Gedenken zum 100. Geburtstag
An eine bedeutende Persönlichkeit wird erinnert: Anlässlich des 100. Geburtstages des am 19.12.2011 verstorbenen Gießener Ehrenbürgers Horst-Eberhard Richter lädt der Magistrat der Universitätsstadt Gießen die Bevölkerung zu einer Gedenkstunde ein. Sie findet Freitag, 28. April, 17 Uhr, im Hermann-Levi-Saal des Rathauses, Berliner Platz 1, in Gießen statt.
Wirken des Psychoanalytikers wird gewürdigt
Das Wirken von Horst-Eberhard Richter würdigen Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher und der Dekan des Fachbereichs Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen, Prof. Dr. med. Wolfgang Weidner, wie die Presseabteilung der Stadt Gießen ankündigt. Theo Strippel aus der Gießener Wohnsiedlung Eulenkopf schildert seine persönlichen Erinnerungen an Horst-Eberhard Richter. Zudem hält der Gründer und Verleger des Psychosozial-Verlages, Prof. Dr. Hans-Jürgen Wirth, einen Vortrag mit dem Thema „Horst-Eberhard Richter: Sein Wirken und seine Spuren in Gießen“. Die Gedenkstunde wird vom Justus-Trio musikalisch umrahmt. Vor Beginn der Gedenkstunde zeigt die Dokumentarfotografin und Enkelin von Horst-Eberhard Richter, Merle Forchmann, Fotos aus ihrem Fotoprojekt „Eulenkopf“.
Großes Engagement für den Frieden
Der Magistrat erinnert mit dieser Gedenkstunde an die herausragenden Leistungen des Gießener Psychoanalytikers und Streiters für Gerechtigkeit und Frieden. „Horst-Eberhard Richter war ein über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannter und geachteter Wissenschaftler und Humanist. Die nachhaltigen Spuren, die er in und für Gießen gesetzt hat, sind sein Vermächtnis an unsere Stadt. Er war und bleibt für Gießen ein Botschafter für Frieden, Menschlichkeit, Demokratie und Solidarität“, so Oberbürgermeister Becher.
Auch als Buchautor hoch anerkannt
Professor Richter, geboren am 28.4.1923 in Berlin, war ein international bekannter und anerkannter Wissenschaftler und Buchautor. Er starb am 19. Dezember 2011 im Alter von 88 Jahren.
Er baute an der Justus-Liebig-Universität Gießen ein beispielhaftes fächerübergreifendes Zentrum für Psychosomatik auf und leitete es 30 Jahre lang als Geschäftsführender Direktor. Gießen wurde durch ihn zum weltweit anerkannten Zentrum einer sozial und politisch engagierten, die gesellschaftlichen Umstände und Entstehungszusammenhänge von psychischen Erkrankungen in den Blick nehmenden und behandelnden Psychoanalyse und Psychotherapie. Von 1992 bis 2002 leitete er – nach seiner Emeritierung – das Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt. Die Stadt Frankfurt am Main hat seine Verdienste mit der Verleihung der Goethe-Plakette gewürdigt.
Erfolgreiches Projekt „Eulenkopf“
1985 wurde der überzeugte Pazifist und beharrliche Kämpfer für Frieden und Verständigung gemeinsam mit der von ihm mit gegründeten Organisation Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Darüber hinaus war Richter Träger des Theodor-Heuss-Preises (1980) und des Ehrenpreises der Fairness-Stiftung (2001).
In der Stadt Gießen ist Richter u.a. besonders durch sein gesellschaftspolitisches Engagement im einstigen sozialen Brennpunkt „Eulenkopf“ bekannt. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen und mit Studierenden des Instituts für Psychosomatik leistete er hier gesellschaftspolitische Pionierarbeit, als er sich über zehn Jahre lang mit seiner Initiativgruppe um die Verbesserung der Lebensverhältnisse der gesellschaftlichen Randgruppen kümmerte und sich dafür einsetzte, den „halbvergessenen Eulenkopf endlich in einen menschenwürdigen Ort zu verwandeln…“ (in: ,,Wanderer zwischen den Fronten“, Prof Richter). Er legte damit einen Grundstein für die bis heute tragende sozialpolitische Gemeinwesenarbeit in den sozialen Brennpunkten in Gießen, die in die umfassende bauliche und soziale Sanierung mündete. Unter anderem aufgrund der Entwicklung dieses neuen Ansatzes der Gemeinwesenarbeit, der Gießen bundesweit bekannt machte, ist Richter 2007 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt worden. Eine Büste auf dem Gelände des Brandplatzes erinnert an ihn.
Zu seinem 80.Geburtstag schrieb der damalige Bundespräsident Johannes Rau in seinem Glückwunschschreiben u.a. von Richter als „den Analytiker und Therapeuten unseres ganzen Landes“ und bescheinigte seinem Denken „über die Grenzen Ihres Faches hinaus eine fast beispiellose politische Beachtung und Wirksamkeit“. (Foto: Wikipedia, Reichfürst)