HOLOCAUST-GEDENKEN

Wolf Biermann zu Gast

von Jörg-Peter Schmidt

Ein Schwerpunkt der Veranstaltungen des Literarischen Zentrums Gießen (LZG) in den kommenden Monaten ist den Opfern des Nationalsozialismus gewidmet. Aus diesem Anlass wird Wolf Biermann im Hermann-Levi-Saal des Gießener Rathauses am Freitag, 29. September (19 Uhr) an den polnisch-jüdischen Dichter Jizchak Katzenelson (1886–1944) erinnern.

Gedanken über Jizchak Katzenelson

Der „Landbote“ kündigt die 13 LZG-Termine in zwei größeren Vorberichten sowie auf der Seite „Hin und Weg“ (Veranstaltungshinweise) an.

Wie die LZG-Geschäftsführerinnen Hanna Brahm und Dr. Anika Binsch bei einem Pressegespräch im Gießener Restaurant „Klein und Fein“ berichteten, wird Biermann  bei einem Jubiläumsabend zum 25-jährigen Bestehen der Gießener Arbeitsstelle Holocaustliteratur (AHL) zusammen mit weiteren Mitwirken zum Holocaust-Gedenken beitragen. Der Lyriker und Liedermacher, dessen Vater Dagobert (ein Widerstandkämpfer) im KZ Dachau ermordet ist,  hat sich intensiv mit Jizchak Katzenelson beschäftigt.  In den Ledergriff eines Koffers eingenäht oder in Flaschen vergraben: Auf hauchdünnem Papier hielt Katzenelson seine jiddischen Verse fest. Sein Poem „Dos lied vunem ojsgehargetn jidischn volk“, das er im Sonderlager im französischen Vittel schrieb, erzählt vom elenden Sterben und dem erbitterten Widerstand der Warschauer Gettokämpferinnen und -kämpfer zu denen er selbst einst gehörte.

Er konnte dem Tod in Auschwitz nicht entrinnen, sein Werk aber überdauerte den Krieg. Biermann übersetzte Katzenelsons Poem „Großer Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk“ 1994 in die deutsche Sprache und vertonte seine Nachdichtung. Zum Jubiläum der AHL wird er dieses einzigartige Zeugnis vorstellen und einige seiner Lieder live vortragen. Eintritt frei.

Emmi Arbel überlebte KZ-Grauen

Der Herbst steht im LZG ohnehin im Zeichen der Erinnerung: „Mit der Regierungsübernahme der Nationalsozialisten und der Bücherverbrennung vor 90 Jahren sowie den Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung vor 85 Jahren jähren sich 2023 furchtbare Ereignisse der deutschen Geschichte, deren Bewahrung im kollektiven Gedächtnis angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen wichtiger ist denn je“, heißt es auch im von Anika Binsch, Hannah Brahm und Prof. Dr. Sascha Feuchert (LZG-Vorsitzender) verfassten Vorworts des Programmheftes. Barbara Yelin stellt ihre Graphic Novel „Aber ich lebe“ am Mittwoch, 25. Oktober (19 Uhr, Alte Unibibliothek, Bismarckstr. 37 in Gießen) vor. Die Künstlerin erzählt die bewegende Geschichte der Holocaust-Überlebenden Emmi Arbel.

Über die Juden-Deportation aus Hessen
Max Czollek (Fotoquelle: Paula Winkler)

Der Publizist, Lyriker und Ausstellungskurator  Max Czollek beleuchtet  in seiner dritten Streitschrift „Versöhnungstheater“  die Schattenseiten der deutschen Erinnerungskultur (Mittwoch, 1. November, 19 Uhr, Stadttheater Gießen).  Am Dienstag, 14. November (18.30 Uhr, Netanya-Saal im Gießener Rathaus) wird vom LZG das Dokumentations-Buch „Die Deportation der Juden aus Hessen 1940 bis 1945“der 2017 verstorbenen Historikerin Monica Kingreen vorgestellt,  bevor Robert Jütte mit seinem Werk „Bücher im Exil: Lebensspuren ihrer jüdischen Besitzer“zu Gast sein wird. Der Historiker und Archivar Dr. Volker Eichler hat das von der Autorin Monica Kingreen unvollendet hinterlassene Manuskript für den Druck bearbeitet und in Teilen ergänzt. Mit diesem Buch liegt eine Gesamtdarstellung zur Deportation und Ermordung der Juden für das ganze Land Hessen vor. Rund 17.000 Jüdinnen und Juden wurden unter dem Nazi-Regime von hier aus deportiert. Fast alle sind ermordet worden; kaum mehr als 950 haben überlebt. „Die Deportationen geschahen vor aller Augen – so auch in Gießen“, wird in der Vorankündigung des Literarischen Zentrums unterstrichen.

Weiteres Thema ist der Klimawandel
Hannah Harms (Fotoquelle: parcours msd.)

In einem zweiten Artikel wird der „Landbote“ über die weiteren Termine des LZG berichten. Bereits am Donnerstag, 14. September (19 Uhr, Stadtbibliothek im Gießener Rathaus) findet eine Lesung im Rahmen des Bilderbuchfestivals statt.   Hanna Harms stellt ihr Buch „Milch ohne Honig“ vor. K)eine Zukunft ohne Bienen? Wir könnten in einem Paradies leben, mit duftenden Blütenmeeren, die von allerlei Insekten und insbesondere Bienen bestäubt werden, deren Früchte wir ernten können. In der Realität werden die Wildblumen heute allerdings häufig von Kiesflächen verdrängt und die Landwirtschaft ist überwiegend durch Monokulturen geprägt. Der Klimawandel und unsere Nutzung von Pestiziden treiben das große Insektensterben rasch voran. Wenn diese Entwicklung sich weiter fortsetzt, ist der Honig nur eines von vielen Nahrungsmitteln, in deren Genuss wir bald nicht mehr kommen werden. Hanna Harms animiert  mit ihrem illustrierten Sachbuch, sich gegen diese Negativentwicklung zu wehren.

Arno Strobel liest aus neuem Roman

Besondere Resonanz wird auch sicherlich die Lesung mit dem Thriller-Erfolgsautor Arno Strobel (Freitag, 13. Oktober, 19 Uhr, Stadtverordneten-Sitzungssaal im Gießener Rathaus) finden.  Der über Deutschland hinaus bekannte Autor rezitiert dann Auszüge aus seinem neuen Roman „Der Trip“.

Wie man Eintrittskarten erhält

Eintrittskarten sind online möglich. Man kann im  Ticket-Tool auf www.lz-giessen.de die gewünschte Veranstaltung auswählen und das Ticket bequem zuhause ausdrucken oder es am Veranstaltungsabend auf dem mobilen Endgerät vorzeigen. Die Möglichkeit des Online-Ticketkaufs besteht jeweils bis zum Vorabend der Veranstaltung. Alternativ wird weiterhin den Kartenverkauf im LZG-Büro hinter der Kongresshalle in Gießen (Mo, Di und Do zu den Öffnungszeiten) sowie an der Abendkasse am Veranstaltungsabend an. Leider ist im LZG-Büro und an der Abendkasse keine Kartenzahlung möglich. Eine Voranmeldung zu unseren Veranstaltungen ist, sofern im Programm-heft nicht explizit ausgewiesen, nicht erforderlich.

Titelbild:  Wolf Biermann. (Fotoquelle: Thorsten Jander)

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