Querstellen-Friedberg

Mahnwache gegen Atomkraft

Mit einer Mahnwache protestierte das Anti-Atom-Bündnis Querstellen-Friedberg am Samstag, 10. Dezember 2022 in Friedberg gegen die Laufzeitverlängerung für die drei noch verbliebenen AKW Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 um dreieinhalb Monate.

Querstellen-Friedberg war vor 12 Jahren gegründet worden, um gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu protestieren, die von der damals schwarz-gelben Bundesregierung beschlossen worden war. An Silvester 2022 sollte nach dem Atomausstiegsbeschluss von 2011 endgültig Schluss mit der Atomkraft in Deutschland sein. Jetzt wurde erneut die Laufzeit für die drei noch verbliebenen AKW Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 um dreieinhalb Monate verlängert. Die erneute Laufzeitverlängerung lehnt Querstellen Friedberg ab.

Atomkraft löst Energiekrise nicht

Hans-Dieter Wagner von Querstellen-Friedberg sagte während der Mahnwache: „Zur Lösung der Energiekrise können die drei AKW kaum etwas beitragen, denn es fehlt in Deutschland an Gas und nicht an Strom. Die AKW liefern nur noch 5 bis 6 Prozent Strom und haben einen Anteil von rund 1 Prozent am Gesamtenergieverbrauch. Vielleicht lassen sich mit ihnen 0,5 Prozent Gas einsparen. Viel zu wenig, um in der Energiekrise helfen zu können. Auch auf den Strompreis haben sie kaum Einfluss, da sich dieser aufgrund des ‚Merit-Order-Systems‘ nach dem teuren Gaspreis richtet.“

Wagner betonte, dass der zweite, verschärfte ‚Stresstest‘ gezeigt habe, dass die Stromversorgung in Deutschland gesichert sei. Die Bundesnetzagentur betone immer wieder aufs Neue, dass selbst unter ungünstigen Bedingungen in Deutschland keinesfalls die Gefahr eins ‚Blackouts‘ bestehe.

Atomkraft ist risikoreich

„Die Laufzeitverlängerung bringt also wenig Nutzen, aber hohe Risiken“, sagte Erika Scheller-Wagner. An den Gründen für den Atomausstiegsbeschluss von 2011 habe sich nichts geändert. Im Gegenteil, bei den 34 Jahre alten Reaktoren seien die Risiken sogar deutlich gestiegen. Die alle 10 Jahre notwendige Sicherheitsüberprüfungen, die letzte 2009, seien 2019 ausgesetzt worden, weil die AKW Ende 2022 abgeschaltet werden sollten. Auch Reparaturen seien begrenzt worden. Im AKW Neckarwestheim seien mehr als 300 Spannungsrisse in den dünnen Röhrchen des Dampferzeugers festgestellt worden. In diesen Röhrchen mit einer Wandstärke von einem Millimeter treffe der radioaktive Primärkreislauf auf den Sekundärkreislauf. Diese Risse haben laut Scheller-Wagner die Tendenz, sich unter der ständigen, extremen Belastung zu vergrößern. Auch in Emsland gebe es sie. In Bayern habe man sie lieber erst gar nicht untersucht. Diese AKW noch länger laufen zu lassen „ist extrem fahrlässig und auch juristisch fragwürdig“, sagte Scheller-Wagner.

Sorge bereitet den Atomkraftgegnern auch, dass der Atomausstieg von den Atombefürwortern in den bevorstehenden vier Monaten weiter in Frage gestellt und der gesellschaftliche Großkonflikt um die Atomkraft erneut angeheizt werde. FDP, CDU, CSU und AfD forderten schon jetzt den Weiterbetrieb der AKW über April hinaus und eine Renaissance der Atomkraft. Auf der Mahnwache wurde dagegen laut gefordert: „Basta! Schluss jetzt! Es darf keinen Wiedereinstieg geben!“

Bund will gegen Atomkraft klagen

Werner Neumann vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sprach in seinem Gastvortrag über gravierende Versäumnisse bei der Energiewende. Deutliche Kritik äußerte er an der FDP, die noch vor einiger Zeit verkündet habe, erneuerbare Energien seien ‚Freiheitsenergien‘. In der Realität arbeite sie aber am genauen Gegenteil. Ganz besonders prangerte er die unzureichenden Maßnahmen im Verkehrssektor an, wo die Einsparungsziele eklatant verfehlt würden. Verkehrsminister Wissing plane den weiteren Ausbau von Straßen, unter anderem den 8-spurigen Ausbau der A 3. „Dagegen werden wir unseren Widerstand organisieren. Die Mobilitätspolitik der Bundesregierung ist völlig ungenügend“, sagte Neumann.

Bezüglich der Atomkraft baut Neumann auf das am 14. Dezember erwartete Urteil über die Klage gegen den Weiterbetrieb von Neckarwestheim. Möglicherweise werde das AKW doch noch per Gerichtsbeschluss zum Jahresende abgeschaltet. „Auf gar keinen Fall darf ein Weiterbetrieb der AKW über April hinaus stattfinden“, so Neumann. Der Bund habe bereits beschlossen, in diesem Fall eine Stilllegungsklage, exemplarisch für das AKW Emsland, einzureichen und bereitet sich auch auf eine Verfassungsklage gegen den Wiedereinstieg vor. Am 15. April soll an den noch verbliebenen Atomkraft-Standorten groß das Ende der Atomkraft gefeiert werden. „Aus, aus, endgültig aus für Atomkraft in Deutschland!“ ruft er abschließend den Versammelten unter Applaus zu.

Windpark Winterstein muss her

„Atomkraft muss weg und erneuerbare Energien müssen her“, begann Diethardt Stamm vom ‚Bündnis Windpark Winterstein‘ seinen Redebeitrag. Besonders gelte das natürlich für die Windkraft. Aber dort hake es erheblich beim Ausbau. Gerade habe die letzte Firma in Norddeutschland ihre Produktion von Windradflügeln eingestellt, weil zu wenige Windräder gebaut werden. Hunderttausend Arbeitsplätze seien durch den stockenden Ausbau bedroht. In Hessen seien in diesem Jahr gerade einmal acht Windräder gebaut worden, berichtete Stamm. Das sei „eine Katastrophe“. In den vier Kommunen um den Winterstein gehe es aber einen Schritt voran. Zwischen dem regionalen Energieversorger Ovag und den Kommunen zeichne sich ein Abkommen ab. Zwischen 12 und 18 Windenergieanlagen neuester Bauart wolle die Ovag auf dem Winterstein errichten und die Kommunen und Bürger einbinden. Das Bündnis Windpark Winterstein begrüßt diese Entwicklung. Aber es sei erst ein Schritt. Auch Land und Bund müssten sich mit ihren Flächen beteiligen. Stamm kritisierte die hessische Landesregierung und den ihr unterstellten Hessenforst. Beim Hessenforst spielten die Einnahmen durch die Windenergie eine noch zu große und die Bürger eine viel zu geringe Rolle. Stamm fordert für den Winterstein ein ‚Modellprojekt‘, in dem Bürger und Bürgerenergiegenossenschaften die Hauptrolle spielen. Auch die Verfahrensdauer bei der Realisierung eines Windparks müsse deutlich verringert werden. Statt sechs Jahre sollte es höchstens drei dauern, bis ein Windpark steht. Stamm schloss optimistisch mit dem Satz „Wir schaffen das!“

Titelbild: Werner Neumann (rechts) sprichtt während der Manwache von Querstellen-Friedbert. (Fotro: Querstellen-Friedberg)

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