Pflege

Die Geschichte von Rudi Greulich

Von Myriam Lenz

Zehn Minuten sind zu wenig für eine ausführliche Beratung von Klienten über die Möglichkeiten der Hilfe aus der Pflegekasse, meint Monika Bischoff, die den ambulanten Pflegedienst des DRK Kreisverbands Büdingen leitet. Rudi Greulich (Foto), ein Koch, der nach Herzinfarkt und Schlaganfall halbseitig gelähmt ist, erzählt seine Geschichte.

Zeit für die Patienten

Monika Bischoff (Fotos: Lenz)

„Die Angehörigen und auch die Pflegenden müssen ordentlich über ihre Möglichkeiten aus der Pflegekasse beraten werden“, sagt Monika Bischoff. Die 51-Jährige ist eine freundliche Natur. Wenn es um die Bedürfnisse und Rechte der Patienten geht, braucht ihr niemand etwas zu erzählen. Fachlichkeit und Herz prägen ihre Arbeit.

Die Pflegedienstleiterin fährt selbst zu Hausbesuchen, ist ganz nah bei ihren Patienten. Deshalb nimmt sie sich auch die Zeit, um mit einem Info-Heft des Bundesministeriums den Leuten detailliert Pflegeleistungen zu erklären und auf Zusatzmöglichkeiten hinzuweisen. Zehn Minuten sind eigentlich für die Beratung kalkuliert. „Möchte man ausführlich beraten, reichen diese jedoch bei weitem nicht aus“, erzählt sie.

Seit Anfang Juni betreuen sie und ihr Team Rudi Greulich. Er ist Jahrgang 1961. Er sitzt mit den beiden Damen vom DRK am Tisch und erzählt seine Geschichte.

Am 8. Dezember 2015 um 13:15 Uhr passiert es. Damals hilft der gelernte Koch bei der Tafel e.V. aus. Plötzlich fällt er um. Diagnose: Herzinfarkt, halbseitige Lähmung, drei Monate Krankenhaus. Währenddessen erleidet er zusätzlich einen Schlaganfall. Rudi Greulich ist heute auf den Rollstuhl angewiesen. Zuhause zu wohnen – er hat eine Wohnung im zweiten Stock ohne Aufzug – geht nicht mehr. Er bekommt eine gerichtliche Betreuerin und zieht in ein Pflegeheim. Die Mitbewohner sind im Schnitt 30 Jahre älter als er. Nur mit einer 100-Jährigen versteht er sich prima. Sie hat denselben Humor wie er. Sie witzeln, dass sie eines Tages auf dem Rollstuhl durch die Stadt brausen. Es sind Lichtblicke in einem stark gewandelten Alltag.

Rudi Greulich hat mit seiner neuen Wohnung und dem DRK Pflegedienst ein Stück Freiheit gewonnen.

Auf ambulanten Dienst angewiesen

Nach einem halben Jahr ist er heilfroh, dass er eine kleine ebenerdige Wohnung in der Vorstadt findet. Dort muss einiges organisiert werden. Mietvertrag, Krankenkasse, Pflegedienst, Hilfsmittelanfrage und vieles mehr. In seiner neuen Wohnung ist er auf den ambulanten Dienst angewiesen. Die Freunde von früher bleiben weg. „Zum Glück war ich solo“, sagt er und lacht dabei.

„Der Rudi Greulich ist ein Steh-Auf-Männchen“, erkennt Monika Bischoff an. Es sei erstaunlich, was er noch alles schaffe. Anfang Juni hatte Rudi Greulich den ambulanten Pflegedienst gewechselt und wird nun zweimal am Tag von den Angestellten des Roten Kreuz betreut. „Das ist ein himmelweiter Unterschied“, sagt er. Alle seien sehr nett. Sie sind seine ersten Ansprechpartnerinnen und lassen ihn auch mal die Krankheit vergessen.

Die Leistungen, die er braucht, werden individuell abgestimmt. Mit dem neuen Pflegegesetz kann man nach Ansicht von Monika Bischoff nach ganz gut arbeiten.

Kreis gewährt Hilfe zur Pflege

Wie wichtig die Beratung der Patienten ist, erklärt Monika Bischoff an einem Beispiel. Verfügt ein Patient nur über eine geringe Rente von 350 Euro, ist jede private Zuzahlung zum Pflegegeld, auch wenn es nur 50 Euro sind, schmerzhaft. Eine „Hilfe zur Pflege“ kann man jedoch beim Kreis beantragen. Hat der Dienstleister keinen Vertrag mit dem Kreis oder wird der Kunde nicht über die Möglichkeit dieser Sozialleistung informiert, bleibt er auf den Kosten sitzen. „Das ärgert mich“, kommentiert Monika Bischoff. Vielen Patienten sei es auch unangenehm zum Sozialamt zu gehen. Greulich hat eine kleine Rente, mit der er, wie er sagt, auskommt. Wird es eng, geht er jede 14 Tage zur Tafel, um sich Lebensmittel zu holen. Heute ist er der Hilfsbedürftige. Doch er kommt damit zurecht.

Die eigene Wohnung bedeutet Rudi Greulich viel. „Jetzt brauche ich keine Rücksicht mehr nehmen und kann mit dem Rollstuhl durch die Stadt fahren.“ Trotz seiner misslichen Lage hat sein Alltag eine positive Wendung genommen.

Monika Bischoff schaut auf die Uhr. Die 20 Minuten sind längst rum. Es sind diese Momente, in denen sie froh ist, dass das Symbol des Roten Kreuzes auf ihrem Firmenfahrzeug deutlich zu sehen ist. An manchen Kreuzungen überlassen ihr einige Autofahrer automatisch die Vorfahrt. Da freut sie sich. Es ist ja kein richtiger Notfall. Aber mit dieser kleinen Geste schenken die Verkehrsteilnehmer ihr und ihren Patienten ein paar Momente mehr.

DRK Kreisverband Büdingen

Der DRK Kreisverband Büdingen ist im Altkreis Büdingen und in Schotten für den Rettungsdienst zuständig. Zu den wichtigsten Leistungen gehören zudem der Katastrophenschutz, der Sanitätsdienst, das „Essen auf Rädern“, die ambulante Pflege, die stationäre Pflege und die Tagespflege. Das DRK Büdingen wurde 1865 als einer der ersten Vereine in Deutschland gegründet. Heute sind 202 Personen beim Kreisverband beschäftigt.

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