Warum nicht Wirsing?
Von Corinna Willführ
In der Landbote-Serie über das Essen in Corona-Zeiten kommen wir zu einem wichtigen Gemüse, das leider immer noch unterschätzt wird: dem Wirsing. Es passiert schon mal, dass die junge Supermarkt-Kassiererin nicht weiß, was man ihr da auf den Tresen legt. Dabei stellt der krause Kohlkopf in Sachen Geschmack, regionaler Herkunft und gesunder Inhaltsstoffe so manches andere Gemüse in den Schatten.Wirsing – gewickelt oder gerührt
Wirsing: Uff, das Gemüse, das wie Rot- oder Weißkraut zu meinen Kinderzeiten – also Mitte der 1960er – regelmäßiger Bestandteil der mütterlichen Küche auf dem Land war. Und ob der immer gleichen Zubereitung in die Kategorie „nicht schon wieder“ fiel. Nur Spinat oder Rote Bete waren da noch schlimmer. Sieht man mal von Griesbrei ab.
Aber man muss sich den Aufgaben stellen, die das Leben einem stellt. Und weil nun alle Tage in der Küche ein warmes Essen herzustellen ist, kommt auch der Wirsing mal wieder dran. Zumal ja Winter ist – und der Körper nach warm zubereiteter Nahrung verlangt, dazu noch heiß serviert. Also weniger nach einem Salat aus Gurken, Paprika und Tomaten aus südlichen Gefilden.
Was der Wirsing mit der Paprika gemein hat: In ihm steckt viel Vitamin C, das unser Immunsystem stärken kann. Auch stecken in dem eher wenig ansehnlichen krausen Kropf Ballaststoffe und Eiweiß, die, so sagt man, einem beim Abnehmen helfen können.
Ein altes Brötchen gehört auch dazu
Das folgende Debüt-Rezept kann Letzteres indes nicht einlösen. Schon gar nicht mit der bevorzgten Beilage: einem selbst gemachten Kartoffelpüree, zu dem auf jeden Fall ein ordentliches Stück Butter gehört.
Was also ist zu tun: Von einem rund 600 Gramm großen Wirsingkopf die äußeren Blätter abrupfen. Die restlichen von allen Strünken befreien. Während diese in einem leicht gesalzenen Wasser auf Bissfeste gegart werden, geht es um die Füllung. Da wären etwa 250 Gramm gemischtes Hackfleisch (Schwein und Rind), vermischt mit einem Ei und einem ausgedrückten, zuvor eingeweichten alten Brötchen, einer halben klein geschnittenen Zwiebel, mit viel Pfeffer, aber eher weniger Salz – Erklärung folgt- mischen. Nach Gusto vielleicht noch mit ein wenig Parmesan unterrühren.
Die Blätter werden mit Dijonsenf bestrichen
Der Rest ist ganz einfach: Auf die abgetropften Wirsingblätter einen körnigen Senf (Dijon) streichen. Das Fleischfüllsel in diese rollen, mit einer Scheibe Schinkenspeck einwickeln und in eine feuerfeste Form geben. Die gehört dann für eine halbe Stunde in den auf 200 Grad vorgeheizten Herd. Aufgefüllt mit dem Wasser vom Blanchieren der Wirsingbläter oder auch mit Fleischbrühe. Was soll man da über die Menge der zugefügten Flüssigkeit sagen: Einfach aufpassen, dass sie nicht zu sehr eindickt.
Und noch mehr an dem Punkt, wenn man nach Gusto die Wirsingrollen, mit Parmesan bestreut, ihnen dann noch – für Anfänger entsprechend unter Backofen-Aufsicht -eine gebräunte Kruste verpasst.
Hat man all das – in der Küche ganz einfach zu bewerkstelligen, ist man reicher. Nur Mut.