Ukraine-Krieg

Eskalation oder Waffenruhe

Von Dietrich Jörn Weder

Im Ukraine-Krieg bahnt sich eine für beide Seiten gefährliche Zuspitzung an. Russland droht mit neuen kaum abzufangenden ballistischen Raketen in die Ukraine hineinzufeuern. Der Westen steht davor, Kiew zu erlauben, auch Ziele tief im russischen Hinterland anzugreifen. So klettert man auf der Leiter der Eskalation Sprosse für Sprosse nach oben.

Russland ist nicht zu schlagen

Dies ist gewiss eine Situation, um über eine Waffenruhe zum beiderseitigen Vorteil von neuem nachzudenken. Der US-Präsidentschaftsbewerber Trump sagt, dass er den Ukraine-Krieg innerhalb eines Tages beenden würde. Und vielleicht könnte er das auch, indem er Putin die von Russland eroberten Gebiete überlässt, und sagt: Bis hierher und nicht weiter!

Indem Trump der Ukraine zugleich die US-Waffenhilfe aufkündigt, bliebe Kiew kaum etwas Anderes übrig, als in einen Waffenstillstand entlang der derzeitigen Frontlinie einzuwilligen. Etwas Besseres ist für die Ukrainer ohnehin kaum zu erreichen. Denn Russland ist mit seinen nahezu unerschöpflichen Reserven auf dem Feld nicht zu schlagen, gelingt es der Ukraine doch nicht einmal, den Gegner nennenswert zurückzudrängen.

Auch Frieden hat einen Preis

Für die USA und die Nato insgesamt hätte eine solche Lösung aber auch einen hohen Preis, müssten sie doch die nach Westen verschobenen Grenzen einer verkleinerten Ukraine garantieren und notfalls mit eigenem Militär verteidigen. Sollte Putin freilich nach wie vor auf die Unterwerfung der gesamten Ukraine abzielen, wird er sich auf einen solchen Deal nicht einlassen.

Waffenruhe für Moskau schmackhaft?

Dabei könnte der Kreml einer solchen Halbe-Halbe-Lösung durchaus Geschmack abgewinnen, müsste er doch nicht mehr das gesamte wirtschaftliche und auch zivile Leben des Landes auf Jahre hinaus diesem Krieg unterordnen. Russland könnte wieder freier auf der Weltstaatenbühne agieren. Gescheite russische Ökonomen werden auch wissen, dass ihr Land ohne in ein Wiedereinordnen in den Welthandel und westliche Investitionen kaum auf einen tragbaren grünen Zweig kommen kann.

Kampfhandlungen nicht ausufern lassen!

Ob mit Trump oder mit Harris, auch der Westen hat ein starkes Interesse, den Krieg baldmöglichst zu beenden, ehe er in der einen oder anderen Weise aus dem Ruder läuft. Kiew verlangt und braucht auch tatsächlich immer mehr Waffen, um auch nur die jetzigen Kampflinien zu halten. Obendrein drängt das ukrainische Militär darauf, mit den westlichen Waffen immer tiefer in das russische Hinterland hineinzielen zu dürfen. Und damit würde der Krieg auch für die Nato immer mehr zu einem vabanque-Spiel, einem Glücksspiel mit vollem Einatz.

Aber auch nicht die weiße Fahne hochziehen!

Das allerdümmste in diesem Ringen um eine Friedenslösung wäre es allerdings, Sarah Wagenknecht zu folgen und die deutsche Waffenhilfe ohne ein do-ut-des, ohne eine Gegengabe also, einzustellen. Zöge sich der Westen auf diese Weise aus der Affäre, würde Putin dies nur als Einladung verstehen, doch aufs Ganzes zu gehen.

Wie in vieler anderer Hinsicht bleibt uns Europäern einstweilen nichts Anderes übrig als abzuwarten, wie die US-Präsidentenwahlen ausgehen. Trump mag vielleicht für den einen oder anderen überraschenden Stich gut sein. Im Großen und Ganzen haben wir aber allen Anlass, seine außen- und wirtschaftspolitische Unberechenbarkeit zu fürchten. Seine Drohung, insbesondere deutsche Waren mit hohen Zöllen vom US-Markt auszusperren, signalisiert, dass er auf Konfrontation selbst mit Alliierten aus ist.

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten

Titelbild: Ukrainischer BTR-3 in 2021 Kiew. (Foto: Wikipedia)

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