Volksbühne Friedberg

Gelungener Neustart

Vor fünf Jahren stand die Volksbühne Friedberg vor dem Aus. Doch der Neustart ist gelungen. In der Wetterauer Kreisstadt gibt es weiterhin professionelle Theatergastspiele.

Liquidation abgewendet

Mangels Nachfolger der scheidenden Akteure befand sich die Volksbühne bereits in Liquidation. Gegen die Auflösung formierte sich Widerstand. „Die Liquidation der Volksbühne Friedberg konnte abgewendet werden. Bernd Baier wurde zum neuen Vorsitzenden des seit 60 Jahren bestehenden Vereins gewählt“, konnte der Landbote am 6. Juni 2019 berichten. Einstimmig wurde ein Mann vom Fach zum neuen Vorsitzenden gewählt: Bernd Baier, mehr als 30 Jahren Leiter Rechnungswesen in der Alten Oper Frankfurt und Inhaber des Ticket-Shop in Friedberg. Marc Rohde wurde Kulturmanager des wiederbelebten Verein.

Die Aufführungen der Volksbühne sind aufwändig und bedeuten viel Arbeit. (Fotos: Volksbühne)

In den ersten Monaten ihrer Aktivitäten sei nicht sicher gewesen, ob Baier und Rohde die Rettung dieser traditionsreichen Kulturinstitution gelingen würde. Die Verhandlungen seien zäh aber schließlich erfolgreich gewesen. Im Herbst 2019 konnten Baier und Rohde konnten im Herbst 2019 mit der Planung beginnen. „Die erste Saison war dadurch geprägt, dass auf die Schnelle für die wenigen noch zu erhaltenen Termine in der Stadthalle zeitlich passende Angebote von Tourneetheatern gefunden werden mussten. Neben einer Portion Glück gehörte auch die beharrliche Suche nach geeigneten Stücken und Anbietern dazu“, blickt die Volksbühne in einer Pressemitteilung zurück. „Ein Schauspiel, das uns für den Herbst zugesagt war und nach Rücksprache mit dem Verkäufer in den Vorverkauf gegeben wurde, wurde von kurz darauf von Anbieter wieder abgesagt, weil eine andere Stadt besser in dessen Tourneeverlauf passte“, berichtet Rohde.

Corona wirbelt alles durcheinander

Dann kam Corona und wirbelte alles durcheinander. Dank Bundeshilfen kam die Volksbühne Friedberg finanziell über die Runden. „Der Aufwand erhöhte sich durch Absagen und Verlegungen, sowie die sich stets von einem auf den anderen Tag ändernden Regeln. Produzenten gingen unterschiedlich mit der Situation um. Einige freuten sich über Ersatztermine, andere berechneten trotz ausgefallener Vorstellung Plakatvorlagen oder strichen bei jeder Verlegung die einst zugesagten Rabatte. Das Geschäft ist hart und jeder kämpfte damals ums Überleben“, berichtet Rohe, der in dieser Zeit auf die Hälfte seines Minijob-Gehalts verzichtete, um die Vereinskasse zu schonen.

Nach der Pandemie normalisierte sich der Spielbetrieb und es wurden einige Erfolge verbucht. Zwei der vom Volksbühnenteam ausgewählten Produktionen wurden später mit dem wichtigsten Preis für Tourneetheater ausgezeichnet. Produktionen von renommierten Bühnen, wie dem Ernst Deutsch Theater Hamburg und dem Renaissance-Theater Berlin und eine ganze Menge Stars gastierten in Friedberg. Baier und Rohde gewannen mehrere Schulklassen für den Besuch der Aufführung von „1984“ nach George Orwell. In diesem Herbst steht mit „Draußen vor der Tür“ wieder ein für Schüler geeignetes Schauspiel auf dem Spielplan.

Viele Stars gastieren in Friedberg

Mit den beliebten Familienmusicals werden jüngere Kinder an das Thema Theater herangeführt. Für 2027 steht ein ganz besonderes Highlight auf der Plan: Rohde konnte das heiß begehrte Musical „Anouk“ von Hendrikje Balsmeyer und Peter Maffay für einen Samstagstermin in Friedberg buchen. Ein besonderes Anliegen von Bernd Baier wurde im vergangenen Sommer realisiert: eine Veranstaltung im Burggarten. Auch in diesem Sommer ist die Volksbühne wieder an dieser besonders schönen Stätte aktiv. Der vom Hessischen Rundfunk bekannte Bastian Korff revitalisiert sein eigentlich schon eingemottetes Brecht-Programm und präsentiert gemeinsam mit seinem Pianisten eine inhaltlich und musikalisch spannend-unterhaltsame Reise durch Brechts Welt, Gedanken und Ideen. Anspruch und Unterhaltung schließen sich bei der Volksbühne nicht zuletzt Dank der kontinuierlichen finanziellen Unterstützung durch die Kreisstadt Friedberg nicht aus.

Marc Rohe gestaltet den neuen Flyer des Volskbühne.

Baier und Rohde erinnern sich an einige besondere Erlebnisse der vergangenen fünf Jahre. Baier: „Da war zum Beispiel das Musical, bei dem wir vom Produzenten um etwas Flexibilität gebeten worden waren und als Dankeschön einen Aufbauhelfer weniger stellen durften. Leider wusste der mitreisende technische Leiter von dieser Vereinbarung nichts und ist vor Ort fast explodiert. Zu allem Übel erschien just am selben Abend auch ein fest eingeplanter Abbauhelfer nicht und die Stimmung stieg ins Unermessliche.“ Rohde: „Nach dem Gastspiel einer Truppe aus Norddeutschland kontaktierte mich am nächsten Morgen aufgeregt das Hotel, in dem ich die Übernachtung gebucht hatte. Ein Künstler hatte den Zimmerschlüssel mitgenommen. 200 Kilometer war der Arme schon entfernt, als ich ihn erreichte. Es ist auch schon passiert, dass unsere Gäste etwas Wertvolles in der Stadthalle vergessen hatten. Ein Mitarbeiter der Stadthalle machte sich auf die Suche nach dem vermissten Gegenstand und schickte diesen schließlich per Post nach.“

Titelbild: Familienmusicals sind recht bliebt im Volksbühne-Programm.

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