Von Moiserich und Huschemool
Märchenhafte Satire im Hinterländer Platt: Der Bad Vilbeler Dialektschriftsteller Kurt Werner Sänger liest am 28. Juli 2017 in der Straußwirtschaft in der Hasengasse in Bad Vilbel aus drei Geschichten: „Huschemool & Guggemool“, „Moiserisch Erich“ und aus „Deam Foks sain Duud oder Reinekes Ende“.
Satire im Dialekt
Die Geschichte vom „Moiserisch Emil“ ist kürzlich im Cocon-Verlag erschienen. Das von Leonore Poth illustrierte Buch geht laut Sänger „wie‘s Kreppelbacken weg“. Erzählt wird von Emil, derHinterländer Platt sprechenden Maus. Die führt ein sogloses Leben – bis die Großstadtkatze auftaucht. Das arrogante zugereiste Raubtier spricht Hochdeutsch und will Emil verspeisen…
„Huschemool & Guggemool“ ist eine zutiefst Bad Vilbeler Geschichte. Es ist eine märchenhafte Satire über die Sprachlosigkeit im Dorf „Trottelweil“. Sänger verarbeitet hier seine Erfahrungen als „Eingeplackter“ im Bad Vilbeler Stadtteil Dortelweil . „Eingeplackter“ ist eine südhessischer Mundartausdruck für Zugewanderte.
Die dritte Geschichte ist „Deam Foks sain Duud oder Reinekes Ende“. Es ist eine Satire auf Goethes Reineke Fuchs. Die Tauben, das Symbol des Friedens,stürzen durch Intrigen den Hühnerhof in ein Blutbad stürzen. Am Ende begeht der Fuchs auch noch Selbstmord, indem er sich selbst auffrisst.
Hinterländer Platt
Wenn Zeit bleibt, will Sänger noch einen kurzen sprachgeschichtlichen Exkurs zu den Dialekten in Hessen unternehmen. Einen einheitlichen hessischen Dialekt gibt es nicht. Sängers spricht und schreibt „Hinterländer Platt“, das ist „eine Varietät des alten Oberhessischen, zählt noch zu den älteren Dialekten in Hessen, deren Strukturen noch teilweise aus dem Althochdeutschen ableitbar sind und deren Lautsystem noch mit dem Mittelhochdeutschen verbunden ist“, erklärt er und fährt fort: „Der für fremde Ohren eigentümlich klingende Dialekt gehört den westmitteldeutschen-fränkischen Sprachgruppen an. Er bildet eine Brücke zwischen dem mittelhessischen rhreinfränkischen Süden sowie dem niederhessischen und niederdeutschen Norden“.
Dialekte in Schrift zu übertragen ist nicht einfach, wie Sänger weiß. „Für Dialektautoren stellt die Verschriftlichung ein Problem dar“ erklärt er. Viele Autoren würden sich an Standards des Dudens orientieren, um eine leichtere Lesbarkeit für Dialektfremde zu erreichen. Dadurch würden sie aber „die Lautgestalt ihrer Dialekte“ verlassen, die „gerade den literarischen Reiz und die Fremdartigkeit gegenüber der Standardsprache ausmacht“, beklagt Sänger. Andere Autoren würden sich an einer Lautschrift orientieren, die aber nur wenige beherrschen würden. Sänger versucht eine Mischung aus beidem: „Bei meinen Texten wird eine Kompromisslösung angewandt, die ausgeht vom hörenden Schreiben ins Wort, das dem Lautstand sehr nahe kommt und in seiner Fremdartigkeit bestehen bleibt aber durch simultane Übersetzungen im Text ergänzt wird, wodurch eine erste sprachliche Orientierung ermöglicht wird, um Sprachbarrieren zu überbrücken.“
Kurt Werner Sänger liest am Freitag, 28. Juli 2017, um 20 Uhr in der Straußwirtschaft in der Hasengasse 1 in 61118 Bad Vilbel. Eintritt frei.
Mehr über den Autor und „Huschemool“ steht hier wetterauer-landbote.de
Mehr über den „Moiserisch Emil“ steht hier landbote.info/dialekt/