Nabu warnt vor Glyphosat-Einsatz
Der Naturschutzbund (Nabu) Horlofftal hat in der grünenden und blühenden Frühlingslandschaft fatale gelbbraune Flecken entdeckt. „Dort wurde ein Totalherbizid gespritzt, um Unkräutern, Beikräutern und Wildkräutern für einige Zeit den Garaus zu machen“, stellen die die Naturschützer fest und warnen vor den höchst schädlichen Folgen für die Pflanzen- und Tierwelt.Bedenkenlos auf großen Flächen versprüht
Bei den Totelherbiziden handele es sich meist um Glyphosat (C3H8NO5P), das werde weltweit am meisten eingesetzt. Weitgehend bedenkenlos wird es vor allem unter dem Handelsnamen „Roundup“ oder „Touchdown“ auf großen Flächen auch in Deutschland versprüht. Das Ende von Glyphosat sei zwar politisch eingeläutet. Die weitere Anwendung bis zum endgültigen Aus sei ökologisch fatal und bodenschädlich „mit unabsehbaren Folgen“, meint der Nabu Horlofftal. Etwa 5.000 Tonnen des reinen Wirkstoffs würden pro Jahr alleine in Deutschland verkauft. Auch auf Gleisanlagen und in Haus- und Kleingärten werde der umstrittene Unkrautvernichter vielfach eingesetzt. Von den etwa 84 Pflanzenschutzmitteln, die den Wirkstoff Glyphosat enthalten, dürfen laut Nabu 42 auch in Haus- und Kleingärten bis maximal 500 Quadratmeter angewendet werden. Die in Kleingärten verspritzte Menge sei jedoch nur ein Bruchteil der Gesamtmenge. Im Internet werde der Online-Kauf ohne zertifizierten Sachkundenachweis im Ausland, zum Beispiel Polen und Holland, beworben.

Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel vernichten laut Nabu als Ttotalherbizid nahezu alle Wildpflanzen. Herbizide wie Glyphosat beeinflussten deshalb die Artenzusammensetzung und die Häufigkeit von Wildkräutern und Gräsern sowohl auf Äckern wie auch auf angrenzenden, nicht zu behandelnden Flächen. Etwa ein Drittel der typischen Ackerwildkrautarten sei gefährdet und ihr Bestand habe in den vergangenen Jahrzehnten massiv abgenommen. Wo ehemals noch 20 bis 30 Arten an Ackerkräutern zu finden gewesen seien, seien es heute meist nur noch etwa fünf bis sieben Arten. Dabei handelt es sich oft um herbizidtolerante Gräser und andere Generalisten.
Nach den Pflanzen verschwinden die Insekten
Mit der Vernichtung von Ackerwildkräutern gehen Nahrungsquellen und Lebensräume verloren, warnen die Naturschützer. „Nach dem Verlust der Pflanzen verschwinden viele der Bestäuberarten, zum Beispiel Wildbienen, Schwebfliegen, Hummeln und Schmetterlinge, die auf diese Pflanzen zwingend angewiesen sind“, warnt der Nabu. Studien zeigten, dass insbesondere die Bestände von Bestäuberinsekten, die auf nur wenige Pflanzenarten spezialisiert sind, stark sinke und in der intensiv genutzten Landschaft kaum noch Überlebenschancen hätten.
Die Folgen des Einsatzes von Totalherbiziden wie Glyphosat seien unübersehbar: Die Ackerbegleitflora verarme und die Insektenpopulationen gehe stetig zurück, Resistenzbildungen bei manchen Pflanzenarten seien ebenfalls zu beobachten. Doch auch für Bestände zum Beispiel vieler Vogel- und Fledermausarten habe der Unkrautvernichter weitreichende Konsequenzen. Seit 1980 seien in Deutschland mehr als 10 Millionen Vogel-Brutpaare aus der Agrar-Kulturlandschaft verschwunden. Besonders stark betroffen seien Vogelarten, die sich von Insekten ernähren wie Kiebitz, Rebhuhn, Grauammer und Feldlerche.
Die Kontamination der Böden durch Glyphosat und seinem Abbauprodukt AMPA werde in der Europäischen Union bereits als hoch einzustufen: 48 Prozent der beprobten Böden hätten Rückstände von über 0,05 Milligramm pro Kilogramm Boden aufgewiesen. Das Herbizid gelange aber nicht nur in die Böden: Durch Regen und atmosphärische Verdriftung könne es zudem auf angrenzende Flächen, in Bäche, Flüsse und Seen gelangen.
Glyphosat-Verbot seit langem gefordert
Der Nabu setzt sich seit Langem für ein Glyphosat-Verbot ein. Das Pflanzenvernichtungsmittel müsse schnellstmöglich, wie von der Bundesregierung beschlossen, verboten werden. Und es müsse sichergestellt werden, dass als Ersatz für Glyphosat nicht noch giftigere Mittel eingesetzt werden. Ob Glyphosat Krebs erzeugen oder die Krebserzeugung fördern kann, darüber habe sich eine intensive öffentliche und wissenschaftliche Debatte entwickelt. Die habe sich seit 2015 verschärft, weil 2017 die pflanzenschutzrechtlichen Zulassungsverlängerung anstand. Eine europäische Bürgerinitiative forderte mit fast 1,1 Millionen gültigen Unterschriften das Verbot von Glyphosat. Es gab Gutachten und Gegengutachten, wobei die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) in ihrer Bewertung von einer „wahrscheinlich krebserregenden“ Wirkung für den Menschen ausgeht. Dem widersprachen laut Nabu „einige, auch industriefinanzierte Institutionen“. Eine eine endgültige Klärung stehe noch aus.
Die negative Wirkung auf die pflanzliche und tierische Lebensvielfalt sei jedoch belegt, und nachweisbar. Der Nabu Horlofftal appelliert deshalb an Landnutzer, auf die Anwendung glyphosathaltiger Mittel zu verzichten, und an Verpächter, eine derart lebensfeindliche Landbaupraxis auf ihren Feldern nicht zuzulassen. „Letztlich haben es jedoch die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Hand, umweltfreundlich und naturverträglich erzeugte Produkte zu erwerben und über die ‚Abstimmung mit dem Geldbeutel‘ weiterzuverbreiten“, stellt der Nabu Horlofftal fest.
Titelbild: Der gelbbraune Farbton ist die Folge einer Glyphosat-Spritzung. Das Foto hat der Nabu Horlofftal am 25. April 2023 östlich von Langsdorf in Richtung Hungen aufgenommen.
Zum Artikel „Nabu warnt vor Glyphosat-Einsatz“ möchte ich die Vorteile von Glyphosat ergänzen:
1. Erosionsschutz: Anders als nach dem Unkraut-Hacken liegt der Boden nicht blank, sondern bleibt bedeckt, das verhindert Bodenerosion bei starken Niederschlägen.
2. Bodenschutz: Nach effizienter Unkrautbekämpfung kann man auf das Pflügen mit wendender Bodenbewegung verzichten. Das schont das Bodenleben und langfristig bildet sich eine stabiles und tragfähiges Bodengefüge.
3. Gewässerschutz: Im Boden gespeicherter Stickstoff bleibt für die kommende Kultur erhalten. Demgegenüber wühlen alle mechanischen Verfahren die Bodenstruktur auf und mobilisieren den gespeicherten Boden-Stickstoff. Da ihn in dieser Zeit kein Bewuchs aufnimmt, wird er ausgewaschen.
4. Klimaschutz (1): Die alternativen Methoden zum Einsatz von Glyphosat sind mehrfaches Hacken, Striegeln oder Grubbern. Alles Arbeitsgänge mit großem Bedarf an Zugkraft und hohem Dieselverbrauch.
5. Klimaschutz (2): Lässt man die oberen Bodenschichten ungestört, bauen sie mehr Humus auf und binden auf Dauer mehr CO2. Außerdem verringert der im Boden erhaltene Stickstoff der Düngebedarf.
6. Versorgungssicherheit: Effiziente Unkrautbekämpfung senkt die Kosten, erhöht die Ernten und stärkt die heimische Produktion von Lebensmitteln.
7. Umweltschutz: Glyphosat enthält weder Schwermetalle noch Halogene. Das organische Molekül besteht aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor und wird in der Natur vollständig abgebaut.
8. Verbraucherschutz: Glyphosat ist weniger giftig als Kochsalz, Koffein, Teein, Aspirin oder Backpulver.
Fazit: Der Anblick einer gelben Ackerfläche mag das Auge stören, ist aber ein Ausdruck guter Landwirtschaft, die die Ressourcen schont und das Land mit Lebensmitteln versorgt. Die Alternative zu den gelben Flächen im Frühjahr sind im Übrigen braune Flächen im Frühjahr nach dem Unkraut-Hacken.
Michael Schlag, Diplom-Agraringenieur