Erinnerung an das Elend des Krieges
Welches Leid der von Nazi-Deutschland entfachte Zweite Weltkrieg über die Menschen gebracht hat, daran wurde während des Friedenskulturtages in Oberursel erinnert. Anlass war der des 80. Jahrestag des Kriegsendes.Zeitzeugen berichten
Die Oberurseler Zeitzeugen Gerda Hoffmann (97 Jahre) und Helmut Lind (90 Jahre) schilderten, wie sie als Jugendliche das Kriegsende erlebt haben. Gerda Hoffmann: „ Ich verbrachte viele Tage und Nächte im Keller unseres Bornheimer Hauses. Als immer mehr von Frankfurt von Bomben zerstört war, fuhr ich mit meiner Mutter und dem Fahrrad zu Verwandten in den Spessart. Nach ein paar Tagen kehrten wir in das von den Amerikaner befreite, aber zerstörte Frankfurt zurück. Nach Oberursel kam ich 1947, da mich bereits 1945 Willi Richter der damalige FDGB Vorsitzende von Frankfurt und Hessen und spätere DGB Bundesvorsitzende als Mitarbeiterin eingestellt hat und mich kurz darauf mit der Buchhaltung in der Oberurseler Landes- Gewerkschaftsschule ( späteren DGB Bundesjugendschule Oberursel) beauftragte.“ Gerda Hoffmann ist im Juni 1945 Gewerkschaftsmitglied geworden und in diesem Jahr für 80 Jahre Mitgliedschaft geehrt worden. Sie ist wahrscheinlich das älteste noch lebende Gewerkschaftsmitglied in Deutschland.
Helmut Lind: „ Ich wohnte hier unten am Orscheler Bahnhof zwischen den Gleisen. Jedes mal wenn die Bomber kamen hoffte ich, dass sie nicht auf die Schienen zielten. Nach ein paar Tagen hörte ich lautes Motorengeräusch und die ersten Panzer der Amerikaner rollten auf Oberursel zu. Es begann eine Zeit in der alles fehlte. Obwohl ich 10 Jahre alt war, Schule gab’s erst mal nicht und später, die Lehrer na ja…“ Helmut Lind engagierte sich später in Oberursel in der Europa Union für ein Europa der Verständigung und des Friedens.
Die Legende vom toten Soldaten
Zu Beginn des Friedenskulturtages, der zum Programm des Orscheler Sommer im Park der Adenauerallee gehörte, betone die Oberurseler Bürgermeisterin Antje Runge in ihrer Begrüßungsrede, wie wichtig es sei aktiv auch in Oberursel für Frieden,gegen Hass und Gewalt einzutreten. Sie lobte die vielfältigen Organisationen die sich im Bündnis für Demokratie – zu denen auch das Oberurseler Friedensbündnis gehört – zusammen geschlossen haben, um rechter Hetze und Gewalt die Stirn zu bieten. Das Friedensbündnis hatte den Friedenskulturtag organisiert.
Im Container des Arolsen Archives „StolenMemory“ konnten sich die Besucher der Veranstaltung ein Bild vom Leiden der Millionen KZ-Häftlinge machen. An Schautafeln mit Dokumenten des Oberurseler Stadtarchivs war zu lesen, wie die Oberurseler Bevölkerung die letzten Tage des Krieges mit dem Einmarsch der Amerikaner erlebten. Die Besucher konnten dort auch eigene Erlebnisse präsentieren.
Höhepunkt des Friedenskulturtages war die Aufführung des Theaterstücks „Die Legende vom toten Soldaten“ von Bertholt Brecht. Die Besucher wurden in das Stück als Aktive mit einbezogen und spielten die Begeisterung des Volkes von 1914 nach. Unter „Hurra Rufen“ für Aufrüstung,Krieg und Vaterland begleiteten sie die Schauspieler bis zu dem Grab des toten Soldaten, wo dieser von Militärärzten ausgegraben für wehrtauglich und verwendbar für den nächsten Krieg erklärt wurde. Unter Marschmusik und einer Rede vom Kaiser für Volk und Vaterland in Begleitung von Herren im Frack ging es an eine neue Front.

Musik und Lyrik zu den Themen Krieg und Frieden kam unter anderem von Franz Gaidosch an der Gitarre und Hiroko Takahashi, die dazu ihr Gedicht “Eine Lebenswelt“ vortrug. Das Duo Tobias Wessel und Daniela Blume spielte Lieder von den Beatles bis Eric Clapton.
Titelbild: Die Zeitzeugen Gerda Hoffmann (97 Jahre) und Helmut Lind (90 Jahre) berichten. In der Mitte Moderator Harald Fiedler.