Tempo 30

Bad Nauheim fährt vernünftigtempo30-3

Von Petra Ihm-Fahle

Was lange fährt wird endlich langsam: In Bad Nauheim ist nach langem Hickhack Tempo 30 für das gesamte Stadtgebiet durchgesetzt worden. Im Frühjahr war noch die schwarz-grüne Regierungskoalition an diesem Thema zerbrochen: Die CDU hatte bedenken gegen das Flächendeckende Tempolimit.

Tempo 30 kommt langsam

Oft genug dachte Dr. Martin Düvel (Grüne), er traue seinen Ohren nicht, wenn es in den parlamentarischen Gremien im Lauf des letzten Jahrs ums flächenhafte Tempo 30 ging. Noch im Sommer 2015 hatte das Bad Nauheimer Parlament einstimmig den Verkehrsentwicklungsplan verabschiedet, womit die Geschwindigkeitsbeschränkung im Grunde beschlossene Sache war. Lediglich zur Detailplanung sollte die Vorlage noch einmal in den städtischen Ausschuss für Bau, Planung und Verkehr. Dort kam es im Januar dieses Jahrs allerdings zu einem schweren Konflikt. Zunächst weigerten sich die Stadträte im Magistrat, Tempo 30 zu beschließen, worauf der Ausschuss mehrheitlich nachzog und bei dieser Haltung auch in der nächsten Sitzung blieb. „Es solle kein Wahlkampfthema werden“, hieß es aus den Reihen der Christdemokraten plötzlich, worauf die Grünen erbost die Koalition kündigten.

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Claudia Kutschker und Dr. Martin Düvel (beide Grüne) sind erleichtert. (Fotos: Ihm-Fahle)

Auch nach der Kommunalwahl ging es schleppend in dieser Sache weiter, denn nun hatte der neue Koalitionspartner der CDU Aversionen: die FW/UWG, die länger für die Beratung brauchte. Jetzt aber ist es soweit: Nachdem sich zuerst der Bauausschuss mehrheitlich pro Tempo 30 aussprach, folgte am Donnerstagabend das Stadtparlament. Düvel resümierte die jahrzehntelange Vorgeschichte. „Es ist 25 Jahre her, da hat das Parlament flächenhaftes Tempo 30 in Bad Nauheim beschlossen“, schilderte er. In den Stadtteilen sei die Regelung umgesetzt worden, in der Kernstadt nur stückweise. „Es ist ein Flickenteppich und ein unhaltbarer Zustand“, erklärte er. Die Frage stelle sich, wieso für Kinder, Senioren und Radfahrer in der Kernstadt ein geringerer Schutz gelte als in den Stadtteilen. „Es sind die Gesetze der Physik“, betonte er. Je langsamer ein PKW fahre, desto kürzer sei der Reaktions- und Bremsweg. „Wenn in etwa 15 Metern vor Ihnen ein Kind auf die Straße läuft, kommen Sie mit Tempo 30 gerade noch vor dem Kind zum Stehen. Bei Tempo 50 beträgt allein der Reaktionsweg 13,9 Meter, ehe Sie überhaupt mit dem Bremsen beginnen.“

Durchgangsstraßen sind ausgenommen

Die FDP enthielt sich. „Es reicht nicht, nur Schilder aufzustellen“, meinte Fraktionsvorsitzender Benjamin Pizarro. Intelligentere Konzepte müssten her, wie eine Entschleunigung durch geschicktes Anordnen von Parkplätzen und Bäumen, oder Bodenschwellen. Dagegen stimmte die FW/UWG. „Wir sind gegen eine Überregulierung“, erklärten Markus Philipp und Markus Theis dem Neuen Landboten. Es gebe Straßen, in denen es keinen Sinn mache, weil man sowieso nicht schneller fahren könne.

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In den Stadtteilen ist Tempo 30 längst realisiert, wie hier in Schwalheim.

Mehrheitlich wurde das flächenhafte Tempo 30 beschlossen, Ausnahme sind die Durchgangsstraßen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Claudia Kutschker ist zufrieden: „Wir erhöhen damit nicht nur die Verkehrssicherheit für die Kinder, indirekt steigern wir auch die Umweltqualität unserer Kurstadt und ganz allgemein die Wohnqualität.“ Für das Qualitätssiegel der Kurstadt werde eine hohe Luftsauberkeit dringend benötigt.

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