Scheiben in Florstadt zerbrochen
In der Nacht zum 24. Februar 2016
beschädigten Unbekannte gegen 1.15 Uhr drei Scheiben einer
Asylbewerberunterkunft An der Linde in Nieder-Florstadt mit
faustgroßen Zierkieselsteinen. Zwei der Fenster im Erdgeschoss gingen zu Bruch. Keiner der 18 gemeldeten Bewohner wurde dabei verletzt. Es entstand ein Sachschaden von rund 2000 Euro, berichtet die Friedberger Polizei. Der fremdenfeindliche Übergriff war zu befürchten, meint die Antifa-BI.
Steine auf Flüchtlingsherberge
Nach bisherigem Ermittlungsstand geht die Polizei von einem
fremdenfeindlichen Hintergrund aus, da ein Zettel mit entsprechenden Äußerungen aufgefunden werden konnte. Weitere Zettel mit Hetzparolen tauchten im Ortskern von Nieder-Florstadt auf. Von der Ortstafel Nieder-Florstadt am Ortsausgang in Richtung Friedberg bis in die Altenstädter Straße waren diese Zettel an verschiedenen Örtlichkeiten angebracht. Der Schwerpunkt lag am Messeplatz, wo an mehreren Geschäften über ein Dutzend Zettel verteilt wurden.Die Kripo ermittelt nun wegen Sachbeschädigung und Volksverhetzung.
Die Zettel hatten das Format DIN A 4 und waren alle einzeln
handschriftlich mit unterschiedlichen Inhalten beschriftet.
Inzwischen wurde bekannt, dass es auch in der Faulgasse zu einer
Sachbeschädigung in der Nacht zum Mittwoch kam. Dort
beschädigten Unbekannte zwischen 22 Uhr am Dienstagabend und 08 Uhr am Mittwochmorgen zwei Scheiben eines Gebetsraumes der
Ahmadiyya-Gemeinde. Ein Zusammenhang mit der Sachbeschädigung an der Asylbewerberunterkunft kann nicht ausgeschlossen werden, so die Polizei-Sprecherin Sylvia Frech.
Die durch die Steinwürfe aufgeschreckten Bewohner der
Asylbewerberunterkunft konnten zur Tatzeit zwei bis drei männliche Personen in der Nähe des Wohnhauses An der Linde sehen.
Eine Spur auf die Täter hat die Polizei bislang nicht. Die Kriminalpolizei in Friedberg, Tel. 06031-601-0 hat die Ermittlungen übernommen und bittet um Hinweise. Wer hat in der Nacht zum heutigen Mittwoch im Ortskern von Nieder-Florstadt verdächtige Beobachtungen gemacht?
Der Wetterauer Landrat Joachim Arnold hat den Angriff auf die Unterkunft scharf verurteilt: „Ich finde es abscheulich, wenn Menschen, die alles hinter sich gelassen haben, um vor Krieg und Verfolgung, vor Unterdrückung und Gewalt, in unser Land fliehen, solchen feigen Angriffen ausgesetzt sind. Wer so etwas macht, stellt sich außerhalb unserer sozialen Gemeinschaft. Alle demokratischen Kräfte distanzieren sich von solchen Gewalttaten, für die es keinen Platz bei uns in der Wetterau und inmitten unserer Gesellschaft gibt.“
Die Antifschistische Bildungsinitiative erklärt zu den Anschlägen, Fensterscheiben eines Gebetsraumes der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde zerstört wurden. Zudem wurde ein Auto an der Ahmadiyya-Gemeinde mit Klebeband eingewickelt. Dutzende Zettel mit Mordaufrufen gegen Flüchtlinge und Nazi-Sprüchen wurden in Florstadt verteilt. Mehrere Plakate der Partei „Die Linke“ wurden beschädigt und durchgestrichen. „Die aktuellen Übergiffe sind erschreckend, waren jedoch erwartbar. Seit Wochen hetzen NPD und AfD massiv gegen Flüchtlinge. In Florstadt hängen dutzende entsprechende Plakate beider Parteien. Die NPD hatte hier vor mehreren Monaten, die AfD vor kurzem, einen Infostand“, so die Antifa-BI. In der Wetterau werde über entsprechende Facebookseiten gegen Flüchtlinge gehetzt. Die Seiten mit den Titeln „Büdingen wehrt sich“ oder „Friedberg wehrt sich“ haben zusammen 3000 Likes bei Facebook. Die Region um Florstadt war die Hochburg Neonazi-Gruppe „Old Brothers“. Diese feierte Gaskammerpartys in einer Hofreite in Echzell Gettenau, griff ihre demokratischen Gegner mehrfach an, hatte Zugang zu Waffen und Sprengstoff und war tief in den Drogenhandel und die Security-Branche der Region verstrickt. Der „Chef“ der „Old Brothers“ mit dem Spitznamen „Schlitzer“ sitzt deshalb aktuell im Gefängnis. Mehrere „Old Brothers“ arbeiten weiter als Securitys in der Region. Andere sind nun in rechtsextremen Gruppen und Parteien aktiv. Ein „Old Brother“ Mitbegründer kandidiert nun für die NPD zur Kreistagswahl, so die Antifa-BI.
Vor einigen Wochen gab es in Florstadt einen anscheinend sexististisch motivierten Übergriff und eine Körperverletzung durch einen Flüchtling. Dieser wurde von der Polizei umgehend inhaftiert. Dieser einzelne Vorfall wurde jedoch von der Polizeipresse ziemlich vorschnell veröffentlicht und von einer Regionalzeitung sehr unglücklich aufgegriffen. Diese einseitige Dramatisierung wurde von den Neonazis dankbar aufgegriffen und in den „sozialen“ Netzwerken verbreitet. Das Neonazis und ihnen nahstehende Parteien versuchen, diesen Vorfall zu instrumentalisieren und zur Tat geschritten sind, war zu befürchten, erklärt die Antifaschistische Bildungsinitiative und fragt: Was nun tun? Ihr Antwort:
„In Florstadt gibt es eine starke demokratische Zivilgesellschaft und es sind viele Menschen in der Flüchtlingshilfe aktiv. Auch die im Parlament vertretenen Parteien sowie der Bürgermeister haben sich in der Vergangenheit deutlich gegen menschenverachtende Ideologien positioniert. Florstadt muss nun nicht nur ein klares öffentliches Zeichen setzen sondern auch konsequent gegen die junge Neonazi-Szene vorgehen. In der Region können sich Neonazis in vielen Gaststätten und auf vielen Partys offen bewegen. Andererseits fehlen Gegenangebote für nicht-rechte Jugendliche. Dieser Zustand muss geändert werden: Wir als Antifaschistische Bildungsinitiative e.V. stehen hier zur Zusammenarbeit bereit.“