VORTRAG IN BUDAPEST

Gießener Amateurfilme werden archiviert

Das „Kleine Filmbüro – Gießen in bewegten Bildern des Oberhessischen Museums“ wurde kürzlich zum Fiaf- (Fédération Internationale des Archives du Film) Kongress nach Budapest eingeladen. In einem Vortrag vor etwa 350 Fiaf-Mitgliedern schilderte der wissenschaftliche Mitarbeiter Mário Jorge Alves den Gießener Umgang mit privaten Filmaufnahmen und dessen museale Nutzung. Beispielsweise geht es um Aufnahmen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Blick in das Veranstaltungsforum in Budapest. (Foto: Stadt Gießen)

Der Kongress wurde organisiert vom ungarischen Nationalarchiv im Filmtheater Urania, das zu den ältesten Kinos Europas zählt, berichtet die Pressestelle der Stadt Gießen.

Große Ehre für Oberhessisches Museum

Das diesjährige Thema des Kongresses lautete „Das sichtbare Archiv: Archivierung, Bewahrung, Digitalisierung und gemeinsame Nutzung von „non-feature“-Filmsammlungen„. „Das ist schon ganz schön beeindruckend, dass wir zum Kongress eingeladen wurden. Wir sind immerhin die kleinste vertretende Institution in Budapest und durften neben solch Größen wie dem Deutschen Bundesarchiv, Yale Film Archiv in den USA, Ludwig Bolzmann-Institut in Österreich, der Cinemathek Quebec in Kanada, der Cinemathek Toulouse in Frankreich, Jerusalemer Filminstitut in Israel, dem EYE Filmmuseums in den Niederlanden, der Cinemathek Lissabon in Portugal oder dem Filmmuseum in Buenos Aires in Argentinien unser Museumsprojekt vorstellen“, so der Vertreter des Oberhessischen Museums, Mário Jorge Alves.

Gießen international bekannt gemacht

„Unser Gießener Museum ist nun zwischen Japan, Südafrika und Argentinien für den Umgang mit privaten Filmaufnahmen weltweit bekannt. Und wir wurden sogar gefragt, an einer internationalen Kooperation mitzuarbeiten, um einen Leitfaden zum Umgang mit Amateurfilmaufnahmen zu erstellen. Das ist großartig!“, so Alves weiter. Eine Gruppe von Archivaren aus den USA und Europa arbeitet zurzeit an der Erstellung eines Home Movie Handbooks, eines praktischen Leitfadens für Archivare, der wichtige Themen und Fallstudien im Zusammenhang mit dem Erwerb, der Katalogisierung und der Präsentation von Amateurfilmen behandelt. 

Filmarchivierung ist bedeutsame Aufgabe

Das Oberhessische Museum kann seine Erfahrungen mit der sogenannten Citicen Science (der Beteiligung von Zeitzeugen bei der Erschließung von Geschichte) hier ins internationale Netzwerk einbringen. Heutzutage werden weltweit große Fortschritte bei der Digitalisierung und Restaurierung von Filmklassikern erzielt, aber es bleibt noch viel zu tun, um die Filmarchivierung zu einer strategischen kulturellen Priorität zu machen.

Thema des Symposiums waren verschiedene Aspekte der Archivierung – vom Erwerb und der Katalogisierung bis hin zur Bewahrung und Verbreitung – von Filmen, die als „Non-Feature“-Filme bezeichnen werden, d. h. kürzeres, nicht narratives oder nicht-fiktionales Material. In den meisten Archiven übersteigt die Zahl der Non-Feature-Filme die der Spielfilme, Sammlungen von z. B. Wochenschauen und Experimentalfilmen werden tendenziell weniger beachtet, auch wenn ihr kultureller, technischer und historischer Wert weithin anerkannt ist.

Filme aus der Kriegszeit und danach archiviert

Im Vortrag von Mário Jorge Alves ging es um Sammeln und Archivieren von Schmalfilmen zusammen mit der lokalen Bevölkerung. Wie viele andere Städte in Deutschland wurde auch Gießens Architektur während des Zweiten Weltkriegs weitgehend zerstört und unzählige historische Dokumente gingen in den Bränden verloren. So gibt es nur wenige bewegte Bilder aus der Zeit vor, während und unmittelbar nach dem Krieg.

Das Kleine Filmbüro im Oberhessischen Museum hat sich zum Ziel gesetzt, Amateurfilme zu sammeln, um einen Teil der Geschichte Gießens wiederherzustellen. Dazu verbindet es die Kleinfilme als solche mit den Geschichten und dem Wissen ihrer Besitzer*innen. Gemeinsam mit der Bevölkerung werden die Filme auf historischen Projektoren gesichtet, gesammelt und dokumentiert. In vielen Fällen werden sie auch digitalisiert. Diese Filme können dann in den Ausstellungen der Museen verwendet werden sowie in Zukunft auch für Neugierige und Forscher*innen öffentlich zugänglich sein.
Der Internationale Verband der Filmarchive, setzt sich seit 1938 für die Erhaltung des weltweiten Filmerbes und den Zugang dazu ein. In ihr sind die weltweit führenden gemeinnützigen Einrichtungen in diesem Bereich zusammengeschlossen.

Die Arbeit des „Kleinen Filmbüros in Gießen“ wurde vorgestellt und damit auch das Oberhessische Museum. (Archivfoto: Jörg-Peter Schmidt)



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