Albrecht Dürer

Ausstellung über den Mathematiker

von Jörg-Peter Schmidt

In den kommenden Monaten wird die Ausstellung in Gießen, die den Maler Albrecht Dürer (1471 – 1528) als Mathematiker vorstellt, großes Interesse verzeichnen. Bereits bei der Eröffnung fanden sich im Mathematikum in der Liebigstraße zahlreiche Besucher ein. Einige von ihnen wagten sich gleich an die spannenden Experimente an den „Basteltischen“, die Professor Albrecht Beutelspacher zusammen mit seinen Mitarbeitern auf der Basis der Veröffentlichungen des Künstlers und Wissenschaftlers über Mathematik initiiert haben.

Für die Ausstellung im Rahmen des 550. Geburtstag des einstigen hochbegabten Allrounders wurde der deutsch-fanzösische Fernsehsender arte als Medienpartner gewonnen, berichtete Beutelspacher. Der Gründer und Leiter des seit 19 Jahren bestehenden Mitmachmuseums unterstrich: Zwar ist Dürer als Maler, Zeichner und Grafiker weltbekannt und geschätzt; dass er hervorragende Kenntnisse beispielsweise in der Geometrie hatte, ist nicht überall bekannt. 

Prof. Albrecht  Beutelspacher dankte seinem Team, darunter Melanie Blaschko und Laila Samuel, die wesentlich zur Vorbereitung der Ausstellung beigetragen haben. Nur für das Foto wurden die Schutzmasken im Rahmen der  Corona-Hygienemaßnahmen kurz abgesetzt. (Fotos: Jörg-Peter Schmidt)

Rätselhafter Stich „Melencolia“

Die Schautafeln, Abbildungen und Tische mit Anleitungen zum Experimentieren bieten den Gästen des Mathematikums, sich auf die Spuren der mathematischen Fähigkeiten und  Erkenntnisse Dürers zu begeben: Beispielsweise, indem man sich die Abbildung des rätselhaften Kupferstichs  mit dem Titel „Melencolia I“ aus dem Jahr 1514 anschaut.

Besonders Magisches Quadrat

Auf dem mit vielen Symbolen versehenen Bild sieht man eine verträumt, nachdenklich anmutende Gestalt mit Flügeln, die einem Engel gleicht. Neben ihr sitzen ein Knabe und ein Hund.  Dürer hat in sein Bild  noch Gegenstände des Handwerks und der Kunst eingestreut, aber auch Mathematisches hineingepackt. 

Albrecht Dürer (Selbstbildnis, etwa um 1500 entstanden).

Tafeln unter der Kopie des Stichs beschreiben, was man als Betrachter vielleicht nicht auf den ersten Blick sieht: beispielsweise einen Zirkel,  eine Kugel als Modell für den perfekten geometrischen Körper. Und ein Magisches Quadrat: Hier ist die Summe der Zahlen aller Zeilen, der Diagonalen, der Spalten, Quadranten und Ecken gleich. In diesem Fall handelt es sich um die 34. Zudem ist  die Jahreszahl 1514 eingebaut, in der ja das weltberühmte Werk  entstand. Auch sieht man auf dem Stich ein rätselhaftes Polyeder, ein dreidimensionaler Körper, der für die Ausstellung nachgebaut worden ist.

Dürer publizierte Mathematik-Bücher

Bei der Ausstellungseröffnung erfuhr man noch weiteres Wissenswertes über Albrecht Dürer: Er hat eine wegweisende, fortschrittliche Schrift veröffentlicht. Titel: „Underweysung der messung mit dem zirckel und richtscheyt in Linien ebnen unnd gantzen corporen“. Dort berichtet er beispielsweise über die Muschellinie,  Kegelschnitte und eine logarithmische Spirale.

Mit großem Interesse schauten sich die zahlreichen Gäste in der Ausstellung um.

Dürer, der seiner Zeit als Wissenschaftler und Künstler weit voraus war, hat noch weitere mathematische Veröffentlichungen verfasst. Er hat auch erläutert, wie perspektivisches Zeichnen funktioniert und ist der erste gewesen  der geometrische Körper nicht dreidimensional als Ganzes, sondern als flaches Netz abgebildet hat. Ein solches Netz sieht aus wie ein Bastelbogen, so Albrecht Beutelspacher. Überhaupt: Wer die Ausstellung besucht, wird noch mehr Achtung vor der  Lebensleistung Dürers gewinnen.

Auch Leben als Künstler wird gewürdigt

Die Schautafeln im Mathematik informieren auch über Dürers Leben und Wirken als Maler und Zeichner: Phantastische Werke wie „Die vier Apostel“ versetzen jeden Betrachter ins Staunen. Bevor Prof. Beutelspacher die Gäste einlud,  sich in aller Ruhe umzuschauen und zu experimentieren, dankte er seinem Team,  das die Ausstellung  vorbereitet hatte, darunter Melanie Blaschko und Laila Samuel. Nicht zu vergessen: Auch die wertvolle Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Werkstatt wurde gewürdigt. 

Der Leiter des Mathematikums lud auf Dürers Spuren zum Experimentieren und Basteln ein.  
Weitere Führungen vorgesehen

Die Ausstellung ist über 2021 hinaus zu sehen. Neben dem normalen Eintritt entstehen keine weiteren Kosten. Eine vorherige Anmeldung ist über das Buchungssystem erforderlich. Führungen im Rahmen der Ausstellung: 12. Dezember 2021 und 16. Januar 2022, jeweils 15 Uhr. Am 20. Januar  2022 (18 Uhr) spricht Prof. Anja Grebe (Donau-Universität Krems) über Dürers  Ruhm als Mathematiker. Weitere Informationen unter der Adresse www.mathematikum.de

Ein Gedanke zu „Albrecht Dürer“

  1. Der Giessener Bastelbogen mit einem Zentriwinkel von 73° ist unzutreffend. Denn das ergibt gegenüber dem Dürer-Original im B74-Kupferstich ein deutlich zu schmächtiges Polyeder.
    Die Zentriwinkel der von Dürer erstmalig nördlich der Alpen erfolgten zentralperspektivischen Konstruktion betragen 78° und 78,4° und ergeben ein Polyeder, das mit dem Dürers von 1514 nahezu vollständig übereinstimmt, (siehe: rekonstruktion dürer-polyeder, 2019, S.30, Fig.8 ).

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