„Querdenker“

Starker Gegenwind in Gießen

von Jörg-Peter Schmidt

Viele Initiativen bundesweit bilden eine Gegenbewegung zu den sogenannten „Spaziergängen“ von „Querdenkern“. Gegenwind dazu kommt auch von den „Omas gegen Rechts “, die am Samstag, 19. Februar 2022 in Gießen präsent sein werden, wenn in der oberhessischen Universitätsstadt drei Demonstrationen mit verschiedenen Zielrichtungen stattfinden. Bis zu 3000 Teilnehmer und vielleicht noch mehr werden erwartet.

„Spaziergänger“ aus mehreren Regionen, die verschiedene Corona-Vorbeugungsmaßnahmen ablehnen, haben zu einem „Schweigemarsch“ aufgerufen (Beginn 12.30 auf dem Messeplatz, Ringallee).

An diesem Tag Gedenken an Hanau-Opfer

Dass diese  Demonstration auch noch ausgerechnet am zweiten Jahrestag  des Anschlags in Hanau, der ein rechtsextremer Gewaltakt war, über die Bühne geht, wird vielerorts heftig kritisiert, beispielsweise von DGB-Gruppen.

Aus Anlass dieses traurigen „Jubiläums“  trifft sich am 19. Februar in Gießen das Bündnis „Hanaugedenken“, dem unter anderem DGB-Gruppen, Mitglieder politischer Parteien und Flüchtlingsinitiativen angehören.  Start zur Kundgebung ist um 15 Uhr auf dem Berliner Platz, Abschluss ist vor dem Rathaus  (Berliner Platz).  Auch Gießens Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher wird der Opfer des Anschlags gedenken,  bei dem am 19. Februar 2020  neun Menschen mit Migrationshintergrund  von einem 43-jährigen Hanauer erschossen wurden,  der sich und seine  Mutter nach der Tat tötete.  Der Schmerz über den feigen Hanau-Anschlag wird nie abklingen.

„Omas gegen Rechts“ Mitinitiatorinnen

Die „Omas gegen Rechts Gießen“  treffen sich, wie sie dem „Landboten“ mitteilen, am 19. Februar  auf dem Berliner Platz zum Mahngang und zur Kundgebung. Ihre Demonstration geht einher mit der Initiative „Gießen  bleibt bunt“, deren Kundgebung um 13 Uhr auf dem  Berliner Platz als Gegenveranstaltung zu den „Querdenkern“ zu verstehen ist.  Die „Omas“ schreiben im Vorfeld  der Kundgebung:

„Seit Januar sind wir auf der Straße, um den sogenannten Spaziergängern zu zeigen, dass sie nicht die Mehrheit der Bevölkerung vertreten. Ein Bündnis aus ‚Omas gegen ‚Rechts’, evangelischer Kirche, DGB, verschiedenen Parteien, Ausländerbeiräten und AStA haben sich im ‚Bündnis ‚Gießen bleibt bunt‘ zusammengeschlossen, um den Protest zu koordinieren. Hinzugekommen sind aber auch viele couragierte Bürgerinnen und Bürger, die keiner der genannten Gruppen angehören – und es werden immer mehr. Für den 19. Februar 2022 haben die Spaziergänger einen großen Umzug mit 2000 Personen unter dem Motto ‚Gemeinsam stark für unsere Kinder’ angemeldet. Was aus Kinderschutzgründen davon zu halten ist, hat der Vorsitzende des Kinderschutzbundes in einer Pressemitteilung sehr deutlich gemacht – und muss hier nicht wiederholt werden. Kinder zu instrumentalisieren, ist ein Unding. Wir stellen immer wieder fest, dass noch nicht bei allen angekommen ist, wer hinter der Spaziergängerbewegung organisatorisch steckt, rechte Gruppierungen und Parteien, die diese Bewegung mit dem Ziel, Misstrauen gegen den Staat und Demokratiefeindlichkeit zu verbreiten, nutzen. Wir wissen, dass es nicht nur Impfskepsis ist, die diese Bewegung ausmacht. Aber gerade deshalb muss sich jede*r darüber im Klaren sein, in welche Gesellschaft man sich dabei begibt, wem man hinterherläuft.“ 

Ein Ort  des Gedenkens an den Anschlag in Hanau wird am 19. Februar  der Berliner Platz in Gießen sein.
„Impfen von Erwachsenen schützt auch Kinder“

‚Die „Omas gegen Rechts“ weiter: „Gerade bei dieser Demonstration besteht die Gefahr, dass viele auf das Motto ‚Gemeinsam stark für unsere Kinder’ hereinfallen und damit gemeinsame Sache mit rechten Gruppierungen machen…  Kinder schützen wir, indem wir die Erwachsenen aufrufen, sich impfen zu lassen.“

Immense Straßenverkehrs-Behinderungen bis 18 Uhr

Was die Straßenverkehrs-Behinderungen betrifft, gibt es eine Pressemitteilung der Stadt Gießen. Daraus geht hervor: Es kommt aufgrund der  Versammlungen in der Zeit von 12 bis 18  Uhr zu Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs in der Gießener Innenstadt.
Einschränkungen erfolgen auf dem Messeplatz an der Ringallee sowie in der Innenstadt einschließlich des Anlagenrings. Der Messeplatz ist an diesem Tag für den Verkehr vollständig gesperrt. Betroffen sind vor allem die beiden inneren Spuren, also beide der Innenstadt zugewandten Fahrspuren des Anlagenrings. Die beiden äußeren Spuren des Anlagenrings werden voraussichtlich weitestgehend befahrbar bleiben. Allerdings ist auch hier mit kurzzeitigen Sperrungen zu rechnen. .

Bei den Veranstaltungen, so die Pressestelle der  Stadt Gießen, handelt es sich um Treffen nach dem Versammlungsgesetz, zu denen entsprechende Auflagenverfügungen erlassen worden sind. U. a. besteht bei der Durchführung der Versammlungen eine entsprechende Tragepflicht einer Mund-Nasen-Bedeckung, die Verpflichtung zur Einhaltung des Mindestabstands und die Einhaltung von Lärmgrenzwerten.

Mit Verkehrsbehinderungen muss gerechnet werden. Auch die Parkhäuser entlang des Gießemer Anlagenrings werden von den immensen Verkehrsbehinderungen betroffen sein.

Kommentar

von Jörg-Peter Schmidt

Es kann auch journalistisch zu folgender Situation nur Distanz geben: Am zweiten Jahrestag des tödlichen Anschlags  gegen Menschen mit Migrationshintergrund in Hanau veranstalten sogenannte „Querdenker“  Massendemonstrationen – auch  im von Hanau nicht  mal so weit entfernten Gießen. Das ist geschmacklos und pietätlos – dafür gibt es keine billige Rechtfertigung nach dem Motto: Das eine hat mit dem anderen ja nichts zu tun.

Und es ist die sprichwörtliche Ohrfeige gegenüber den Angehörigen, die in Hanau ihre Lieben verloren haben. Das Mitgefühl gegenüber den Angehörigen  sollte (wie an jedem Tag) am 19. Februar im Mittelpunkt stehen. Es ist eine Schande von „Querdenkern“, in die sich auch schon mal rechte Gruppen einklinken,  dieses Mitgefühl zu missachten. Dafür  ist keine Entschuldigung zu akzeptieren.     

Titelbild: Die „Omas gegen Rechts Gießen“ sind Mitinitiatorinnen des Widerstands gegen „Querdenker“.  (Archivfotos: Jörg-Peter Schmidt)

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