Neues von der Autobahn
Schlechte Nachrichten für Autofahrer, die auf der A5 Richtung Norden ein dringendes Bedürfnis verspüren: Ab April 2018 bis Ende 2019 können sie zwischen Gräfenhausen und dem Rasthof Wetterau nirgendwo anhalten. In dieser Zeit wird der Rastplatz Schäferborn bei Friedrichsdorf erweitert – und die dortige Toilette gesperrt sein. Der Taunusblick-Betreiber Manfred Kuehmichel kämpft dafür, dass nach Norden strebende Autobahn-Benutzer auch in seiner Raststätte pinkeln dürfen.
A5: 55 Kilometer ohne Klo
Zwischen Frankfurt und Friedberg soll die A5 viel breiter werden. Die Autobahn brauche acht reguläre Spuren für die täglich mehr als 120 000 Benutzer – so hieß es vor fünf Jahren, als die Verkehrsbehörden von Bund und Land ihre Ausbauplanung ankündigten. Danach setzte Funkstille ein. Wann geht es denn nun los? Wird die Autobahn auf der Ost- oder der Westseite verbreitert? Das sei noch unklar, lautet die Antwort der Straßenbauer von Hessen Mobil. Man müsse die Ausbauplanung überdenken.
Angesichts der neuesten Wachstumsprognosen im Ballungsraum müsse man neu planen, so eine Sprecherin. Denn zusätzliche, teils großflächige Siedlungsstrukturen würden „zu neuen Verkehrsbeziehungen und zu einer merklich höheren Verkehrsnachfrage führen“. Geplant sei nun eine Machbarkeitsstudie für den Ausbau der A5 zwischen dem Frankfurter Kreuz und der Anschluss-Stelle Friedberg.
Eine dieser „großflächigen Siedlungsstrukturen“ ist die auf 550 Hektar angelegte Erweiterung Frankfurts nach Nordwesten. Der Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef hat eine Voruntersuchung für den Wohnungsbau auf den Äckern beidseits der Autobahn zwischen Praunheim und Steinbach angestoßen. Das beeinflusst auch den Autobahn-Ausbau. Wie genau, bleibt vorerst unklar.
Konkreter ist ein Projekt weiter nördlich am Rastplatz Schäferborn zwischen Friedrichsdorf und Burgholzhausen. Dort können bislang nur wenige Personenwagen und ein halbes Dutzend Lastzüge in nördlicher Fahrtrichtung anhalten, damit die Insassen die Toilette benutzen oder Pause machen können. Das wird sich ändern. Im April 2018 beginnt der Ausbau des Schäferborns. Der Bund lässt den Rastplatz auf gut fünf Hektar vergrößern. 75 Lastwagen können dort ab Ende 2019 einen Stellplatz finden, berichtet die Sprecherin von Hessen Mobil.
Neue Lkw-Plätze am Schäferborn und Taunusblick
Gebraucht werden aber noch mehr Stellplätze für den Schwerverkehr. Der Ausbau des Rasthofes Wetterau-Ost bei Ober-Mörlen sei weiterhin nötig, meldet Hessen Mobil. Wann und wie genau es losgeht, könne man nicht sagen. Diese Ungewissheit sei quälend, beklagt sich Herbert König. Der Büro-Fachhändler aus Ober-Mörlen ist Sprecher der Bürgerinitiative gegen den Rasthof-Ausbau. Die Landesregierung lasse sich zu keiner genauen Aussage bewegen. Nur der FDP-Landtagsabgeordnete Jörg-Uwe Hahn habe mitgeteilt, dass auf der Ostseite des Rasthofs 75 weitere Lkw-Stellplätze vorgesehen seien.
Sicherer ist die Erweiterung der Rastanlage Taunusblick am Nordwestkreuz auf der Gemarkung von Eschborn. Hinter den Gebäuden mit dem markanten Aussichtsturm gibt es auf einem bewachsenen staatseigenen Grundstück direkt am Steinbach noch Platz für 100 Lastwagen mit Anhängern. Diese Stellplätze sollen laut Hessen Mobil in unbestimmter Zukunft gebaut werden. Sobald Schäferborn und Taunusblick vergrößert sind, müssen die Lastwagen-Fahrer ihre Pflicht-Pausen wohl nicht mehr auf dem Autobahn-Randstreifen verbringen.
Der Taunusblick-Betreiber Manfred Kuehmichel findet das gut. Aber es reicht nicht aus, findet der 73-jährige Unternehmer. Er will erreichen, dass seine westlich der A5 liegende Rastanlage von allen Autobahn-Benutzern erreichbar wird. Auch von Fahrern, die in Richtung Norden unterwegs sind. „Sie sollen bei mir pinkeln, parken und Pause machen können“, proklamiert der Heizölhändler aus Merenberg-Allendorf im Westerwald. Denn zwischen Gräfenhausen südlich von Frankfurt und dem Schäfernborn könne man sich nirgendwo erleichtern, sagt Kuehmichel. Und wenn der Schäferborn im April für 18 Monate schließt, liege die nächste Toilette in Richtung Norden erst bei Ober-Mörlen am Rasthof Wetterau-Ost. 55 Kilometer nördlich von Gräfenhausen.
Die Autobahnbrücke ist befahrbar – aber verboten
Manfred Kuehmichel hat sich den Taunusblick am Nordwestkreuz vor der Jahrtausendwende gesichert. Er riss den ehemaligen Rasthof der US-Armee ab und baute ihn auf eigene Kosten komplett neu. Mit gebührenfreien Toiletten, eigener Konditorei und Restaurant ist der Mittelständler ein Unikum im Raststätten-Geschäft. Der sonst überall präsente Tank & Rast-Konzern ist hier außen vor. Unternehmer Kuehmichel versucht nun, seiner Rastanlage auch die nach Norden strebenden Autofahrer zuzuführen. Wenige Schritte südlich des Taunusblicks überquert die nur für Einsatzfahrzeuge erlaubte Panzerbrücke die A5. Sie stammt aus den Siebzigern, ist 53 Meter lang, elf Meter breit und tipptopp, versichert Kuehmichel. „Ich habe angeboten, die Brücke zu kaufen“, sagt der Unternehmer. Man müsse dann nur noch die Auf- und Abfahren anpassen. Dass die Brücke laut Ausbauplanung von 2012 abgerissen werden sollte, empört Kuehmichel.
Inzwischen ist der Abriss vom Tisch. Die Brücke werde bleiben – aber nur für Polizei und Rettungsdienste benutzbar, heißt es auf Anfrage bei Hessen Mobil. Rechtliche und fachliche Gründe sprächen gegen die Freigabe der Panzerbrücke, so die Sprecherin. Das Bauwerk mit der Inventarnummer 5817608 weise „erhebliche Sicherheitsdefizite sowie funktionale Mängel“ auf. Die Tankstelle wäre nämlich auch nach Öffnung der Panzerbrücke nicht für die nach Norden strebenden Autos erreichbar. Sie könnten nur die Toiletten und die Gasträume anfahren.
Wer in die Glaskugel schaut, sieht in einigen Jahren dennoch eine rege benutzte Autobahnbrücke am Taunusblick. Sie wird gebraucht, wenn die Äcker neben der Rastanlage zum jüngsten Stadtteil Frankfurts werden. Wenige Schritte neben der Brücke unterquert ein Bahntunnel die Autobahn. Er gehört zur noch ungenutzten Verlängerungstrasse der an der Praunheimer Heerstraße endenden U-Bahnlinie 6. Schon in den 1980er Jahren wurde ihre Verlängerung nach Steinbach diskutiert. Am Taunusblick war damals ein Park- and Ride-Platz für Frankfurt-Pendler im Gespräch, die ihre Wagen an der A5 stehen lassen und mit der U6 nach Frankfurt fahren. Neue Aktualität bekäme ein U-Bahnhof am Taunusblick, wenn dort wirklich ein neuer Stadtteil entsteht. Letzteren hält der Raststätten-Betreiber Manfred Kuehmichel aber für wenig sinnvoll: „Bis die Wohnungen fertig sind, dauert es 20 Jahre. Die Wohnungen werden in Frankfurt aber jetzt gebraucht. Da wäre es sinnvoller und schneller, in der Stadt Baulücken zu schließen.“