Wo Peter Kurzeck durchatmete
von Jörg-Peter Schmidt
„Frankfurt – Paris – Frankfurt“ ist der Titel des neuen Nachlass-Romans des 2013 verstorbenen Peter Kurzeck. Bereits kurz nach dem Erscheinen landete das Buch, das die Zeit um 1977 beschreibt, auf Platz 1 der SWR-Bestsellerliste.Licht an der Seine
Für die Veröffentlichung lag ein fertiges Manuskript vor, das der Schriftsteller in eine Mappe gelegt hatte.
Der Verlag Schöffling & Co. hat nun aus der Vorlage ein Buch gemacht. Wie ein roter Faden zieht sich durch die 288 Seiten die Liebe des Erzählers zu Paris. Überhaupt Frankreich. Dort konnte er durchatmen. Kurzeck lebte einige Jahre in Uzès (Südfrankreich) und hat sich dort wohl gefühlt.
Kalter Deutscher Herbst
Zurück zum neuen Nachlassband: In Paris findet Kurzeck in der schlimmen Zeit der RAF-Entführung und –Ermordung des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer und den Folgeerscheinungen etwas Geborgenheit. Schon als junger Mensch hatte der gebürtige Sudetendeutsche Peter Kurzeck, der nach der Vertreibung mit seiner Familie in Staufenberg bei Gießen aufwuchs, Paris schätzen gelernt. In den 1970er-Jahren ist er dort wieder, mit seinem Freund Jürgen und Sibylle, mit der eine Tochter (Carina) haben wird.
Der wunderbare Duft der Märkte in Paris
In „Frankfurt – Paris – Frankfurt“ beschreibt der angehende Autor, der an seinem ersten Roman arbeitet, keineswegs kitschig seine Sympathie für die französische Hauptstadt und ihre Märkte mit den wundervollen Düften von Gemüse, Käse, Gewürzen, allerlei köstlichen Speisen und einem internationalen Stimmengewirr. Überhaupt ist er beeindruckt, dass Menschen aus so vielen Nationen hier leben und ihre Kultur ausleben können. Auch Prostituierte schildert er durchaus mit Würde. Dies alles in seiner typischen Romansprache mit kurzen Sätzen und dem Auslassen von Verben, woran man sich aber gewöhnt: Es passt einfach.
Angehender Autor mit Problemen
Die Monate des „Deutschen Herbstes“ mit den RAF-Anschlägen prägt den Roman. Auch viele Menschen, die mit den Attentaten nichts zu tun hatten, wurden gefilzt. Es herrschte Nervosität. Keine gute Zeit auch für Peter Kurzeck und seine Sibylle, die in Frankfurt/Main in einer kleinen Wohnung leben und immer wieder nachrechnen müssen, ob das Geld für Miete und Essen reicht.
Die Zeit, als Kurzeck in Gießen unter anderem bei der US-Army oder in einer Buchhandlung gearbeitet hatte, ist vorbei. In Frankfurt übernimmt er lediglich Gelegenheitsjobs. Sein Entschluss, Schriftsteller zu werden, hat sich gefestigt. Noch ist er der arme Poet. Seine Schilderungen in „Frankfurt – Paris – Frankfurt“, was er täglich an Alkohol zu sich nimmt, erschrecken die Leserinnen und Leser: Weiß- und Rotwein durcheinander, zur „Abwechslung“ werden auch härtere Sachen getrunken. In späteren Jahren hat der dann preisgekrönte Autor seine Alkoholsucht überwunden.
Frankfurt und die Siebziger Jahre
Frankfurt in den siebziger Jahren wird in dem Nachlasswerk alles andere als idyllisch beschrieben. Viele Menschen leben am Rande der Existenz. Etwas Abwechslung bieten immerhin vor allem kulturelle Nischen in der Main-Metropole und die Musik, die Peter und seine Freunde auf Kassette oder Schallplatte hören: beispielsweise „American Pie“ von Don McLean. Wenn es irgendwie nur möglich ist, geht es im klapprigen Auto nach Paris, wo Jürgen wartet. So sehr Kurzeck die Stadt an der Seine mag, ihm entgeht nicht: Auch in Paris gibt es Obdachlose.
Der Autor beschreibt treffend die gesellschaftliche Ernüchterung der Siebziger Jahre nach der Zeit des Auf und –Umbruchs der Sechziger Jahre. Zwischendurch kommt im Roman die Sonne aus den Wolken und es blitzt so etwas wie Glück und Hoffnung auf. Man hätte es dem leider zu früh verstorbenen Schriftsteller gewünscht, dass er den Erfolg von „Frankfurt – Paris – Frankfurt“ noch erlebt hätte.
Der Roman „Frankfurt – Paris – Frankfurt“ ist im Verlag Schöffling & Co. erschienen und kostet 28 Euro. Auch als E-Book erhältlich. Herausgegeben von Rudi Deuble, der auch ein Nachwort geschrieben hat.
Titelbild: Paris: Peter Kurzeck hat die Stadt an der Seine sehr geschätzt. (Foto: Wikipedia, La Tour Eiffel vue de la Tour Saint-Jacques, Yann Caradec)