Zehntausende bangen
Von Jörn Dietrich Weder
Solange ich mich erinnern kann, war VW ein Inbegriff deutscher industrieller Stärke und dazu eine Wohlfühloase für seine Beschäftigten. Jetzt steht beides plötzlich in Frage. Der Konzern will mehrere Werke schließen und viele tausend Mitarbeiter entlassen Das verbleibende Personal soll Gehaltsverzicht leisten.Abwärts mit dem Abgas-Skandal
Das Wolfsburger Unternehmen verkauft viel weniger Autos als es produzieren kann und an jedem verkauften Volkswagen verdient es weniger, als es braucht, um auch für die Zukunft finanziell gerüstet zu bleiben. Kenner der Branche sahen schon lange große Schwierigkeiten auf Wolfsburg zukommen, ohne dass die Unternehmensleitung diesen vorgebaut hätte.
Das skandalöse Umgehen gesetzlicher Abgasvorgaben hat VW den guten Ruf und viel Geld gekostet. Das lange verheimlichte Unterlaufen der Vorschriften war ein kapitaler Fehler, aus dem die Unternehmensführung aber nicht die nötigen harten Konsequenzen gezogen hat.
Keine Hilfe von der Politik
Die unausweichliche Umstellung vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb ist der Konzern zu saumselig angegangen. Das wird ihm auf seinem Hauptmarkt China nun zum Riesenproblem. Stets bedrängt von einer mächtigen Arbeitnehmervertretung war man wohl auch in der Bezahlung bis in die letzte Zeit zu großzügig.
Die Absatz- und Finanzprobleme des Riesenunternehmens spitzen sich in einem denkbar ungünstigen Moment zu. Die Bundesregierung ist sich über Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft uneins und bricht über diesem Streit möglicherweise auseinander. Wird Donald Trump zum neuen US-Präsidenten gewählt, drohen nicht nur VW, sondern der gesamten deutschen Auto-Industrie katastrophale Konsequenzen.
Notausgang Vier-Tage-Woche
Retter in der Not sind nicht in Sicht. Wollte die Politik die Arbeitnehmer von VW vor Entlassung oder Lohnkürzung bewahren, brächte sie wahrscheinlich das ganze Unternehmen ins Wanken. Als Arbeitnehmer bei VW hat man jetzt allen Grund sich vor dem, was da kommt, zu fürchten. Welch ein Schock, nachdem man so lange so gut gefahren ist.
Die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner hat eine Vier-Tage-Woche für alle VW-Beschäftigten als eine mögliche Lösung vorgeschlagen. Vielleicht ist das eine Behelfsbrücke, die für eine Übergangszeit trägt.
Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten
Titelbild: Da ging es dem Konzern noch gut: VW Käfer (Baujahr 1965). (Foto: Wikipedia/Vwexport1300 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32044247)