Langes Warten auf das Spaßbad
Von Detlef Sundermann
Wassersportbegeisterte in Bad Vilbel werden wohl noch auf unbestimmte Zeit auf das Schwimmbad im Ort warten müssen. Der Baubeginn für das Spaßbad der Wund Gruppe ist immer noch nicht absehbar.Großes Schweigen in Sachen Therme
Geschäftsführer Edelfried Balle stellte vor fast einem Jahr auf dem Bad Vilbeler Weihnachtsmarkt mit viel Werbegedöns für dieses Jahr oder Anfang 2025 den Spatenstich für das Mega-Freizeitbad mit erwarteten 1,2 Millionen Besucher im Jahr in Aussicht. Bürgermeister Sebastian Wysocki (CDU) soll seinerzeit zu der Ankündigung befunden haben: „Es ist für alle Beteiligten gut, dass das Projekt vorankommt“.
Die Euphorie scheint verschwunden zu sein. Mittlerweile ist Wysocki offenbar in Sachen Therme schweigsam geworden. Ein aktuelle Bitte des „Landboten“ zu einer Stellungnahme und Antworten auf Fragen blieben ohne Reaktion. Außer bunten Animationen und Werbefilmchen auf der Internetseite der Wund Gruppe, die zeigen wie es seien könnte, wird es vorerst wohl nichts geben.
Mittlerweile liegt der laut Wund Gruppe 120 Aktenorder starke Bauantrag fast vier Jahre beim Kreisbauamt zur Genehmigung vor. Der zuständige ehrenamtliche Vilbeler Stadtrat Klaus Minkel (CDU) teilte auf Nachfrage des Landboten zum gegenwärtigen Status lediglich mit: „An dem Projekt wird intensiv gearbeitet. Über einen Baubeginn wird rechtzeitig informiert werden.“ Mehrere Versuche von der Wund Gruppe eine Stellungnahme zu erhalten, blieben erfolglos, Anrufe wurden prinzipiell nicht an zuständige Mitarbeiter oder der Geschäftsführung weitergeleitet, sondern abgewehrt etwa mit „es kann nicht verbunden werden“. Zu E-Mails hieß es, sie könnten nicht empfangen werden. Vermutlich hat die Anfrage des „Landboten“ eine Mitteilung des Investors aus Markdorf (Bodenseekreis) an ausgewählte Medien ausgelöst.
Irrungen und Wirrungen
Im Sommer des vergangenen Jahres wurde die Verzögerung beim Gaudibad auf der Gemarkung des Stadtteils Massenheim mit dem Nachbessern beim Brandschutz und einer Anpassung auf den „aktuellen Stand der Technik“ begründet. Für dieses Jahr im November lautete die Zusammenfassung des Wetteraukreises: Es wurden „weitere Unterlagen für das Bauprojekt ‚Thermenwelt Bad Vilbel‘ beim Wetteraukreis als Baugenehmigungsbehörde eingereicht“. Kreispressesprecherin Deliah Werkmeister erklärt zudem: „Die Bauaufsicht ist mit der Sichtung und Prüfung der Unterlagen befasst und steht hierbei in engem Austausch mit der Bauherrin.“ Eine Konkretisierung der Antwort wurde mit dem Hinweis auf den Datenschutz abgelehnt.
Bereits 2023 gab es Irrungen und Wirrungen um das, was mit dem Bauantrag und seiner Bearbeitung los ist. Klarheit brachte erst eine Anfrage der Grünen im Kreistag. Darauf hin erklärte 2023 der damals zuständige Kreisbeigeordnete Matthias Walter (CDU), dass seit der Ordnerübergabe mit den Plänen und Baubeschreibungen „entgegen anders lautenden Meldungen … keine weiteren Unterlagen oder überarbeitete Pläne eingegangen“ seien. Den Grünen zufolge habe die Wund Gruppe Monate vor der Kreistagsanfrage jedoch mitgeteilt, „sie habe jetzt überarbeitete Pläne dem Wetteraukreis vorgelegt“.
Offenbar wird immer noch am Brandschutz bearbeitet. Wie die Wund Gruppe jetzt der FNP „exklusiv“ mitteilte, werden Fluchtwege am Computer simuliert. Was aus einem vor zwei Jahren nachträglich eingebrachten Plan geworden ist, um den hohen Energieverbrauch des Bades unter anderem mit Geothermie zu stillen, ist hingegen nicht bekannt gemacht worden. Ein heikles Vorhaben, denn Bad Vilbel befindet sich in einem Quellenschutzgebiet. Das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt schreibt nun auf Anfrage: „2022 wurde vom Vorhaben-Träger ein unvollständiger Entwurf zu einem Antrag bei unserer Bergaufsicht eingereicht mit dem Ziel das Thermalbad mit tiefer Erdwärme (2000 bis 4000 m) zu versorgen. Der genaue Standort wurde unserer Behörde damals nicht mitgeteilt.“ Allerdings sei der Planungsbereich vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) als hydrogeologisch ungünstiges Gebiet eingestuft wurden. In solchen Gebieten seien Vorhaben zur Erdwärmenutzung erst nach einer hydrogeologischen Einzelfallprüfung und teilweise nur mit weitergehenden Auflagen möglich. Mutmaßlichen laufen die Abstimmungen zwischen dem projektplanenden Ingenieurbüro und dem HLNUG weiter, so das RP. Bislang sei jedoch kein zu bearbeitender, vollständiger Antrag zur Geothermienutzung bei der Bergaufsicht eingereicht worden. Auch bei der Unteren Wasserbehörde im Landratsamt liege noch kein Antrag vor, ebenso nicht für Probebohrungen, wie Werkmeister bestätigt.
FDP fordert „Plan B“
Von den Vilbeler Fraktionen im Stadtparlament haben nur zwei Parteien auf die Anfrage des „Landboten“ reagiert. SPD-Chefin Mirjam Fuhrmann erklärte am Telefon, „es läuft viel im Hintergrund“, es sei jedoch nichts Mitteilbares darunter, hieß es vom Koalitionspartner der CDU weiter. „Wir müssen jetzt einen Plan B machten, für ein bescheidenes kommunales Hallenbad“, steht hingegen für Jörg-Uwe Hahn, Vorsitzender der FDP und ehrenamtliches Magistratsmitglied fest. Nicht nur die rekordverdächtige Genehmigungsdauer nennt er als Grund für die Forderung. Dass heutzutage ein Riesenbad auf 15 Hektar unter anderem mit mehr als 30 Saunen und einer nicht weiter in der Dimension benannten Anlage mit Wasserrutschen sowie ein vom Investor zugesagtem integrierten Kommunalbad mit einem im Jahr 2020 aufgerufenen Baupreis von 200 Millionen Euro noch zu verwirklichen sei, glaubte Hahn nicht.
Schon im Sommer bezweifelten dies die Grünen im Stadtparlament. Eine Einschätzung der Kostensteigerung mochte der ehemalige, langjährige Landtagsabgeordnete und Minister, der zudem bis 2020 Aufsichtsratsvorsitzender des Frankfurter Bauunternehmens ALEA Hoch- und Industriebau AG war, nicht abgeben. Auf der Münchener Immobilienmesse Expo-Real sei jedoch zu hören gewesen, so Hahn, „der Finanzbedarf werde für ein Bad dieser Dimension mittlerweile wohl um 300 bis 400 Millionen Euro liegen“. Hinzu kämen die gestiegenen Zinsen. Keine unrealistische Größenordnung, wenn der Blick nach Maintal geht. Dort leistet sich die weniger begüterte Stadt zum Wohl ihrer Bürger ein neues Kommunalbad und muss dafür zum gegenwärtigen Stand 45 Millionen Euro investieren. Das im Bau befindliche Frankfurter Rebstockbad, konzipiert für Freizeit und Sport und deutlich bescheidener als das Vorhaben der Wund Gruppe in Vilbel, kostet der Frankfurter Bädergesellschaft rund 100 Millionen Euro.
„Spätestens nach der Kommunalwahl im Jahr 2026 wird es zum Schwur kommen“, sagt Hahn zum Wund-Bad. Vor gut sechs Jahren wurde das alte Hallenbad am Kurpark abgerissen, um Platz für die Stadthalle zu schaffen, und in der Hoffnung, das Wundsche Spaßbad würde bald gebaut. „Solange Klaus Minkel nicht beginnt, für ein Kommunalbad zu sparen, wird die Stadt weiter darauf setzen, dass die Therme kommt“, meint Hahn und bemerkt an, dass die FDP das Thema demnächst mit einem Antrag aufgreifen werde.
Kommentar
Rund zehn Jahre wartet man in Bad Vilbel auf das Spaßbad, das offiziell als Therme bezeichnet wird. Seit sechs Jahren heißt es für Vilbeler zum Schwimmen nach Frankfurt, Karben oder Nidderau zu fahren, das alte, über Jahre vernachlässigte Hallenbad ist weg. Immerhin haben die Vilbeler noch ihr – ungeheiztes – Freibad, aber das ist eben nur im Sommer geöffnet.
Ob die Wund Gruppe die Therme 2025 baut oder erst in drei Jahren, ist eigentlich egal. Es handelt sich um ein Privatprojekt und eine Kommandowirtschaft à la sozialistischer Staaten gibt es hierzulande nunmal nicht. Also ist die Öffentlichkeit nur Zuschauer. Aber es mutet kurios an, dass ein Unternehmen mit so viel Expertise im Bau und der Modernisierung von Großbädern wie die Wund Gruppe in Bad Vilbel nicht in die Pötte kommt. Vier Jahre schmort das Vorhaben nun beim Wetteraukreis. Die Frage zu den aktuellen Baukosten lässt man bei der Wund Gruppe unbeantwortet, wie überhaupt auch andere vermutlich unangenehme Fragen. Auch wird die Bäderkonkurrenz im Umfeld wachsen, etwa mit dem neuen Hallenbad im Osten von Frankfurt am Ratsweg oder dem Rebstockbad. Man geht dort bestenfalls von 400 000 Besuche im Jahr aus. Die Bad Vilbeler Zielmarke lautet 1,2 Millionen Besuche pro Jahr und das bei wohl deutlich höherem Eintritt. Eine Ansage aus 2020! Aber auch das kann einem gleich sein, es ist ja ein Privatunternehmen.
Das integrierte Kommunalbad muss hingegen schon im öffentlichen Interesse stehen. Es gilt der Daseinsvorsorge der Bürger in der Stadt in Sachen Gesundheit, Freizeit und nicht zuletzt zur Förderung der Schwimmfähigkeit von Kindern und Jugendlichen, über deren Nachlassen sich die DLRG allgemein seit Jahren beklagt. Eine kommunale Aufgabe! Mit der Lösung, sich das Kommunalbad von der Wund Gruppe als Teil eines Großprojektes bauen und betreiben zu lassen, erhofft sich Bad Vilbel, finanziell einen schlanken Fuß machen zu können. Und somit begibt sich die Stadt in Sachen Bad voll und ganz in die Hände eines Investors. Das mag gut gehen. Es gibt in Bad Vilbel jedoch genug Beispiele, wo es eben nicht geklappt hat, vom jüngsten Flop Segmüller mag im Rathaus sicherlich keiner mehr sprechen.
Titelbild: Animation der Therme, die zu Beginn der Planungen von der Wund Gruppe verbreitet wurde.
Nachtrag
Folgende verspätete Stellungnahme der PR-Agentur der Wund-Gruppe erreichte uns am 20. November 2024:
Wir befinden uns im regelmäßigen Austausch mit dem Wetteraukreis und den zuständigen Behörden.
Mit allen Arbeiten für die Baugenehmigung sind wir sehr gut vorangekommen und werden in enger Abstimmung mit dem Wetteraukreis alles unternehmen, um den wichtigen Meilenstein ‚Erteilung der Baugenehmigung‘ bald zu erreichen.
Sobald die Baugenehmigung vorliegt, können wir einen konkreten Zeitrahmen für den Baubeginn – und damit auch den Spatenstich – festlegen. Aktuell arbeiten alle Seiten intensiv zusammen.
Ein Thema ist z.B. der Brandschutz inklusive des Entfluchtungskonzepts, das mit einer komplexen und aufwendigen Computersimulation getestet wird. Qualität muss vor Schnelligkeit gehen, denn selbstverständlich hat die Sicherheit der Gäste absolute Priorität.
Auch die bauvorbereitenden Maßnahmen laufen bereits und es wird von unserer Seite in großem Umfang in das Thermenprojekt Bad Vilbel investiert.
Die Bau- und Projektkosten werden sich auf über 200 Mio. € belaufen.“
Guten Tag,
gestern war ja die Vorstellung des quasi neuen Projektes im Haupt- und Finanzausschuss. So eine miese Veranstaltung habe ich noch nie erlebt. Es wurden keine Zahlen oder Daten genannt, selbst die Frage nach der Energieversorgung scheint irgendwie noch offen . Und die Baukosten ? Die sollen jetzt bei 400 Mio liegen, der Anteil der Stadtwerke liegt bei rund 75 Mio . Das Grundstück, das verpachtet werden sollte wird jetzt verkauft. Aber weitere Daten wurden dann hinter verschlossenen Türen und Ausschluß der Öffentlichkeit besprochen. Man fühlt sich als Bürger weder Ernst genommen noch geht man ansatzweise darauf ein auf welchen Straßen die erwarteten 9000 Besucher PRO TAG anreisen sollen.
In meinen Augen ist dieses Projekt für Bad Vilbel zu groß, ich fürchte aber man (Herr Minkel) will sich unbedingt dieses Denkmal setzen. Die Risiken sind unglaublich, der Wasserverbrauch von 200 Litern pro Badegast und damit fast 2 Mio Liter PRO TAG wird aus unseren Trinkwasserresourcen genommen. Aber der Bürger darf dann vermutlich seinen Garten nicht mehr wässern.