Susie Vrobel beschreibt das alte Friedberg
Von Klaus Nissen
Die Abende im Lascaux, die Konzerte im Juz hinter dem Kino, Vivi Bach im Fernsehen und die Kordellampe in fast jeder Wohnung – bis etwa 1983 lebten wir anders. Susie Vrobel (Jahrgang 1961) hat sich an ihre Jugend in der Wetterau erinnert und darüber ein amüsantes Buch geschrieben.
Die Abende im Lascaux
Es ist doch nicht lange her, als wir ganz selbstverständlich ohne Mobiltelefone und Internet lebten. Als jeden Abend wehrpflichtige junge US-Soldaten in die Friedberger Altstadt strömten, um ihre Dollars (ein Dollar gleich vier Mark!) auf den Kopf zu hauen. Die sechziger, siebziger und frühen achtziger Jahre sind schon Historie, obwohl wir selbst noch voll im Leben stehen – aber eben anders. Die Welt- und die lokale Geschichte beschleunigt sich immer stärker.
Susie Vrobel aus Ockstadt war damals Augustiner-Schülerin in Friedberg. Später studierte und arbeitete sie in Kassel. Inzwischen ist sie Direktorin des Institute for Fractal Research, in dem eine internationale Community sich mit der Erforschung nicht-linearer Phänomene beschäftigt. Ihr Geld verdient die nun in Bad Nauheim lebende Frau als Studienrätin im Friedberger Burggymnasium. Sie hat Fachbücher über Business-Englisch, Chinesisch-Lernen und Professionelles Telefonieren verfasst – und jetzt legt sie ein Büchlein mit 20 Wetterauer Geschichten vor.
Schwimmstunden im Alten Hallenbad
Sie geben eine Ahnung, wie sich eine ganze Generation damals fühlte. Zum Beispiel die Abende im Lascaux, einer der südfranzösischen Steinzeithöhle nachempfundenen Kellerkneipe in der Friedberger Altstadt. „Wir quetschten uns durch die engen Gänge zwischen der Bar und den mit Fellen bedeckten Bänken und Holzklötzen in die hinteren Räume. Teenager tümmelten sich neben älteren Semestern, wie Klaus Adomeit aus Fauerbach, der freizügig Selbstgedrehte spendierte und uns vom Krieg erzählte.“ Es wurde geraucht, bis man die Luft mit dem Messer zerschneiden konnte. Und im neun Quadratmeter kleinen Tiefkeller kam es immer wieder zu spontanen Jam-Sessions, wenn Loschi die Bongos und Susie und Schlumpf die Gitarren dabei hatten.
Andere Geschichten beschreiben die Atmosphäre im alten Jugendzentrum, die furchtbare Handarbeitslehrerin, die damals im Fernsehen beliebten Serien. Die Schwimmstunden im Alten Hallenbad, das jetzt endlich als Kulturbühne wieder belebt wird. Die damals schon modischen Segeltuchschuhe und die Sitte, sein Gipsbein von den Freunden möglichst witzig beschriften zu lassen.
Alte Geschichten sind willkommen
Suzie Vrobel hat sich nach langer Abwesenheit durch die Rückkehr in die Wetterau inspirieren lassen, diese längst vergangenen Szenen zu rekapitulieren. Sie stellte die Geschichten auf ihren Blog wetterauergeschichten.blogspot.de. Interessant wäre es, wenn sie oder andere Zeitzeugen noch weitere Episoden dokumentierten – beispielsweise die Metamorphose der Friedberger KBW-Zelle zur ersten Grünen-Ortsgruppe, den Aufstieg und Fall des CDU-Jungpolitikers Marc Dieruff, die Aktenklau-Affäre im Landratsamt und die lokale Startbahn-Bewegung in den frühen Achtzigern. Ach ja – auf dem Dachboden liegen noch angegilbte „Tauwetter“-Exemplare aus der Zeit, als viele nicht nur alternativ leben, sondern auch publizieren wollten. Der Landbote bietet Platz für diese Erinnerungen. Über Zusendungen freuen wir uns.
Susie Vrobel: Wetterauer Geschichten. 103 Seiten mit Schwarz-Weiß-Fotos im Eigenverlag, erhältlich für 6,80 Euro in der Buchhandlung Bindernagel , in der Bad Nauheimer Buchhandlung am Park und Buchhandlung Rüh.