Koalition gegen „Ampel-Opposition“
In Bad Nauheim hat sich am Donnerstagabend das Parlament konstituiert und sofort kontrovers diskutiert. Streitthema war die Vergrößerung des Magistrats bei gleichzeitiger Verkleinerung der parlamentarischen Ausschüsse. Kurz vor der Sitzung unterzeichneten FW/UWG und CDU den Koalitionsvertrag; mit 25 zu 20 Sitzen haben die neuen Partner die Mehrheit. Ex-Bürgermeister Bernd Witzel (Foto) ist zurück auf der politischen Bühne der Kurstadt.
Haushalt weiter konsolidieren
Wie Markus Philipp (FW/UWG) und Manfred Jordis (CDU) gegenüber dem Neuen Landboten erklärten, hätten sich beide Parteien darauf verständigt, den städtischen Haushalt weiter zu konsolidieren und zudem bis Ende September eine feste Aussage hinsichtlich der Thermalbad-Zukunft zu treffen. „Wir wollen dann sagen, ob es eine Anbindung an den Sprudelhof gibt oder nicht“, sagten die beiden Fraktionsvorsitzenden. Zudem habe sich die Koalition darauf geeinigt, den Magistrat auf elf Personen zu vergrößern und die parlamentarischen Ausschüsse auf zehn Mitglieder zu verschlanken (wir berichteten). Philipp ging auf die Vorwürfe der „Ampel-Opposition“ aus SPD, FDP und Grünen ein, wonach die Koalition damit ihre Macht ausbauen wolle und undemokratisch agiere. „Das ist nicht der Fall“, betonte er. Alle Fraktionen seien weiterhin vertreten, wies Jordis die Kritik zurück.
Hahn ist neuer Parlamentschef
Zu Beginn der Sitzung erfolgte die Wahl des neuen Stadtverordnetenvorstehers Gerhard Hahn, der sich von dem einstimmigen Ergebnis beeindruckt zeigte. „Die Stadt steht vor großen Herausforderungen“, erklärte der Freie Wähler. Wichtig seien intensive Beratungen, zügige Beschlüsse und Realisierungen, im Gegensatz zu endlosen Debatten, Zwietracht und Anfeindungen. Anschließend diskutierte das Hohe Haus die Änderungen in Magistrat und Ausschüssen.
Streit um Gremien
Wie Axel Bertrand, neuer Fraktionsvorsitzender der SPD, unterstrich, sei ein dritter ehrenamtlicher CDU-Stadtrat überflüssig, da der christdemokratische Bürgermeister Armin Häuser bei Pattsituationen die entscheidende Stimme habe. Der Liberale Peter Heidt beanstandete das Vorgehen ebenfalls, „wenn das Ihr Stil in den kommenden fünf Jahren ist – dann viel Spaß.“ FW/UWG-Mann Philipp sah das anders, „es war der Wunsch des Koalitionspartners, im Magistrat auf Augenhöhe zu stehen. Das war ein Kompromiss, den man in einer Partnerschaft eingeht.“ Im Koalitionsvertrag seien andere Zeichen gesetzt, um einen Ausgleich zu schaffen. Die Ausschussverkleinerung auf zehn Personen sei ebenfalls keine Benachteiligung für die Opposition: „Das Verhältnis ist sechs zu vier. Wenn einer unserer Leute mit der Opposition stimmt, entsteht ein Patt – und dann sind unsere Anträge als abgelehnt zu sehen.“
Strittig erörtert wurde ferner die Zusammenlegung von Grün- und Bauausschuss. „Bad Nauheim ist eine grüne Stadt, daran wollen wir weiter arbeiten“, hob Jordis hervor. Mit der Zusammenlegung gebe es deutlich mehr Möglichkeiten, denn der Bauausschuss tage viel öfter als bisher der Grünausschuss. Die Proteste, die es im Vorfeld seitens der „Ampel-Opposition“ gehagelt hatte, konterte er: „Wir sind die einzige Stadt in der Umgebung, die so viele Ausschüsse hat.“
Die Grüne Claudia Kutschker, einzige weibliche Fraktionsvorsitzende im Parlament, widersprach ihm: „Bedenken Sie, wie überladen der Bauausschuss ist“. Fraktionskollege Dr. Martin Düvel schloss sich an: „Das hat doch Symbolcharakter, wenn Sie den Grünausschuss beerdigen“.
Benjamin Pizarro (FDP) hatte ein weiteres Anliegen, indem er beantragte, den Ausschuss für Soziales, Jugend und Senioren in „Sozialausschuss“ umzubenennen. „Das würde für die Inklusion aller Gruppen sorgen, auch des Ausländer- und des Familienbeirats.“ Vergeblich.
Er ist wieder da
Ex-Bürgermeister Bernd Witzel (FW/UWG), neben Bundestagsabgeordnetem Oswin Veith (CDU) einer der Promis im neugewählten Parlament, trat ans Rednerpult. Er fragte Grünen-Frontfrau Kutschker, wieso „die Grünpflege in Bad Nauheim so abgenommen“ habe, wenn ihr das Thema so wichtig sei. Vorwürfe, die Erste Stadträtin Brigitta Nell-Düvel (Grüne) entschieden zurückwies, bevor Sinan Sert (SPD) beantragte, den Bauausschuss in Ausschuss für Raum und Planung umzutaufen. Wenigstens durch den Namen solle das Aufgabenfeld dargelegt werden. Auf diesen Vorschlag ließ sich die Koalition nach eine Sitzungspause ein, „Ausschuss für Bau, Planung und Grünwesen“ heißt das Gremium künftig.
Zum Schluss wurden die Stadträte gewählt. Erstmals im Magistrat sind nun Armin Kreuter und Sonja Rohde (beide CDU), Gudrun Roth und Gottfried Krüger (FW/UWG) sowie Hans-Peter Thyssen und Ali Bulut (SPD).
Kandidiert Bürgermeister Häuser wieder?
Beiden Partnern steht es laut Koalition offen, 2017 einen Bürgermeisterkandidaten zu stellen. Ob Rathauschef Armin Häuser (CDU) noch einmal antreten will, steht allerdings noch nicht fest. Er wolle sich im Herbst äußern, hieß es.