Neue Radwege – vor allem im Westen
Von Klaus Nissen
Deutschland ist Autoland. Doch das Fahrrad wird als Verkehrsmittel immer wichtiger. Wie steht es mit den Radwegen in der Wetterau? Das beleuchtet der Neue Landbote in einer Sommer-Serie. Hier ein Überblick, wo im Kreisgebiet neue Radwege gerade fertig wurden, geplant oder schon im Bau sind.Von Wöllstadt nach Rosbach
In brütender Sommerhitze entstand im Sommer 2023 ein neuer Radweg. In den ersten Julitagen walzten Bauarbeiter den 170 Grad heißen Feinasphalt zwischen Ober-Wöllstadt und Nieder-Rosbach aus. Seit August ist die 1,8 Kilometer lange und 2,5 Meter breite Ost-Westverbindung entlang der Kreisstraße 11 benutzbar. Die Vorbereitung dauerte vier Jahre. Drei Umplanungen waren nötig, bis Landwirte, Polizei und die Kommunen mit allen Details einverstanden waren.
Nieder-Wöllstadt nach Okarben
Auch an der Ostseite der Bundesstraße 3 wird gerade gearbeitet. Der Landesbetrieb Hessen Mobil baut im Auftrag des Bundes bis Jahresende einen 2,3 Kilometer langen und zwei Millionen Euro teuren Radweg.
Radschnellweg von Butzbach nach Frankfurt
Momentan arbeitet der Regionalverband Frankfurt RheinMain an der Machbarkeitsstudie. Der genaue Verlauf der Trasse steht noch nicht fest. Die geradeim Bau stehende Strecke an der B3 zwischen Wöllstadt und Karben wird vielleicht ein Teil davon.
Der Schnellweg gehört zu einem System von acht weiteren Fahrrad-Zubringern nach Frankfurt. Die vier Meter breiten, nachts womöglich beleuchteten und möglichst kreuzungsfreien Wege sollen auch zwischen Wiesbaden und Frankfurt entstehen. Und von Darmstadt durch den Stadtwald nach Norden.
„Kurze Wetterau“ von Butzbach nach Bad Vilbel
Die Idee einer direkten Nord-Süd-Fahrradverbindung in der westlichen Wetterau gibt es schon seit 2015. Angeregt durch den damaligen Landrat Joachim Arnold, stimmten die Verkehrsplaner im Kreishaus und den Anliegerkommunen eine Strecke ab. Die „Kurze Wetterau“ führt vom Butzbacher Marktplatz zum Alten Rathaus in Bad Vilbel. Die Strecke wurde 2019 verbessert – der Weg erfüllt laut Peter Hünner aber nicht die Qualitätsstandards eines Radschnellweges. Im Laufe des Jahres soll die „Kurze Wetterau“ eigene Hinweisschilder bekommen.
Als Teil der „Kurzen Wetterau“ wird der Kreis ab August auch eine 800 Meter lange Lücke zwischen Nieder-Mörlen und den Römerhöfen auf halbem Weg nach Nieder-Weisel vier Meter breit asphaltieren. „Damit bekommt der Radverkehr zwischen Bad Nauheim und Butzbach eine direktere Linienführung“, sagt Peter Hünner.
„Westtangente“ zwischen Rosbach und Frankfurt
Eine weitere direkt geführte Radwegeverbindung aus dem Raum Rosbach und Friedberg in Richtung Frankfurt ist in den Jahren 2021 und 2022 entstanden. Mehrere bislang holprige Abschnitte sind während der Corona-Zeit von den Städten Rosbach und Karben durchgängig asphaltiert worden. Radnetzplaner Hünner nennt sie die „Westtangente“. Sie verläuft von Ockstadt auf Feldwegen nach Süden zur Seemühle bei Rosbach, dann westlich an Petterweil und den Kloppenheimer Windmasten vorbei auf dem Höhenrücken nach Nieder-Erlenbach, Harheim, Berkersheim, Preungesheim bis ins Zentrum von Frankfurt.
Fünf Wege an Kreisstraßen
Entlang der Kreisstraßen sind fünf weitere Radwege in der Planung: An der K174 zwischen Schwalheim und Rödgen (zwei Kilometer) und zweieinhalb Kilometer entlang der K247 zwischen Gronau und Rendel. Außerdem fünf Kilometer an der K172 zwischen Södel und Oppershofen und an der K237 zwischen Lindheim und Heegheim (knapp zwei Kilometer. Für diese vier Projekte laufen die Planungen oder Vorplanungen. Eine weiterer Radweg an der K223 von Ulfa nach Hungen-Langd ist ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Landkreis in Gießen, aber noch nicht angefangen. Für alle fünf Radwege steht Geld im Kreishaushalt bereit. Wann wirklich gebaut wird, hängt vom Baurecht ab.
Weitere Radwege an den Landesstraßen im Kreis planen die Experten von Hessen Mobil in Schotten. Die Sachgebietsleiterin Theresa Franz spricht von insgesamt 26,4 Kilometern, deren Bau 21,5 Millionen Euro kosten soll. Hier die Projekte:
Altenstadt nach Oberau: Im Herbst fertig wird der letzte Kilometer des Radwegs an der L3189. Oberau. Er kostet 730 000 Euro.
Friedberg-Fauerbach nach Dorheim: Vor dem Planfeststellungsverfahren steht der Bau des zwei Kilometer langen und etwa eine Million Euro teuren Radweges an der L3351.
Gronau nach Niederdorfelden: Geplant ist auch ein zwei Kilometer langer Radweg an der L3008. Das Projekt steht vor der Planfeststellung und dürfte rund 1,9 Millionen Euro kosten.
Kloppenheim nach Ober-Erlenbach: Dieser Radweg nahe der L3205 soll noch 2023 durch die Stadt Karben gebaut werden.
Bruchenbrücken nach Friedberg: Seit Jahrzehnten schmerzlich vermisst wird ein Radweg an der L3351. Für ihn gibt es nun einen Vorentwurf. Die 2,6 Kilometer lange Radstrecke an der Görbelheimer Mühle vorbei dürfte etwa 3,4 Millionen Euro kosten.
Vier Radwege an Bundesstraßen
Vier weitere Radwege sind an Bundesstraßen vorgesehen.
Ossenheim nach Florstadt: Seit September 2022 plant Hessen Mobil man eine 3,6 Kilometer lange Strecke parallel zur schnurgeraden Auto-Rennstrecke der B275 zwischen Ossenheim und Nieder-Florstadt. Die Kosten werden auf 2,2 Millionen Euro taxiert.
Ranstadt nach Selters: Weiter östlich an der B275 steht die Planung für den Radweg zwischen Ranstadt und Selters vor dem Planfeststellungsverfahren. Mehr über dieses Projekt in der Infobox auf dieser Seite.
Wölfersheim nach Berstadt: Eine Voruntersuchung beginnt laut Daniela Czirjak von Hessen Mobil gerade für einen Radweg an der B455..
Friedberg nach Rosbach: Schon länger in der Planung ist ein vier Kilometer langer Weg an der selben Bundesstraße zwischen Friedberg und Rosbach. Er dürfte1,2 Millionen Euro kosten – die Voruntersuchung soll bis Jahresende fertig sein. Das gilt auch für die Verlängerung dieses Radweges bis zu Autobahnauffahrt.
Friedberg nach Dorheim: Vor dem Planfeststellungsverfahren steht ein 1,2 Kilometer langer Lückenschluss an der B455.
Bad Vilbel nach Bergen-Enkheim: An der viel befahrenen B521 zwischen der Bad Vilbeler Sudetenlandsiedlung und Bergen-Enkheim will Hessen Mobil auch einen Radweg bauen. Die Planung für die 1,2 Kilometer lange Strecke läuft seit 2021.
Pohl-Göns: Der Bund investiert rund eine halbe Million in die radfahrtaugliche Überführung der Pohl-Gönser Straße am Südrand von Pohl-Göns über die B3.
Im Bereich von Büdingen gibt es noch viel zu planen. Entlang des Seemenbachs soll ein durchgehender Radweg entstehen, berichtet Peter Hünner. Er führt eines Tages von Ober-Seemen bis nach Lindheim. Ein Teil der Strecke existiert bereits von Büdingen bis Lindheim. Von Rinderbügen bis Nieder-Seemen fehlen noch gut fahrbare Wege mit befestigtger Oberfläche. Aber auch hier wird daran gearbeitet mit den Kommunen, Hessen Mobil und der Flurbereinigungsbehörde. Eine Linienführung existiert bereits.
Im vorigen Jahr hatte der Magistrat eine Radverbindung an der L3193 zwischen Lorbach und Herrnhaag angeregt. Mit diesem Projekt wird man sich im im laufenden Jahr aber nicht befassen, heißt es bei Hessen Mobil.
Wie die örtlichen Straßen in den einzelnen Wetterau-Orten besser und sicherer für Radler nutzbar werden, ist Aufgabe der Kommunen. Die Stadt Büdingen feilt gerade an einem Radwege-Konzept. Es wurde im vorigen Herbst teils kontrovers diskutiert und im Frühjahr vorerst von der Tagesordnung des Bauausschusses genommen.
Der lange Weg bis zum Radewegebau
„Radweg 2024 möglich“ hieß es am Silvestertag 2020 optimistisch in einer Zeitungs-Schlagzeile. Inzwischen sind die Planer beim Landesbetrieb HessenMobil froh, wenn der Radweg an der B275 zwischen Ranstadt und Selters pünktlich zum Start der Landesgartenschau im Mai 2027 fertig wird.
Zuletzt wurde die komplette Planung beim Regierungspräsidium Darmstadt eingereicht, meldet Cornelia Höhl von HessenMobil auf Anfrage.
Der 4,2 Kilometer lange und mehr als vier Millionen Euro teure Radweg wird eine auch für Radtouristen wichtige Querverbindung zwischen dem Nidder- und dem Niddatal. Am Wege liegt die gerade mit großem Aufwand restaurierte Kirche des ehemaligen Klosters Konradsdorf. Und die große Gesamtschule mit dem gleichen Namen. Damit die Schülerinnen und Schüler künftig leichter mit dem Rad vom Bahnhof in Effolderbach zur Schule kommen, wird auch eine Querspange des neuen Radwegs zwischen der Schule und Effolderbach gebaut – inklusive einer Unterführung der B275.
Die Planung eines Radwegs ist genauso aufwändig wie der Bau einer Autostraße. Zuerst gibt es eine Voruntersuchung: Ist der Wegebau an der gedachten Stelle überhaupt möglich? Man schaut nach dem Gelände, dem Boden, dem Pflanzenwuchs. Schon letzteres dauert ein ganzes Jahr. Es folgt ein Vorentwurf, dann der Feststellungsentwurf. Er wird beim Regierungspräsidium eingereicht. Das legt die Pläne offen. Die Kommentare von Verbänden, Behörden und Bürger sammelt man ein und überarbeitet dann das ganze Projekt. Erst wenn die Planfeststellung besiegelt ist, können die Radewege-Erbauer beim Kreis einen Bauantrag stellen.