Handicap-Festival

Hessens größte inklusive Party

Von Corinna Willführ

Es ist ein großes Fest mit mittlerweile rund 1000 Gästen – und doch ist es anders als alle anderen Veranstaltungen dieser Größe: Denn beim Handicap-Festival in Friedberg, das 2017 seine sechste Auflage erlebte,  bot  Menschen mit und ohne Beeinträchtigung Reggae und Bauchtanz, sanfte Songs und dynamischen Ethic-Rock. Sie standen  geduldig um Bratwurst und Pommes an. Sangen und tanzten  vor der Bühne auf dem Gelände der Jugendeinrichtung Junity in Friedberg. Um  zu zeigen, dass Inklusion lebens- und liebenswürdig ist. Für alle Menschen – mit und ohne Behinderung.

Inklusion in der Wetterau fest verankern

In 2012 waren es vier Bands aus Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, die beim 1. Handicap-Festival im und am Jugendhaus Junity in Friedberg auf der Bühne standen. Für Klaus Schumacher damals Antrieb, das Festival und nicht nur dieses, sondern das Thema Inklusion durch einen Verein fest in der Wetterau zu verankern. „Mensch mach mit“ heißt dieser, Klaus Schumacher ist der Erste Vorsitzende. Bei Hessens größter inklusiver Party waren es jetzt im Mai 2017 mehr als zwei Dutzend Gruppen und Solisten, die auf der Bühne standen. Mehr als 80 ehrenamtliche Helfer und Helferinnen haben für ihren Auftritt und den Ablauf des Festes gesorgt.

Menschen mit und ohne Beeinträchtigung schätzen die familiäre Atmosphäre des Handicap-Festivals, das in diesem Jahr unter dem Motto „Anders? Gefällt mir“ stand. (Fotos: Willführ)

Einer der Musiker war Klaus Steitz. Ein Mann, der die Bluesharp zu verstehen weiß – und die Ruhe weg hat. „Einatmen-Ausatmen“. Geht doch, macht man ja schließlich, um zu Überleben. Mit einer Mundharmonika an den Lippen sieht das schon ganz anders aus. Da gilt es Töne hervorzubringen. Wobei erstmal mehrere zu treffen leichter ist als einen einzigen. Sein Ziel für 60 Minuten: das typische Geräusch einer Dampflok zu erzeugen. Uff! Das ist nicht deren Sound, sondern drückt das Gefühl aus, dass es wirklich nicht einfach ist, einer Harp rhythmisch gleichbleibend Töne zu entlocken, von einer Melodie gar nicht zu reden.

Der Mundharmonika-Workshop.

Steitz, Vorsitzender des Bluesharmonica-Treff Wetterau mit Sitz in Wölfersheim , leitet zum ersten Mal beim Handicap-Festival einen Workshop. Auch wenn alles nicht so klappt, wie er es sich sicher vorgestellt hat. Er ist überzeugt, dass „Menschen mit und ohne Beeinträchtigung die Mundharmonika spielen können.“ Während auf der Bühne das Programm weitergeht, übt Gitta Schwebel mit spontan Interessierten Gesangsstücke ein. „Die Workshops, neben Harb und Gesang noch Percussion und Tanz, bieten wir neu an“, sagt Klaus Schumacher, Bereits zum sechsten Mal indes veranstaltete der Verein mit Sitz in Friedberg gemeinsam mit dem Junity Hessens größte inklusive Party auf dem Gelände der Jugendfreizeiteinrichtung in der Kreisstadt. Auch wenn sie von Jahr zu Jahr mehr Besucher anzieht, „sie hat immer noch einen familiären Charakter“, stellt Lukas Hölzinger, Leiter des Junity fest. Alle, die kommen, ob Künstler, Helfer, Besucher eint: Inklusion selbstverständlich in der Gesellschaft zu verankern. Für diesen Tag mit dem gemeinsamen Erleben aller die auf der Bühne stehen, vor ihr tanzen oder an Grill und Fritteuse Bratwurst und Pommes zubereiten.

Bauchtanz, Reggae und Folk-Metall
Lukas Hölzinger, Leiter der Friedberger Jugendeinrichtung Junity mit Nadine Ahrens von Fresenius Kabi.

Während die Schlange an Essens- und Kuchentheke immer länger zu werden scheint, stimmt Di Mari, Singer und Songwriter aus Bad Nauheim, seine Lieder an. Völlig unbeeindruckt von diesen. Di Mari ist Gewinner des deutschen Rock- und Pop-Preises, wird in Kürze seine neue Single veröffentlichen. Er singt seine Songs auf dem Burgfeld am frühen Mittag wie in einem Club, wie in einem Konzert. Man wird mehr von ihm hören. Die Los Bewos aus Behinderteneinrichtungen in Darmstadt folgen mit Cover-Songs. Danach zeigen Tänzerinnen aus dem Studio Yallah aus Rosbach, zu dessen Angebot auch eine inklusive Gruppe gehört, Bauchtanz. Reggae spielt die achtköpfige Formation Shortless aus Friedberg. Mit der weitesten Anreise kommt Madrogora Thuringia, die Epik-Folk-Metal-Band aus Thüringen, auf die Bühne. Auch sie wurde beim Deutschen Rock- und Pop-Preis ausgezeichnet: gleich drei Mal.
Nadine Ahrens verfolgt auch ihren Auftritt, während sie die Gäste mit Kaffee und Kuchen versorgt. Das ist normalerweise nicht ihr Job. Die Friedbergerin ist Juristin, arbeitet für die Fresenius Kabi. Mit Kolleginnen und Kollegen war sie auch vor der Veranstaltung bereits auf dem Gelände von Junity. Um beim Aufbau mitzuwirken. „In unserem Unternehmen gibt es die Aktiv-Helfer-Tage.“ Heißt: dass die Mitarbeiter einen Tag lang für ein soziales Engagement freigestellt werden. Das sechsköpfige Team von Nadine Ahrens hat sich entschieden, das Handicap-Festival zu unterstützen. Wie Mobs, die Mobile Spielplatzbetreuung der Stadt Friedberg, wie die Behindertenhilfe Wetterau, Sponsoren aus der Wirtschaft sowie Radio-SD1 und schließlich „Satis & Fy“, die laut Klaus Hölzinger, „die komplette Anlage gestellt haben.“ .
Bei all der vorhandenen Technik: Der Harmonica-Zug, an dem Klaus Steitz geprobt hat, war noch nicht auf dem Festival zu hören. „Aber wenn Ihr alle ordentlich übt, stehen wir 2018 auf der Bühne.“ Sich gemeinsam zu bewegen, kann man übrigens in der Disco für Alle des Vereins „Mensch mach mit“. Nächster Termin ist Samstag, 17. Juni 2017 im Bürgerhaus Dorheim.

Der Verein

„Mensch mach mit“: Der Verein mit Sitz in Friedberg ist seit 2013 als gemeinnützig anerkannt und Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband. Sein Ziel ist es, Inklusion in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verwirklichen. Neben dem Handicap-Festival veranstaltet „Mensch mach mit“ an jedem dritten Samstag im Monat im Bürgerhaus -Friedberg Dorheim die Disco „All together“ und einmal jährlich die „Fahrspaßschule“ für Menschen mit Behinderung. Für Ende August ist ein Inklusionslauf in Friedberg geplant. Außerdem bietet der Verein die Vermittlung von Ehrenamtlichen bei der Unterstützung von Menschen mit Behinderung an.

mensch-mach-mit.de

Ein Gedanke zu „Handicap-Festival“

  1. Ein toller Festival! Danke für die Infos darüber! Die haben auch die Erzählungen vom Freund ergänzt. Er hat den Bauchtanz erlebt. Tolle Eindrücke sowie auch vom Reggae! In der Stadt hat er auch die örtlichen Spezialitäten gekostet. Nächstes Mal unbedingt mit! Danke die schöne Stimmung!

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