Wandertipp

Auf zum Rothen Horst

Von Klaus Nissen

Acht Themen-Wanderwege gehören zum Inventar von Bad Vilbel. Sie sind zwischen drei und 14,5 Kilometer lang; die Stadtmarketing-Homepage viltour.de beschreibt sie und bietet die GPS-Koordinaten zum Herunterladen an. Diese Wege zu gehen, macht Spaß und ist lehrreich. Beim Spaziergang „Auf dem Rothen Horst“ lernen wir zum Beispiel, dass Bad Vilbel früher ein römischer Steinbruch war.

Wandertipp: ins unbekannte Bad Vilbel

Anno 774 tauchte der Flecken „Felwila“ zum ersten Mal in einer Urkunde auf. Doch das heutige Bad Vilbel ist viel älter. Die ersten Menschen siedelten hier spätestens in der Jungsteinzeit, vor etwa 7000 Jahren.

Die Karte auf www.viltour.de gibt einen Überblick über den Wanderweg „Zum Rothen Horst“. Als Wegweiserin taugt sie nicht. Besser ist es, die GPX-Datei aufs Mobiltelefon zu laden. Repro: Nissen

Warum gerade hier? Die Nidda und der Edelbach gaben ihnen gutes Wasser. Der Boden war fruchtbar. In der Eiszeit hatte der Westwind Lößstaub aus dem Rheintal über den Taunus geblasen. In seinem Windschatten – der Wetterau – sank er ab und bildete dicke Ackerböden.

Der Sandstein lockte die Römer

Die Römer lockte anderes. Sie öffneten im heutigen Vilbel um hundert nach Christus einen riesigen Steinbruch. Der Wanderweg „Auf dem Rothen Horst“ führt direkt zur Abbruchkante. Vom Parkplatz vor dem Friedhof der Auferstehungskirche kann man sie erreichen. Etwas unterhalb bildet die Lohstraße eine Sackgasse. Am Ende geht es rechts um eine Hausecke herum – dann steht man auf einem Fußweg.

In der Verlängerung des nach unten führenden Wanderwegs „Zum Rothen Horst“ taucht in der Ferne die dichte Bebauung des neuen Stadtteils „Im Schleidt“ auf. Im Vordergrund rechts die Kuppel der Mevlana-Moschee an der Büdinger Straße. Im Hintergrund die stark befahrene Bundesstraße 3 und die zur A5 strebende Starkstromleitung. Foto: Nissen

Rechts fällt das Gelände steil zur Nidda ab. Wo heute gepflegte Wohnhäuser und Gärten am Hang liegen, hämmerten vor 1900 Jahren die Steinbrucharbeiter roten Sandstein aus der Wand. Sie zogen die Blöcke zur nahen Nidda hinab und verfrachteten sie zum Abtransport auf Kähne. Der Sandstein war gut zu bearbeiten – die Römer bauten damit Häuser und Plätze.

300 Millionen Jahre alter Sandstein

„Rother Horst“ heißt der Hügel südlich des ältesten Teils von Bad Vilbel. Rot wegen der Farbe des gut 300 Millionen Jahre alten Sandsteins, der hier an die Oberfläche tritt. Horst ist die Bezeichnung eines durch Auftriebskräfte entstandenen Berges.

Im Dickhardt`schen Steinbruch an der Hanauer Straße sind noch Spuren der Pickel zu sehen. Foto: Nissen

Eine Schautafel erläutert am Weinbergsweg, was damals hier passierte: Vor 20 Millionen Jahren zerbrach aufsteigendes Magma die Erdscholle. Im heutigen Stadtgebiet erhoben sich auch der Hellberg, der Niederberg und der Schöllberg. Die Klüfte im Boden füllten sich mit Erosionsschutt. Bis heute kann durch die Risse mineralreiches Tiefenwasser aufsteigen, das seit dem 19. Jahrhundert abgefüllt wird und ein Grund für den heutigen Wohlstand der Stadt ist.

Blick von der Abbruchkante des früheren römischen Steinbruchs auf Bad Vilbel und das Neubaugebiet westlich der Main-Weser-Bahn. Foto: Nissen

Der Wanderweg strebt an Gärten vorbei zur Hanauer Straße. Links verhindert ein Drahtzaun den Absturz in ein großes Loch: Es misst gut 4000 Quadratmeter und ist an drei Seiten von haushohen Wänden aus rotem Sandstein begrenzt. Hier schlugen die Arbeiter des Steinbruch-Besitzers Johann Kaspar Dickhardt die Blöcke aus dem Berg. Das ist lange her. Seit etwa 1950 eroberten Büsche und Bäume das Areal – erst 2009 wurde es von der Stadtverwaltung gelichtet.

Pferdekarren transportierten die Steine ab

Bald zweigt der Weg von der Hanauer Straße halblinks aufwärts in den Kanalweg ab. Wird dann zu einem Pfad, von dem links durch eine Lücke in der Böschung ein weiterer Ex-Steinbruch erreichbar ist. Hohe Eschen beschatten ihn. Eine Schautafel erzählt seine Geschichte: Seit 1847 bis 1852 brach man hier Steine für die Brücken und Durchlässe der Main-Weser-Bahn. Aus diesen roten Sandsteinen besteht die zugleich mächtige und grazile Bahnbrücke der „Vierundzwanzig Hallen“ über dem Friedberger Usatal.

Nur eine kleine bemooste Wand zeugt noch davon, dass im „Main-Weser-Steinbruch“ bis 1906 roter Sandstein für die Brücken und Durchlässe der Main-Weser-Bahn und der Trasse des Stockheimer Lieschens abgebaut wurde. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts eroberte die Natur das künstliche Tal im Rothenberg. Foto: Nissen

Nur mit Pferdekarren konnte man vor 180 Jahren das schwere Baumaterial befördern. In seinem Vilbeler Steinbruch richtete das Großherzogtum Hessen einen Kreisverkehr ein: Die Pferde zogen die Karren von der Hanauer Straße über den teils kanalisierten Edelbach zum Steinbruch hinauf. Voll beladen steuerten sie über den Kanal- und Steinweg die Baustellen an.

Mit dem Abraum der Steinbrüche wurde der Hang des Rothenberges nach Osten abgeflacht. Heute wandert man hier auf grasigen Pfaden teils an wohlgeordneten Gärten vorbei, teils durch einen Dschungel aus Brombeerdickichten und zugewachsenen Obstwiesen. Hoch ragen darüber die Kronen alter Eichen, Eschen und Walnussbäume. An einigen Stellen erlauben sie Ausblicke auf den Stadtwald im Osten, auf die Neubaugebiete und die Taunushöhe im Westen. Der Wanderer wundert sich, als er am Ende der Rundtour die Auferstehungskirche ansteuert, dass sich so nah an der Kernstadt ein so großes, kaum bekanntes Biotop verstecken kann.

Vilbeler Wanderwege

Die Bad Vilbeler Themen-Wanderwege sind seit 2023 beschildert worden. Allerdings sollte sich niemand, der sie geht, allein auf die Schilder verlassen. Sie sind nicht an allen Wendepunkten zu finden. Besser ist es, die Strecken von der Webseite viltour.de ins Mobiltelefon zu laden.

Gerade mal drei Kilometer kurz ist der Rundweg „Auf dem Rothen Horst“. Er führt von der Auferstehungskirche aus zu alten Steinbrüchen, deren Geschichte und Geologie auf Tafeln erklärt wird. Die Runde, auf der 110 Höhenmeter zu überwinden ist, dauert gut eine Stunde.

Ein paar Schritte vom Graubergweg entfernt kann sich der Wanderer auf diese nur scheinbar gemütlichen Beton-Sitzmöbel hocken – oder lieber stehend die Aussicht auf den Vilbeler Stadtwald genießen. Foto: Nissen

Empfehlenswert ist auch die 6,8 Kilometer lange Skyline-Tour. Sie umrundet den Heilsberg und bringt schöne Ausichten auf die Frankfurter und die Bad Vilbeler Skyline.

Barrierefrei ist der 5,6 Kilometer lange und stets abkürzbare “Wassererlebnisweg“, der vom Südbahnhof aus beide Nidda-Ufer stromab- und -aufwärts erkundet. Auch der 9,7 Kilometer lange Landschaftsweg „Schaufenster Wetterau“ ist bequem mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen benutzbar. Er führt vom Festplatz aus an Wiesen entlang nach Gronau und dann zur Nidda – im Café des Dottenfelder Hofes kann man zum Schluss rasten.

So sehen die Richtungsanzeiger für die Vilbeler Themenwanderwege aus. Leider sind sie so klein, dass man sie leicht übersieht. An mancher Wegkreuzung fehlen sie. Foto: Nissen

Der „Auenland-Pfad“ beginnt ebenfalls am Festplatz. Über 9,7 Kilometer führt er die Nidda entlang nach Norden, umrundet dann den Golfplatz östlich von Dortelweil. Auch dabei kann man zum Schluss in der anthroposophischen Hofgemeinschaft rasten.

Eine fünf Kilometer lange Waldrunde erkundet den Vilbeler Forst. Sie beginnt am Ritterweiher neben der Friedrich-Ebert-Straße und führt auf meist schattigen Wegen auch rund ums Biotop am alten Schießplatz.

Mit 14,5 Kilometern Länge ist der Natura-Trail oder „Vilbelsteig“ eher als Tagestour geeignet. Los geht es am Südbahnhof, dann durch den Vilbeler Wald, über die Berger Wiese nordostwärts nach Gronau. Dann in einer Runde zum Dortelweiler Golfplatz mit dem Nidda-Ufer und zurück nach Gronau – wo man mit dem Stockheimer Lieschen stündlich zurück zum Ausgangspunkt kommt.

Die Flyer der einzelnen Wege und weitere Informationen zum Wandern und Vilbel-Erleben sind auf viltour.de erreichbar – auch auf Papier und mündlich in der neuen Tourist-Info an der Frankfurter Straße 74. Dort kümmert sich dienstags, mittwochs und donnerstags zwischen 10 und 15 Uhr ein engagiertes Team um die Gäste.

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