Kulturmacher vermissen ein Netzwerk
Von Klaus Nissen
Gesine Becker weiß, wie eine Stadt attraktiv wird. „Bei einem stabilen Kultur-Angebot bleiben die Leute gerne am Ort“, sagt die Chefin der Alten Mühle aus Bad Vilbel. Die Brunnenstadt, aber auch Karben und Bad Nauheim investieren viel in Musik und Theater. Wie können auch Friedberg und andere Kommunen lebendiger werden? Beim Foyer-Talk im Alten Hallenbad entwickelten vier Kulturmacher gemeinsam mit Landrat Jan Weckler Ideen.Veranstalter in der eigenen Blase
In der Wetterau gibt es viele voneinander isolierte Kulturszenen. „Wir haben eine starke Blasenbildung“, sagte Jan Weckler. „Man macht sich unnötig Konkurrenz“, findet auch Agnes Model von der Genossenschaft „dasgute.haus“ in Butzbach. Es könne passieren, dass nur wenige Kilometer voneinander entfernt zwei Volksfeste, Vorträge oder Folk-Konzerte stattfinden, die sich die Besucher stehlen. Nicht aus bösem Willen, sondern weil die Veranstalter nichts voneinander wissen.
Was tut man dagegen? Und wie kann dauerhaft gute Kultur und Bildung in der ganzen Wetterau installiert werden? Darum drehte sich der Foyer-Talk am Sonntag im Alten Hallenbad. Er war die Fortsetzung eines ähnlichen Gesprächs vor einem Jahr an gleicher Stelle.
„Landkreis muss mehr moderieren“
Und wieder ging eine Forderung an den diesmal anwesenden Landrat: „Der Landkreis muss mehr moderieren“, sagte Ralf Bartel. Er betreibt das Butzbacher Kino und organisiert jeden Sommer eins der größten Open Air-Kinos in ganz Hessen. Die in ihren Blasen schaffenden Kulturarbeiter müssten sich besser vernetzen. Und überhaupt kennenlernen. Das solle die Kreisverwaltung organisieren, meinten Bartel, Becker, Model und auch der Moderator und Hallenbad-Aktivist Harald Schuchardt aus Friedberg.
Mehr noch: Wo kein Kulturamt ist, könne der Kreis Leute mit Veranstaltungs-Ideen an Förderprogramme vermitteln. So könnten Kefenröder Kulturmacher auch Zuschüsse aus den „LandKulturPerlen“ bekommen. In die gleiche Kerbe schlug Stephanie Caspar von der Kultur-AG des Theaters Altes Hallenbad: „Warum ist der Wetteraukreis nicht Mitglied des Kulturfonds Frankfurt RheinMain?“ Diese gemeinnützige GmbH fördere mit Landesgeld tolle Veranstaltungen. Der Hochtaunuskreis sei Mitglied, auch Städte wie Bad Vilbel und Offenbach.
Landrat Jan Weckler ließ sich nicht widerstandslos mehr Arbeit und Kosten aufhalsen. Aufträge nehme der Kreis nur vom Parlament entgegen. Bisher habe keine Partei beantragt, die Wetterau in den Kulturfonds zu integrieren. Aus gutem Grunde. Denn der Kreis müsste sechsstellige Jahresbeiträge einzahlen, die dann auch Veranstaltern außerhalb der Wetterau zu Gute kämen. Der Kulturfonds mache nur Sinn, wenn man mehr Geld herausholt als man zahlt.
Weckler: Landkreis macht schon viel Kultur
Immerhin fördert der Kreis laut Weckler als Mitglied der Kulturregion Frankfurt RheinMain die Route der Industriekultur, die Theaterreihe „Starke Stücke“ und den Kultursommer Mittelhessen.
Sechsstellig finanziere der Kreis die Musikschulen, Schülerbibliotheken, interkulturelle Wochen. Und die Pressestelle des Kreises sei als „Fachdienst Kommunikation“ auch für den Kontakt zu Kulturmachern zuständig.
So ein Gespräch braucht ein Ergebnis. „Wir rufen zu einem Wetterauer Kulturnetzwerker-Treffen auf“, sagte Agnes Model zum Schluss. Der Landrat versprach, er werde prüfen, ob man für eine Koordinierungsstelle Geld aus dem LEADER-Förderprogramm bekommen kann.
Innerhalb seiner Verwaltung werde er versuchen, die Kommunikation zu „schärfen“.Der nächste Talk im Foyer wird kulinarisch. Am 17. November um 16 Uhr plaudert der Karbener Koch Reiner Neidhart aus seiner Küche.