Der Methusalem von Blofeld
Der dickste Kirschbaum Deutschlands steht auf dem Höhenrücken zwischen Reichelsheim und Ranstadt in der Wetterau. Er ist gut einen Kilometer außerhalb vom Reichelsheimer Stadtteil Blofeld hinter einem Wäldchen auf dem Eichelberg zu finden, in Hörweite der Autobahn 45.Diesen Kirschbaum umarmt keiner
Die etwa 160 bis 200 Jahre alte Wildkirsche hat einen Stammumfang von 5,9 Metern. Niemand kann sie also komplett umarmen. Sie ragt mit ihren weit ausladenden Ästen bis zu 14 Meter über der leicht abschüssigen Wiese auf. Der Wetteraukreis führt die Vogelkirsche in ihrer Liste von 230 Naturdenkmälern.
Kurz vor der Gründung des Deutschen Reichs anno 1871 muss die Vogelkirsche gepflanzt oder einfach auf der Wiese aus einem Kirschkern gewachsen sein. Tim Mattern von der Unteren Naturschutzbekörde des Wetteraukreises findet diese mächtige Kirsche ganz besonders, denn ihre Artgenossen werden nur ganz selten älter als 90 oder hundert Jahre alt.
Der Kirsch-Methusalem blüht auch in diesem Frühjahr trotz der frischen Temperaturen ungerührt und offenbar kerngesund. Die Blofelder Wildkirsche gehört zu den Mutter-Art der beispielsweise in Ockstadt kultivierten Süßkirschen. Die kleinen Früchte sind essbar und nahrhaft, schmecken den Vögeln aber besser als den Menschen. Daher ihr Name.
Mattern nimmt an, dass die Kirsche einst als Hutebaum diente. Sie gab dem Vieh auf der Weide im Sommer Schatten und hielt dabei dem ständigen Benagen des Stamms und der unteren Äste, dem Schaben am Stamm, der Überdüngung durch Kot und Urin, der Bodenverdichtung und den Schäden durch die Hufe der Weidetiere stand.
Am Ostermontag 2007 hat Deutschlands einziger Baum-Archivar, der Diplom-Biologe Stefan Kühn aus Gießen, die alte Kirsche entdeckt. Das berichtet Alexander Hitz in seinem Blog „Reichelsheimer Nachrichten“. Seit 1985 haben Stefan Kühn , sein Bruder Uwe und der seit 1996 zum Team gehörende Bernd Ullrich die bisher größte Bestandsaufnahme bedeutender Bäume in der Bundesrepublik vorgenommen. Zehn Jahre lang haben sie alle 440 Landkreise und kreisfreien Städte bereist – mit Maßband und Kamera. Sie dokumentierten ihre Funde im Bildband „Deutschlands alte Bäume“, erschienen im BLV-Verlag.