Das essen die Hessen
Nordlichter, Rheinländer, Sachsen, Schwaben und Bajuwaren ahnen nicht, was ihnen fehlt. Die Hessen essen im Frühjahr und Sommer Grüne Soße mit Kartoffeln, gekochtem Ei und wahlweise mit kaltem Braten oder Kasseler. Es gibt nichts Besses! Hier ein Rezept und eine kleine Reportage über die Grüne Soßen-Manufaktur im Ockstädter „Gerippte“, verfasst in der Schreibwerkstadt der Wetterauer Kreisverwaltung.
Grüne Soße
Auf dem Herd klappert bereits der Kochtopf. Der erdige Geruch von gekochten Kartoffeln liegt in der Luft. In der Küche ist es eng, gerade einmal etwas mehr als zwei Meter ist sie breit. So ist es nicht verwunderlich, dass das Objektiv der Kamera immer wieder beschlägt. „Die Stängel mach ich immer ab, das mag ich sonst nicht“, sagt Eva Maria Scharf. Sie ist Wirtin der Straußwirtschaft „Zum Gerippte“ in Ockstadt. Die Grüne Soße darf als hessisches Nationalgericht nicht auf der Karte fehlen. Nun hat sie die Wetterauer Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch in die Geheimnisse ihres Rezeptes eingeweiht.
Sieben verschiedene Kräuter gehören in die Grüne Soße. Soviel ist klar, doch bei den übrigen Inhalten scheiden sich die Geister. Neben Petersilie, Schnittlauch. Sauerampfer, Kresse, Pimpinelle, Kerbel und Borretsch variieren die Zutaten von Küche zu Küche. Bereitet man die Soße nun mit Jogurt, Quark, saurer Sahne oder Mayonnaise zu? Fast jede Antwort auf diese Frage ist richtig und doch wieder falsch. Eva Maria Scharf hat ihr eigenes Rezept – und ihre Gäste wissen es zu schätzen. Beim gemeinsamen Kochen mit der Sozialdezernentin verrät sie einige Geheimnisse ihrer guten Küche und erzählt von der Geschichte des Gastbetriebes.
Als sie sich dazu entschied, eine Straußwirtschaft zu eröffnen, war das nicht einfach. Klassischer Traubenwein wurde von Winzern schon seit langer Zeit auf dem eigenen Hof angeboten – aber gelten die Regelungen auch für Apfelwein? Scharf hat sich durchgesetzt. Inzwischen ist sie seit gut 20 Jahren Wirtin der Straußwirtschaft „Zum Gerippte“. Nicht nur für leckeres Essen ist das Gerippte ein Anlaufpunkt, hier ist auch ein Teil des dörflichen Lebens zu finden. Man trifft sich, hält einen Plausch über Dieses und Jenes, lernt Zugezogene und Alteingesessene kennen und erfährt immer aktuelle Neuigkeiten zum dörflichen Geschehen.
So geht Grüne Soße
In der Scheune an der Borngasse werden den Gästen selbstgemachter Apfelwein, Handkäs mit Musik und andere typisch hessische Leckereien serviert. Darunter darf die Grüne Soße nicht fehlen.„Das ist ein einfaches und sehr gesundes Gericht. Es zeigt sehr gut, wie man günstig, gesund und regional kochen kann“, schwärmt Becker-Bösch, während sie die Blätter von der Pimpinelle zupft. „So viel Zeit muss sein, das schmeckt man einfach und ich mag es nicht, die Stiele mit in der Soße zu haben“, sagt Scharf und zupft dabei auch die Kerbelblätter von den Stielen. Ihr Sohn macht eine Ausbildung zum Koch im Gederner Schloss. Vom dortigen Koch konnte sie sich einige Kniffe abschauen und ihr Rezept noch weiter verfeinern.
In ihre Soße kommen Joghurt, Mayonnaise und Öl. Etwas Senf, ein Hauch Knoblauch und Zitronensaft verleihen ihr den letzten Schliff und sorgen dafür, dass Säuren, Fette und Schärfe perfekt miteinander harmonieren. Wer nicht so auf Mayonnaise steht, kann auch Saure Sahne nehmen. Ein gutes Mengenverhältnis sind bei 400 Gramm gehackten Kräutern ein Kilo Joghurt, 200 Gramm Saure Sahne, je ein Teelöffel Senf und Salz und eine Prise Zucker. Das mag viel klingen, aber Grüne Soße kann man eben in großer Mange konsumieren.
Arbeit macht vor allem das Kleinhacken der Kräuter. Aber da hilft auch in der Ockstädter Küche die moderne Technik: Statt alle Kräuter fein zu wiegen, kommen sie in den Thermomix. Ein Knopfdruck, und wenige Sekunden später ist die Grüne Soße fertig. Mit den gekochten Eiern aus dem Stall eines befreundeten Hühnerhalters, den Ockstädter Kartoffeln und dem selbst gekelterten Apfelwein ist das Gericht ein echter Genuss.
Stolz präsentiert die Wirtin Becker-Bösch das vom „Wetterauer Landgenuss“ veröffentlichte Kochbuch, in dem auch Rezepte von ihr zu finden sind. Schon am Hoftor wird man vom Logo der „Hessischen Milch- und Käsestraße“ begrüßt und auch bei der „Apfelwein- und Obstwiesenroute“ ist das Ockstädter „Gerippte“ zu finden. „Gesunde und regionale Küche ist mir wichtig und die Zutaten müssen nicht teuer sein. Es freut mich daher sehr, wie Frau Scharf sich dafür einsetzt“, lobt Becker-Bösch.