Archäologie

Uralter Wohnturm entdeckt

Von Bruno Riebmuschenheim

Dem geschichtsträchtigen Boden beim Licher Stadtteil Muschenheim ist eine neue Überraschung entrissen worden: Ein Wohnturm, der 400 bis 500 Jahre älter ist als üblich. „So was haben wir in Hessen nicht oft“, sagt Landesarchäologe Dr. Udo Recker. Ums Jahr 1000 ist der Turm gebaut worden. Die Siedlung an der Wetter ist aber viel, viel älter.

Seit Urzeiten besiedelt

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Eine gut 1500 Jahre alte Gürtelschnalle. (Fotos: Rieb)

Schon die Neandertaler hielten sich  etwa 40000 Jahre vor unserer Zeitrechnung hier auf, wie Funde steinzeitlicher Werkzeuge belegen. Besiedelt ist die Stelle an der Wetter am nördlichen Ortsrand von Muschenheim seit der Rössener Kultur, sagt Grabungsleiter Michael Gottwald. Das ist eine mitteleuropäische Kultur der Jungsteinzeit, die auf etwa 5000 Jahre  vor unserer Zeitrechnung datiert wird. Seither war der Ort immer wieder  besiedelt. Die sanft von der Wetter aufsteigende Stelle sei bestens geeignet gewesen, sich hier niederzulassen, sagt Gottwald. Ein kunstvoll hergestellter Kammer aus Hirschgeweih aus dem 5. Jahrhundert und eine zierliche Gürtelschnalle aus der selben Zeit belegen, dass hier Germanen siedelten.

Eisen verarbeitet und Tuch gewoben

Ihre Hochzeit hatte die Siedlung vermutlich im 10./11. Jahrhundert, als der sechs mal acht Meter große Wohnturm mit seinem massiven Steinfundament errichtet wurde. Um den Turm gab es Grubenhäuser, in denen vermutlich Eisen verarbeitet und Tuch gewebt wurde. Schlackefunde und Gewichte von Webrahmen belegen das. Die Wohnhäuser befanden sei weiter oben am Hang.

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die Fundamente des 6 x 8 Meter großen Wohntums werden freigelegt.

Der seit mindestens 750 bestehende Ort könnte die Vorgängersiedlung der Arnsburg gewesen sein, die etwas weiter nördlich am steilen Ufer über der Wetter errichtet wurde. In der Burg residierte Kuno von Arnsburg, ein Gefolgsmann von Kaiser Heinrich dem III. Die Siedlung hieß künftig auch Arnsburg und könnte eine Art Versorgungszentrum für die Burg gewesen sein, meint Gottwald. Der Wohnturm könnte der Sitz des Dienstmanns der Burg gewesen sein.

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Die metallene Spitze einer Messerscheide.

Die Arnsburger verlegten 1156 ihren Stammsitz auf die frisch gebaute Münzenburg und nannten sich fortan Münzenberg. 1150 hatten sie das Kloster Arnsburg gestiftet, dem sie 1174 die Siedlung vermachten. Die Zisterziensermönche des Klosters konnte mit der Siedlung nichts anfangen. Sie wollten die Felder lieber selbst bewirtschaften. Landesarchäologe Recker spricht vom „Bauernlegen des Zisterzienser“. Vielleicht seien die Bewohner der Siedlung mit ihren Herren nach Münzerberg gezogen, vermutet Gottwald. Jedenfalls wurde die Siedlung aufgegeben, der Wohnturm wurde niedergebrannt.

Für dieses Jahr werden die Ausgrabungen am 15. Juli abgeschlossen. Im kommenden Jahr sollen sie fortgesetzt werden. Bereits seit 1993 hat es auf diesem Areal bei Muschenheim immer wieder Ausgrabungen gegeben.

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Die Funde aus der Siedlung bei Muschenheim wurden während einer Pressekonferenz am Dienstag, 12. Juli 2016, von Landesarchäologe Dr. Udo Recker (3. von links) und Grabungsleiter Michael Gottwald (2. von rechts) präsentiert.

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