim italienischen Premio Satira Politica erhielt Stuttmann 2010 einen Sonderpreis.

Der Ludwig Emil Grimm-Preis ist nach Ludwig Emil Grimm (14.3.1790 – 4.3.1863) benannt, dem jüngsten Bruder der Germanisten und Märchensammler Jacob und Wilhelm Grimm. Der sogenannte Malerbruder war Maler und Grafiker. Er soll zu den frühen Karikaturisten zählen. Der nach ihm benannte Preis wurde erstmals 2012 verliehen und danach alle drei Jahre. Die bisherigen Preisträger heißen: Hans Traxler (2012), Greser & Lenz (2015), F.W. Bernstein (2018), Franziska Becker (2021).

Die Sonderausstellung mit den Werken von Klaus Stuttmann ist bis 2. März 2025 im Schloss Philippsruhe, Philippsruher Allee 45 in 63454 Hanau zu sehen. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags 11 bis 18 Uhr. Die Ausstellung ist auch an Feiertagen geöffnet.

Titelbild: Klaus Stuttmann in der Ausstellung in Schloss Philippsruhe, Hanau. (Foto: Detlef Sundermann)

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