Wildnis-Pädagogik

Romina Potzka wirbt für „wilder leben“

Von Corinna Willführ

Die Ortenberger Natur- und Wildnispädagogin Romina Potzka bietet mehrere Veranstaltungen am Informations- und Mitmachzentrum „Haus an den Salzwiesen“ des Nabu Ortenberg an. Sie arbeitet nach dem Coyote-Teaching, einer uralten Lehrmethode, bei der das Lernen unsichtbar geschieht. Landbote-Autorin Corinna Willführ sprach mit ihr.

Coyote-Teaching

Aufgewachsen ist Romina Potzka in Niedersachsen und Berlin. Viele Jahre wohnte und arbeitete sie in Norwegen. Schon als Jugendliche leitete sie Workshops für Luft-Akrobatik am Trapez und engagierte sich gegen Tierversuche und den Walfang. Seit 2010 lebt die heute 40-Jährige in Ortenberg. Im April bietet die Natur- und Wildnis-Pädagogin, die auch zur Jugendorganisation der Naturschützer, dem NAJU-Team Ortenberg, gehört, mehrere Veranstaltungen am Informations- und Mitmachzentrum „Haus an den Salzwiesen“ an. In diesen wirbt die Mutter zweier Kinder, neun und 14 Jahre alt, dafür: die Natur im Alltag durch Erkundungen in der Region zu erfahren. Dabei arbeitet sie nach dem Coyote-Teaching, „einer uralten Lehrmethode, bei der das Lernen unsichtbar geschieht.“

Landbote: Frau Potzka, Sie engagieren sich seit vielen Jahren für den Naturschutz, insbesondere auch, Kindern ein unmittelbares Erleben von Wald und Flur zu vermitteln. Was hat Sie dazu bewogen?

Romina Potzka: Als 12-Jährige sollten wir in der Schule ein Bild von unserem späteren (Traum-) Beruf malen. Ich habe mich auf einem Greenpeace-Schlauchboot gemalt, wie ich gerade mit einem Messer einen Wal von einem Netz befreite. Zu der Zeit habe ich schon Aktionen mit meinen Freundinnen und Freunden gemacht. Wir sammelten Unterschriften gegen Tierversuche, klebten kleine Briefchen an Autoscheiben, mit der Bitte, die Autos doch besser stehen zu lassen.

Später haben Sie sich unter anderem für Greenpeace engagiert, letztlich aber dafür entschieden, Ihre Erfahrungen, Kenntnisse und Ihr Anliegen rund um die Themen Natur und Umwelt an Kinder und Jugendliche in Ihrer unmittelbaren Umgebung weiterzugeben. Warum?

Ich kann es nicht genau sagen. Seit ich denken kann, habe ich mit Kindern zu tun. Als Jugendliche habe ich bereits begonnen, Jungen und Mädchen am Trapez zu unterrichten. Meine Ausbildung zur Theater- und Zirkuspädagogin habe ich im Jojo-Zentrum in Schwäbisch-Gmünd gemacht. In diesem Bereich arbeite ich seit über 20 Jahren, immer noch, aber weniger. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich mich nach etwas Ruhigerem sehnte, etwas Nachhaltigerem. Das war der Grund, eine Ausbildung zur Natur- und Wildnispädagogin zu machen. Bis heute fühlt es sich für mich nicht wie Arbeit an, wenn ich mir den Kindern draußen tolle Sachen entdecken und erleben darf. Es ist ein Geschenk. Ich finde es eine großartige Tätigkeit, ihnen Begegnungen in und mit ihrer nächsten Umgebung zu ermöglichen.

Collagen aus Naturmaterial

In einem Ihrer aktuellen Workshops verknüpfen Sie die Möglichkeit der Naturerfahrung mit künstlerischen Elementen, konkret der Herstellung von Schmuck aus Naturmaterialien.

Dass ich im April Wildnispädagogik zusammen mit einem Kreativkurs anbiete, ist für mich selbst neu. Ich liebe es, etwa Collagen aus Naturmaterialien herzustellen. Auf diesen Workshop habe ich seit Langem Lust. Und natürlich auf die die „Tage der offenen Zelt-Tür“. Tagsüber können alle Interessierten zu den Angeboten in und um die Zelte kommen. Die Erfahrung mit anderen in einem Zelt zu übernachten, kurz nach Sonnenaufgang aufzustehen und die Aktivitäten danach auszurichten, was das Wetter so vorhält, sind aus meiner Sicht prägende Erlebnisse für Jungen und Mädchen. Diese können Sie in den Osterferien auch zusammen mit ihren Eltern machen. Für die Übernachtungen ist eine Voranmeldung erforderlich.


Romina Potzka und Anne Martin vom NAJU-Ortenberg haben schon Leckeres aus dem Holzofen zubereitet. Nun stellen sie in den Osterferien mit Kindern heimisches Salz zum Mitnehmen her. (Fotos: Corinna Willführ)

Kinder planschen gerne im Matsch. Sie scheuen bei ihren Erkundungen im Freien meist Wind und Wetter nicht. Viele Eltern hegen indes Bedenken, ihre Kinder den „Unbilden“ der Natur auszusetzen. Welche Erfahrungen haben Sie dazu gemacht?

Ganz ehrlich muss ich sagen, dass ich noch nie in der Lage war, besorgten Eltern ihre Bedenken ausreden zu müssen. Im Gegenteil: Ich habe eher positive Rückmeldungen bekommen. Etwa von einer Mutter, die mir schrieb: ‚Ich war ganz verwundert, als meine Tochter aus dem Fenster geschaut hat und sich riesig freute, dass es regnete.‘ Das Mädchen war für den Workshop „Spurenlesen“ angemeldet, bei dem wir etwa nach den „Fußabdrücken“ von Reh, Hase oder Biber Ausschau halten. Und diese sind eben auf feuchten Grund besser zu entdecken. „Wenn ich mal schlechte Gefühle habe und gehe in die Natur sind die wie weggeblasen“, hat ein neunjähriger Junge Romina Potzka nach einem ihrer Kurse berichtet. Hütten bauen im Wald, im Bach nach Larven suchen, im Freien Feuer machen, sind Erfahrungen, die Romina Potzka selbst als Kind machte. „Auch als Erwachsene verbinde ich damit das Gefühl, draußen Zuhause zu sein.“

Kurse mit Romina Potzka

Kräutersalz selbst gemacht“: „Wir gewinnen Salz aus längst vergangenen Zeiten und kombinieren es mit der Frische der Kräuter vom NABU-Gelände“ kündigen Romina Potzka und ihre NABU-Naturführer-Kollegin Anne Marten ihren Kurs am Samstag, 1. April, 10:00-17:00 Uhr an. Veranstalter ist der NABU-Ortenberg. Anmeldung unter: 06041/9621775 oder naju@nabu-ortenberg.de

Spurenlesen“: Ein abgenagter Zweig, ein Stück Fell, Pfotenabdrücke im Boden. Was sind Spuren? Wer hinterlässt sie? Spielerisch lernen Kinder ab acht Jahren in dem Kurs der Evangelischen Familienbildung Wetterau (EFBW) am Montag, 3. April, von 10 bis 14 Uhr Spuren, die Tiere in der Natur hinterlassen haben, zu entdecken und zu deuten. Anmeldung über die EFBW unter: 06031/1627-800. Kursnummer: W 67 4P7.

Tage der offenen Zelt-Tür“: Von Dienstag, 4. April bis Donnerstag, 6. April sind die Türen von zwei indianischen Kuppelzelten für alle geöffnet, die Lust haben an Aktivitäten rund um das Leben in der Natur teilzunehmen. Die Einladung gilt von 10 bis 15 Uhr für Erwachsene wie Kinder. Zu den Angeboten gehören u.a. Schnitzen, Feuer machen, sowie Schmuck aus Naturmaterialien herzustellen. Außerdem besteht die Möglichkeit, eines der Zelte für eine „abenteuerliche Übernachtung mit der Familie zu reservieren.“ Die Teilnahme erfolgt auf Spendenbasis. Ein Teil des Erlöses geht an die Menschenrechtsorganisation Target. Anmeldung per E-Mail bis Montag, 3. April , an : r.potzka@posteo.de Alle Veranstaltungen am NABU-Informations- und Mitmachzentrum „Haus an den Salzwiesen“ in Ortenberg-Selters. Näheres zu den Angeboten von Romina Potzka unter wilderleben.net

Titelbild: Romina Potzka an der Nidder in Nähe der Neumühle in Selters. In Sommermonaten ein gemächliches Flüsschen rauscht es dort nach Regen oder Schneeschmelze ziemlich. Die Wildnis-Pädagogin mag beides.

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