Schuldenbremse

Für Investitionen lockern

Von Dietrich Jörn Weder

Deutschland leidet unter einer anhaltenden Investitionsschwäche, die mittlerweile auch die Konjunktur lahmen lässt. Die Ausgaben für Infrastruktur wie die Eisenbahn, für die Bildung und die Verteidigung sind im internationalen Vergleich so gering, dass in diesen Bereichen offenkundige Mängel zu beklagen sind. Die 2009 eingeführte Schuldenbremse hindert die öffentliche Hand aber daran, diesem Mangel durch Aufnahme von Krediten abzuhelfen.

Stunde der Kanzlerdämmerung nutzen!

So werden immer mehr Stimmen laut, die Schuldenbremse möglichst sofort auszusetzen und sie nach Neuwahlen grundsätzlich zu reformieren. Nach zahlreichen namhaften Ökonomen und Industrievertretern hat sich jetzt auch der Präsident der Deutschen Bundesbank, Joachim Nagel, für eine Lockerung der Schuldenfessel ausgesprochen.

Weil sich die FDP einem solchen Verlangen von Rot und Grün kategorisch verweigerte, ist die Ampel-Koalition gerade auseinandergebrochen. Oppositionsführer Friedrich Merz hat zu erkennen gegeben, dass er einer finanziellen Entfesselung des Gesetzgebers nicht abgeneigt ist. Aber er macht wahrscheinlich einen kapitalen Fehler, wenn er die Stunde der Kanzlerdämmerung nicht nutzt, um in dieser Sache Nägel mit Köpfen zu machen.

Trump macht alles nicht leichter

Auch einem Kanzler Friedrich Merz wird es an Geld für die nötigen Investitionen fehlen. Auch er müsste die lahmende Konjunktur wieder in Schwung bringen helfen, umso mehr als der kommende US-Präsident Deutschland keine Freude machen wird. Die Bundesrepublik und zugleich die Ukraine militärisch zu stärken, kostet sehr viel Geld. Den Klimaschutz schleifen zu lassen, wird sich auch eine Unionsregierung nicht leisten wollen.

Zwei-Drittel-Mehrheit ungewiss

Ob Merz nach Neuwahlen die nötige Zwei-Drittelmehrheit für veränderte Schuldenregeln zusammenbringt, steht aber in den Sternen. Es spricht deshalb viel dafür, dass die Union noch vor der Auflösung des Parlaments zusammen mit Rot und Grün für die Einrichtung von Sondervermögen stimmt, etwa für die lange vernachlässigte Verteidigung oder die zum Teil marode Infrastruktur. Sie würde sich damit heute schon das erhoffte spätere Regieren erleichtern.

Überschuldung nicht in Sicht.

Die Kredite, die man für all das aufnehmen müsste, würden Deutschland keineswegs überschulden oder auch nur die erstklassige Bonität des Landes gefährden. Von einer 113-prozentigen Verschuldung gemessen am Sozialprodukt, derentwegen gerade die Regierung in Frankreich stürzte, sind wir Welten entfernt.

Man sollte freilich dafür sorgen, dass das zusätzliche Geld nicht für neue soziale Wohltaten oder höhere Gehälter der Staatsdiener hingeht. Der Bundesbankpräsident meint, dass sich das durch entsprechende Klauseln vermeiden lässt.

Die Meinungen, wie weit und für welche Zwecke man die Schuldenfessel lockern sollte, gehen weit auseinander. Die Diskussion über Details kann man vorerst Juristen und Ökonomen überlassen. Wichtig ist nur, dass der Staat Investitionen, wie es auch die Unternehmen tun, mit Krediten finanzieren kann.

Bleibt alles, wie es ist, kann es passieren, dass wir die Ukraine preisgeben oder dem Klimaschutz ade sagen, nur um die Schuldenbremse zu retten.

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten

Titelbild: Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler Deutschland. Bildquelle: Wikipedia/Von Sebastian Panknin – Kollegen-Foto, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=145552790)

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