STEFFEN MENSCHING

Autor zwischen Ernst und Humor

von Jörg-Peter Schmidt

Die düstere Zukunftsaussicht, die der Autor Steffen Mensching in seinem Roman „Hausers Ausflug“ beschreibt, lässt einen frösteln: Abgeschobene Flüchtlinge werden in einer Box untergebracht und aus dem Flugzeug ferngesteuert per Fallschirm in ihrem Behälter im Heimatland abgeworfen. Der gebürtige Ost-Berliner des Jahrgangs 1958 las  kürzlich in Gießen aus seinem Buch.

Willkür gegen abgelehnte Asylbewerber

Steffen Mensching beim Signieren seines Romans „Hausers Ausflug“.  (Fotos: Jörg-Peter Schmidt)

Mensching, der Intendant am traditionsreichen Theater in Rudolstadt ist, stellte die im Wallstein-Verlag erschienene Fiktion über das Jahr 2029 im Gießener KiZ (Kultur im Zentrum) vor; Veranstalter der von Sabine Heymann moderierten Lesung war das Literarische Zentrum Gießen (LZG). Der Schriftsteller beschreibt die fiktive grotesk-fürchterliche  Entwicklung eines sogenannten Unternehmens „Airdrop“, die an Menschenverachtung kaum zu überbieten ist.

Die Erfinder der Boxen für die abgelehnten  Asylbewerber geben ihrer Konstruktion auch noch einen „humanen“ Touch, indem sie mit allerlei technischen Raffinessen  dafür sorgen, dass den Insassen der Behälter während des unfreiwilligen Flugs und dem Transport auf die Erde keine seelischen oder  körperlichen Verletzungen zugefügt werden (man spekuliert als Leser: Sonst müsste das Unternehmen ja möglichweise noch für Schäden  finanziell aufkommen).

Wer entführte den „Airdrop“-Chef?

In einer solchen Box im Flugzeug befindet sich bereits zu Beginn des Romans David Hauser (Chef von „Airdrop“), ohne zu wissen, wie er  in diese Situation hineingeraten ist. Er wird in seiner Kiste auch abgeworfen und landet irgendwo in einer Wüsten-Landschaft. Er wird in Gefangenschaft genommen. Die Leserinnen und Leser verfolgen nun gespannt, wie der entführte Unternehmer verzweifelt versucht zu erfahren, wer ihn in die Box gesetzt hat (war er betäubt worden?). Und wer ist sein Bewacher in der Wüste?  Das verriet der Autor im KiZ nicht. Die Spannung soll erhalten bleiben.

Warum Fiktion nicht so unrealistisch scheint

Im Gespräch mit der Moderatorin und dem Publikum unterstrich der Schriftsteller, dass die Idee dieser  Boxen für Asylbewerber zwar eine überzeichnete  Beschreibung der näheren Zukunft ist. Aber so weit entfernt von aktuellem grauenhaftem Geschehen auf der Erde sei die im Buch beschriebene Idee der „Rückführungs-Boxen“ gar nicht, wenn man sich vor Augen hält, was so vielen Bootsflüchtlingen angetan wird. Um nur dieses Beispiel krimineller Entwicklungen in  verschiedenen Ländern zu nennen, in denen Diktaturen mit wahnwitzigen Herrschern, Kriege, Verfolgungen und Ermordungen Unschuldiger geschehen.

Intendant in der „Nachfolge“ Goethes

Der mit Auszeichnungen (darunter dem Erich-Fried-Preis) bedachte Steffen Mensching wurde mit langem Applaus verabschiedet, zumal er sich als interessanter, sympathischer Gesprächspartner erwies. Er schilderte Hintergründe zu seinen bisher erschienenen Romanen, darunter „Schermanns Augen“ (2018; das Buch spielt in Wien in den 1920er Jahren) und berichtete auch über seinen Werdegang in der DDR. Dort veröffentlichte er erste Gedichte; kabarettistisch eckte er dort an. Zu seiner heutigen Aufgabe als Leiter des Theaters in Rudolfstadt  in Thüringen meinte er gegenüber dem Gießener Publikum spitzbübisch, er agiere ja quasi als Nachfolger Goethes: Der Schöpfer des „Werther“ gastierte mit seinem Weimarer Theaterteam in Rudolfstadt. Kein Wunder, dass Mensching dort schon so lange gern Intendant ist.  Seit 2008.

Der Roman „Hausers Ausfliug“ ist im Wallstein-Verlag erschienen, hat 249 Seiten und kostet 22  Euro.

Titelbild: Der Autor sprach mit Moderatorin Sabine Heymann über ernste Themen, zeigte sich aber auch von seiner humorvollen Seite.

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